Genf. -  Nach jahrelangem, ergebnislosen Meinungsaustausch über ein Verbot autonomer Waffensysteme (Lethal Autonomous Weapon Systems / LAWS) im Rahmen der UN-Waffenkonvention zu bestimmten konventionellen Waffen (Certain Conventional Weapons / CCW) droht der Verbotsprozess in der kommenden Woche (13.-17.11.2017) endgültig zu scheitern. Das hat Facing Finance am Montag erklärt.

Soll es nach Deutschland und Frankreich gehen, so wird der Umgang mit autonomen Waffen, sog. Killer Robotern, und damit die Frage ob Menschen zukünftig die Entscheidung über Leben und Tod an Maschinen delegieren, lediglich durch eine "politische Erklärung" geregelt.

"Deutschland darf sich nicht durch das vom Koalitionsvertrag vorgegebene Ziel eines Verbotes autonomer Waffensysteme verabschieden“, forderte Thomas Küchenmeister von Facing Finance, einer deutschen Mitgliedsorganisation der int. Campaign to Stop Killer Robots. “Eine bloße, unverbindliche politische Erklärung oder auch ein "Verhaltenscodex" (code of conduct) kann das dringend benötigte, völkerrechtlich verbindliche Verbot nicht ersetzen", kritisierte Küchenmeister.

Deutschland und Frankreich gehen davon aus, dass autonome Waffensysteme derzeit noch nicht existieren, schlagen aber eine vorübergehende Begriffsbestimmung für diese vor. Autonome Waffensysteme sollen demnach als "vollautonome, tödliche Waffensysteme" definiert werden. Gleichzeitig wird eine Reihe bereits existierender Waffensysteme von der Definition ausgenommen. Zum Beispiel "…ferngesteuerte und automatisierte Systeme (z.B. konventionelle Waffen mit Zeitzünder), telebetriebene (z.B. Drohnen), automatisierte Raketenabwehrsysteme, Torpedos, lenk- und navigationsgeführte Systeme, Überwachungs- und Erkennungssysteme werden nicht als autonome Waffensysteme erachtet." Ob auch (bereits eingesetzte) sog. "Fire-and-Forget"-Waffen, die von ihren Herstellern als "autonome Waffen“"klassifiziert werden, nach der deutsch-französischen Definitionslogik unter diese Ausnahmen fallen, ist offen.

Beispiele für "Fire-and-Forget"-Waffen sind z.B. die autonome Suchzündermuniton "SMART 155" der beiden deutschen Unternehmen Diehl und Rheinmetall oder die Panzerabwehrlenkwaffe "Brimstone" von MBDA, eines deutsch-britisch-französisch-italienisch-spanischen Herstellerkonsortiums. "Fire-and-Forget"-Waffen finden per Sensoren autonom ihre Ziele und zerstören diese selbstständig. Nach ihrer Aktivierung kann dieser Vorgang, auch im Falle einer falschen Zielauswahl, von einem Menschen in der Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden. Gleiches gilt beispielsweise auch für Seezielflugkörper wie die norwegische "Joint Strike Missile", die laut Herstellerangaben im autonomen Modus Schiffe bekämpfen.

"Sollen Menschen weiterhin die ultimative Entscheidung über den Einsatz von tödlicher Gewalt und ausreichende Kontrolle über tödliche Waffensysteme haben, müssen auch alle existierenden Waffensysteme mit autonomen Fähigkeiten auf den völkerrechtlichen Prüfstand", forderte Küchenmeister.

Auf Unverständnis stößt auch der deutsch-französische Vorschlag zur Bildung einer technischen Expertengruppe. Diese Gruppe soll aus 15-20 Regierungs- und Rüstungsindustrievertretern bestehen und soll die CCW-Vertragsstaaten "beraten", insbesondere hinsichtlich "geeigneter Maßnahmen" in Bezug auf spezifische Risiken von autonomen Waffensystemen, so das Auswärtige Amt gegenüber der Kampagne.

Um einen völkerrechtswidrigen Umgang mit autonomen Waffen zu verhindern, schlagen Deutschland und Frankreich außerdem vor, die Anwendung von existierenden, nationalen Waffen-Bewertungsprozessen zu präferieren. Diese müssen laut Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte bei der Beschaffung neuer Waffensysteme durchgeführt werden.

Um den vielschichtigen Risiken und Bedenken, verbunden mit dem Einsatz von LAWS, angemessen zu begegnen, gelten diese nationalen Bewertungsprozesse als unzureichend und intransparent. "Es gibt keinen Beleg dafür, dass nationale Bewertungsprozesse die Entwicklung von Waffensystemen jemals verhindert hätten und deshalb benötigen wir eine neue, präventive und völkerrechtlich verbindliche Konvention zum Verbot autonomer Waffensysteme", kritisierte Küchenmeister.

Der deutsch-französische Vorschlag steht nach Auffassung der internationalen Kampagne im klaren Widerspruch zum geltenden deutschen Koalitionsvertrag, der eine "völkerrechtliche Ächtung vollautomatisierter Waffensysteme" einfordert und unterstützt. Ob auch die zukünftige Bundesregierung dieses Ziel verfolgen wird, ist fraglich. Teilnehmer der aktuellen Sondierungsgespräche lassen jedenfalls verlauten, dass dem Thema autonome Waffensysteme keine Priorität eingeräumt werden wird.

Quelle: facing-finance.org


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