eu-au summit 2014Brüssel. - Unter dem wohlklingenden Motto "In Menschen, Wohlstand und Frieden investieren" hat am Mittwoch der zweitägige EU-Afrika Gipfel in Brüssel begonnen. Die Staats- und Regierungschefs von Eritrea, dem Sudan, Simbabwe und Südafrika blieben dem Treffen fern oder wurden erst gar nicht eingeladen, was im afrikanischen Lager für Unmut sorgte. NGOs forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, mit den afrikanischen Ländern "faire Partnerschaften" einzugehen.

Eritrea ist aufgrund gravierender Menschenrechtsverletzungen nicht zu dem Treffen eingeladen. Simbabwes Staatschef Robert Mugabe hätte teilnehmen können, blieb aber fern, weil seine Ehefrau kein belgisches Visum bekommen hatte. Südafrikas Präsident Jacob Zuma boykottiert den Gipfel aus Ärger über die Tatsache, dass die EU auf die Zusammensetzung der afrikanischen Delegation Einfluss nahm. Sudans Staatschef Umar Hasan Ahmad al-Baschir droht in Europa die Verhaftung, weil gegen ihn ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag vorliegt

Das Thema des Gipfels - "In Menschen, Wohlstand und Frieden investieren" - sollte "in Taten umgesetzt werden", forderte Brot für die Welt am Dienstag. Das evangelische Hilfswerk erwartet von der Kanzlerin, die in Brüssel anwesend ist, Initiativen zu unterstützen, "damit Afrika sich tatsächlich zum Chancen-Kontinent entwickelt, wie es die Afrikastrategie des Bundesentwicklungsministeriums nennt".

Viele afrikanische Länder hätten langanhaltende Wachstumsraten und stabile politische Verhältnisse, erklärte Brot für die Welt. Die Lebensbedingungen der Menschen verbesserten sich. Wachsende Mittelschichten würden zu Abnehmern der Produkte lokaler Kleinerzeuger und der kleinbäuerlichen Landwirtschaft.

"Die EU muss damit aufhören, Afrika Wirtschaftsabkommen aufzudrücken, die den wachsenden lokalen Markt gefährden", sagte Pfarrer Tolbert Jallah aus Liberia, Generalsekretär des Zusammenschlusses Westafrikanischer Kirchenräte. "Die EU-Staaten sollten auf dem Gipfel einen Neustart der EU Handelsbeziehungen wagen. Die über ein Jahrzehnt andauernden Verhandlungen um die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) sollten beendet werden." Jallah bringt auf dem EU-Afrika Gipfel die Stimme der afrikanischen Kirchen und Zivilgesellschaft ein.

Die Staats- und Regierungschefs Westafrikas hatten am 28. März eine Verschiebung der Vertragsunterzeichnung der EPAs beschlossen. Man solle zunächst die Auswirkungen, die die EPAs auf die westafrikanische Wirtschaft haben werden, gründlich prüfen, erklärten sie. Brot für die Welt teilt die Kritik und fordert von der Bundeskanzlerin, sich für einen vorläufigen Stopp der EPA-Verhandlungen einzusetzen.

"Drei Maßnahmen könnten die Chancen für eine lokale Wirtschaftsentwicklung Afrikas sichern: faire Handelsbeziehungen durch eine Öffnung des EU-Marktes auch für verarbeitete Produkte, Schutz von Kleinindustrie und Landwirtschaft vor EU-Billigprodukten und Förderung des innerafrikanischen Handels", sagte Claudia Warning, Vorstand Internationale Programme und Inlandsförderung von Brot für die Welt. Zudem müsse die Zollfreiheit für Länder, die nicht zur Gruppe der ärmsten Staaten gehören, aufrechterhalten bleiben. Sie soll ab Oktober 2014 wegfallen, wenn die Parlamente bis dahin nicht die Handelsabkommen mit der EU ratifiziert haben.

Damit würden laut Brot für die Welt unter anderem Blumen aus Kenia, Obst aus Ghana oder Fleisch und Fisch aus Namibia mit neuen Zöllen belegt. Das würde zwar mehr als 500 Millionen Euro Zolleinnahmen für die EU bringen, "aber die Wirtschaft dieser Länder schwächen und Arbeitsplätze gefährden", so das Hilfswerk. "Damit würden die Staaten bestraft, die die besten Wirtschaftsprognosen in Afrika haben."

"Die EU nimmt scheinbar nicht wahr, dass auch afrikanische Staatsführer sich immer öfter gegenüber ihren Gesellschaften für ihr Handeln rechtfertigen müssen. Die größere Wachsamkeit von Medien, Gewerkschaften, Kirchen und Zivilgesellschaft zwingt afrikanische Politiker, in ihren Gesprächen mit ihren europäischen Kollegen auch diese Interessen zu berücksichtigen," so Tolbert Jallah. Die EU sollte also z.B. die westafrikanischen Staatschefs nicht zwingen, die Abkommen de facto ohne Konsultation mit Bevölkerung und Parlamenten zu unterzeichnen.

Brot für die Welt erwartet von der Bundesregierung, dass sie beim EU-Afrika Gipfel "sich dafür stark macht, dass die EU den Ländern Afrikas wirklich langfristig hilft. Das heißt Erreichung der Klimaziele, zivile Konfliktprävention und Unterstützung für Investitionen in Bildung und Arbeitsplätze für Millionen Jugendliche."

“Eine gelebte Partnerschaft ist mehr als einseitiger wirtschaftlicher Austausch. Die Partner müssen füreinander Verantwortung übernehmen, miteinander streiten und die gegenseitige Augenhöhe stets im Blick behalten. Die Bundesregierung kann mit ihrer Weiterentwicklung der bestehenden Afrikastrategie ein Zeichen setzen", so Wolfgang Jamann von der Welthungerhilfe.

Der bisherigen Strategie der Afrika-EU-Zusammenarbeit fehle es an einem klarem Fokus, sagte Jamann. Beide Kontinente müssten ihren Bürgern und Einwanderern den Schutz von Menschenrechten garantieren. Private Investitionen seien für die Entwicklung dieser Partnerschaft notwendige Voraussetzung, der Entwicklungsnutzen sollte dabei jedoch als grundlegender Maßstab dienen.

"Wenn die EU eine auch von den afrikanischen Partnern akzeptierte aktive Mitgestaltung der interkontinentalen Beziehungen will, dann hat sie dazu viele nichtmilitärische Möglichkeiten. Faire wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Arbeit schafft und auf die Ärmsten der Armen ausgerichtet ist, ist eine davon. Auch hier ist die Bundesregierung gefragt", erklärte Wolfgang Jamann.

www.brot-fuer-die-welt.de | www.africa-union.org | www.auswaertiges-amt.de/DE/Europa/Aussenpolitik/Regionalabkommen/EU-AfrikaStrategie_node.html | www.welthungerhilfe.de

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