syrienBonn. - Nach drei Jahren der Gewalt in Syrien gehen Hilfswerke von geschätzten 140.000 Todesopfern aus. CARE hat am Dienstag einer flexiblere Finanzierung der humanitären Hilfe in der Region sowie eine schnellere Aufnahme von syrischen Flüchtlingen in Deutschland gefordert. In einem Report von World Vision beschreiben 140 syrische Kinder ihr Leben als Flüchtlinge in Libanon und Jordanien ihren Alltag, ihre Ängste und schlagen Lösungen vor.

CARE zufolge sind mindestens 2,5 Millionen Menschen aus Syrien geflohen, weitere 9,3 Millionen im Land selbst auf Hilfe angewiesen. Im Vorfeld des 15. März, an dem sich der Beginn des Konfliktes in Syrien zum dritten Mal jährt, forderte die Hilfsorganisation CARE Deutschland-Luxemburg ein Umdenken in der Art, wie humanitäre Hilfe für syrische Flüchtlinge geleistet wird.

"Nothilfe, wie wir sie gemeinhin kennen, reicht nach drei Jahren nicht mehr aus", mahnte CARE-Generalsekretär Karl-Otto Zentel. "Die Kosten der Versorgung steigen mit jedem Tag, den der Konflikt andauert. Chronische Krankheiten wie etwa Diabetes oder Asthma können nicht ausreichend behandelt werden und entwickeln sich zu medizinischen Notfällen. Die Mietkosten steigen mit jeder neu ankommenden Flüchtlingsfamilie, gleichzeitig nimmt die Verschuldung der Syrer immer mehr zu."

Die Flüchtlinge in Syriens Nachbarländern müssten zwar weiterhin mit dem Grundlegendsten wie Nahrung, Unterkünften und Medizin versorgt werden, so Zentel. Aber es seien eben auch langfristigere Hilfen notwendig, die schlichtweg mehr Geld kosten: "Wo wir zunächst mit der Verteilung von Bargeld die erste Not lindern konnten, benötigt dieselbe Familie heute regelmäßige und verlässliche Unterstützung, um über die Runden zu kommen. Nach Jahren der Flucht hätten die meisten Familien zudem keine eigenen Rücklagen mehr.

CARE appellierte an Geldgeber und die aufnehmenden Gastländer, solche flexiblen Hilfen bereitzustellen und ihre Umsetzung zu unterstützen. Im Hinblick auf die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Europa nahm Zentel die deutsche Bundesregierung in die Pflicht: "Die Bereitschaft zur Aufnahme von nunmehr insgesamt 10.000 Flüchtlingen in Deutschland ist ein wichtiger erster Schritt und ein Signal, dass wir es ernst meinen mit dem Schutz vor Verfolgung."

Gleichzeitig kritisierte CARE die zu langsamen Verfahren: "Angesichts des Ausmaßes dieser Flüchtlingskatastrophe muss die Bundesregierung mehr Ressourcen für die Bearbeitung der Fälle sowie die Betreuung der ankommenden Flüchtlinge bereitstellen." Die Menschen seien vom Krieg und der Flucht teils schwer traumatisiert. Sie benötigten schnelle Entscheidungen der Behörden und eine umfassende Begleitung in Deutschland sowie die Chance, ihren Wartezustand mit Fortbildungsprogrammen und anderen Angeboten ein wenig erträglicher zu machen.

Mit Blick auf das nicht absehbare Ende der Gewalt in Syrien sagte CARE-Generalsekretär Zentel: "Die Weltgemeinschaft muss sich weiterhin mit Nachdruck um eine friedliche Lösung bemühen, auch wenn die Genfer Friedensgespräche Anfang des Jahres vorerst keine Ergebnisse brachten. Alle Kriegsparteien müssen derweil einen humanitären Korridor zum Schutz und zur Versorgung der Zivilgesellschaft ermöglichen. Es darf keine drei weiteren Jahre Leid mehr geben."

CARE versorgt derzeit syrische Flüchtlinge in Jordanien, Libanon und in Ägypten und konnte nach eigenen Angaben bisher 290.000 Menschen mit Bargeld, Winterhilfen, Wasser- und Sanitäreinrichtungen sowie psychosozialer Betreuung erreichen.

UNGEWISSE ZUKUNFT DER KINDER

Die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision hat anlässlich des 3. Jahrestags des Krieges in Syrien 140 syrische Kinder eingeladen, einen Bericht über ihr Leben als Flüchtlinge in Libanon und Jordanien zu schreiben. In dem Report mit dem Titel "Unsere ungewisse Zukunft" (engl.) beschreiben diese Kinder mit ihren eigenen Worten ihren Alltag, ihre Ängste und schlagen Lösungen vor.

Die 13jährige Soha, die nach Jordanien geflohen ist, beklagt, dass all die Gespräche in Genf und Bemühungen eine Friedenslösung zu finden, nichts genutzt hätten. "Die internationale Gemeinschaft hört uns nicht zu. Wenn sie nur auf uns hören und den Krieg beenden würden. Sie sollen uns helfen, in Frieden zu leben. Das ist alles, um was wir bitten."

In dem Bericht beschreiben die Kinder zahlreiche Grausamkeiten, unter denen sie täglich zu leiden haben und schildern die Herausforderungen, die sie und ihre Familien meistern müssen. "Wir, die Kinder Syriens, sind mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Das Hauptproblem ist Armut. Es betrifft viele Familien. Unsere Eltern können kein Essen, keine Kleider und Medikamente für uns kaufen, da die Lebenshaltungskosten in Libanon und Jordanien zu hoch sind. Oft gibt es keinen Hauptverdiener und keine Organisationen, die uns unterstützen." Weiterhin beklagen die Kinder, dass es keine Job-Möglichkeiten gäbe und dadurch die Familien über keine oder nur geringes Einkommen verfügten. Auch die psychologischen Auswirkungen seien verheerend. Ihre Eltern seien oft verzweifelt, da sie nicht in der Lage seien, ihre Kinder zu versorgen und genug Essen zu beschaffen. Oft müssten sie auf engstem Raum mit vielen Personen zusammen wohnen, da die Mieten für Unterkünfte extrem hoch seien. Der 16jährige Hekmat erzählt: "Mein Vater ist Arzt. Als wir nach Libanon flohen und er dort in einem Krankenhaus arbeiten wollte und um eine Stelle nachfragte, wollte ihn keiner einstellen, nur weil er Syrer ist." Die 17jährige Souheila schildert: "Mein Vater arbeitet 14 Stunden am Tag in einem Restaurant und verdient nur 400 Dollar im Monat. Das ist aber nicht genug, um auch nur die allernötigsten Dinge zu bezahlen, die wir brauchen, um zu überleben."

Nicht nur in den Familien werden die Kinder mit Problemen konfrontiert. In der Schule können selbst gute Schüler dem Unterricht nicht folgen, da sie die Sprache nicht sprechen. Manchmal würden sie von Lehrern geschlagen, da sie keine Antworten auf ihre Fragen hätten. Sie würden benachteiligt und für Auseinandersetzungen, sowie Missstände verantwortlich gemacht, nur weil sie aus Syrien kämen.

Auch die Früh- und Zwangsverheiratung von Mädchen schildern die Kinder als großes Problem. Oft bliebe ihren Eltern aber keine andere Wahl, als ein Mädchen weg zu geben, da sie nicht alle Kinder versorgen könnten. All diese Probleme seien eine große Last für die Kinder und oft hätten sie niemanden, mit dem sie über ihre Ängste und Qualen reden könnten. Ein Kind beschreibt, dass sein Vater abends völlig erschöpft nach Hause käme und er daher kein Ohr mehr für die Probleme seiner Kinder hätte. "Wir tragen die Last der Welt auf unseren Schultern, aber wir wollen nicht jammern, um unsere Eltern nicht zusätzlich zu belasten", führen die Kinder in dem Report aus.

"Wenn ich die Möglichkeit hätte, die mächtigsten Personen auf der Welt anzusprechen", so der 17jährige Hanadi, "würde ich sagen: Habt Ihr noch nicht genug Zerstörung und Blut in Syrien gesehen? Gibt es immer noch nicht genug Tote? Was braucht Ihr noch, um uns zu helfen, damit wir zurück in unsere Heimat gehen können?" In dem Report appellieren die Kinder an die gegnerischen Parteien und die Weltgemeinschaft, Ihnen zu helfen.

Quelle: www.care.de | www.worldvision.de

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.


Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.