ipccBerlin. - Die Arbeitsgruppe III des Zwischenstaatlichen Verhandlungs-Ausschusses zum Klimawandel (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) hat sich am Sonntag in Berlin auf die Kernpunkte einer Strategie zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels geeinigt. Die Wissenschaftler und Regierungsvertreter aus 195 Staaten kommen in ihrem Zwischenbericht zu dem Schluss, dass der globale Ausstoß von Treibhausgasen ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht hat und dass nur das baldige Umsteuern hin zu erneuerbaren Energien eine Klimakatastrophe abmildern kann.

Nach tagelangen Verhandlungen fassten mehr als 230 Autoren aus 58 Ländern die vorliegenden Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe III und die mit der Politik abgestimmten Aussagen zusammen. Die AG III befasst sich mit den Optionen zur Abmilderung der Folgen der Erderwärmung und und zieht dabei ökonomische Sektoren wie Energie, Transport, Industrie, Land- und Forstwirtschaft etc. in Betracht. Ferner erstellt die AG III eine Kosten-Nutzen-Rechnung für die ermittelten Optionen auf und schlägt geeignete politische Instrumente zum Gegensteuern vor. Es handelt sich dabei um den 3. Teilbericht des 5. Sachstandsberichts (Assessment Report) des IPCC.

Das IPCC kommt zu dem Schluss, dass es noch möglich ist, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf zwei Grad Celsius (über dem vorindustriellen Niveau) zu begrenzen, betont aber: "However, only major institutional and technological change will give a better than even chance that global warming will not exceed this threshold." Der Bericht trägt den Titel "Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change". Im Oktober sollen ein "Synthesis Report" erscheinen, der die drei letzten Berichte (epo.de berichtete) zusammenfasst.

Die Wissenschaftler betonten am Sonntag in Berlin, dass das Zwei-Grad-Ziel nur zu erreichen ist, wenn die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 gegenüber dem Niveau von 2010 um 40 bis 70 Prozent gesenkt werden. Bis zum Ende das Jahrhunderts müssten die Emissionen auf "Nahe Null" verringert werden. Möglicherweise müsste sogar Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnommen werden, um die 2-Grad-Ziel halten zu können.

Für den jüngsten Bericht haben die Forscher 1.200 Szenarien analysiert. Alle Modellrechnungen erforderten beträchtliche finanzielle Investitionen, sagte Ottmar Edenhofer. Er ist Professor für die Ökonomie des Klimawandels an der Technischen Universität Berlin, Vorsitzender der Arbeitsgruppe III des Weltklimarates und stellvertretender Direktor und Chefökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). In einem "business-as-usual" Szenario würde der Konsmum weltweit um 1,6 bis drei Prozent jährlich wachsen. Ambitionierte Abmilderungs-Strategien könnten diesen Wert auf 0,06% pro Jahr verringern. Ökonomische Vorteile, die sich aus dem Umsteuern auf erneuerbare Energien ergeben, seien dabei noch nicht eingerechnet.

In einer Medienmitteilung des IPCC vom Sonntag heißt es, zur Stabilisierung der Treibhausgas-Emissionen in der Atmosphäre sei es notwendig, den CO2-Ausstoß bei der Energieerzeugung, beim Transport, in Gebäuden, in der Industrie und Landwirtschaft und im Siedlungswesen zu verringern. Ambitionierte Strategien sähen eine Reduzierung bei der Stromerzeugung auf "nahe Null" vor. Wichtig sei aber auch die effizientere Nutzung von Energie.

Konkret fordern die Forscher "low-carbon energy technologies". Die "Verlangsamung" der Abholzung von Wäldern und Wiederaufforstungsprogramme hätten bereits Erfolge aufgezeigt. Der malische Wissenschaftler Youba Sokona, wie Edenkofer einer von drei Vorsitzenden der AG III, sagte:
 
"The core task of climate change mitigation is decoupling greenhouse gas emissions from the growth of economies and population. Through providing energy access and reducing local air pollution, many mitigation measures can contribute to sustainable development."

Die Erderwärmung hat bereits drastische Auswirkungen, wie aus dem zweiten Teil des 5. Klimaberichtes des Weltklimarates hervorging. Fast überall auf der Welt schmelzen die Gletscher ab, sterben Tier- und Pflanzenarten aus oder erobern sich neue Lebensräume. Die Vegetationsperioden von Pflanzen haben sich verändert, Getreideernten fallen schlechter aus, Dürren grassieren und der Meeresspiegel steigt an.

Anlässlich der IPCC-Tagung in Berlin forderten Aktivisten der Umweltstiftung WWF eine Ende der Subventionen für fossile Energien. Der Bund für Umwelt und Naturschutz kritisierte die unrealistischen Preise für Milliarden von CO2-Zertifikaten im Rahmen des Emissionshandels in der Europäischen Union.

Greenpeace erklärte: "Für eine ehrliche Energiewende müssen wir aus der Kohleverstromung aussteigen. Derzeit jedoch sehen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) tatenlos zu, wie Braunkohlekraftwerke Deutschlands CO2-Emissionen steigen lassen". Als Konsequenz auf den Klimabericht forderte Greenpeace von der Bundesregierung erneut einen Ausstieg aus der Braunkohle bis zum Jahr 2030 und ein Ende der Kohleverstromung insgesamt bis 2040.

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch betonte, es sei laut IPCC-Bericht noch immer möglich, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. "Erleichtert wird dies dadurch, dass die Kosten erneuerbarer Energien in den vergangenen Jahren erheblich gesunken sind. Je eher Regierungen und Investoren jetzt umsteuern, desto günstiger und wahrscheinlicher wird dieses Ziel erreicht."

"Es wird höchste Zeit, dass Regierungen und Investoren entschieden in Richtung einer CO2-freien Energieerzeugung umsteuern", sagte Lutz Weischer, Teamleiter Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. "Dazu muss die Bundesregierung sich für ambitionierte EU-Klimaziele für die Zeit nach 2020 einsetzen. Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Treibhausgas-Einsparungen von 40 Prozent reichen nicht aus. Zudem werden für jedes EU-Mitglied verbindliche Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz benötigt."

Sabine Minninger, Klimareferentin bei Brot für die Welt, erklärte: "Der Bericht belegt, dass global ein fundamentaler Wechsel der Energiesysteme notwendig ist. Auch arme Länder müssen die Möglichkeit haben, einen kohlenstoffarmen Entwicklungspfad einzuschlagen und die Nutzung von erneuerbaren Energien auszubauen. Die Industrieländer müssen ihnen dabei helfen und ihrem Versprechen nachkommen, dafür ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht akzeptabel, dass die Bundesregierung im aktuellen Haushaltsentwurf Mittel für die Klimafinanzierung zusammenstreicht, statt sie auszuweiten."

(Der Bericht der AG III ist ab 15. April auf www.ipcc.ch abrufbar)

www.ipcc.ch
www.mitigation2014.org
Summary for Policymakers (Englisch)

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