dahw Würzburg. - Vor zehn Jahren trat in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft, die für alle Menschen eine uneingeschränkte und gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben fordert. Während hierzulande Möglichkeiten gesucht werden, die Inklusion voranzutreiben, setzt die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe in ihrer internationalen Arbeit schon lange auf ganzheitliche inklusive Konzepte. Mit dem Ansatz der gemeindebasierten inklusiven Entwicklung (Community Based Inclusive Development, CBID) wird aktuell auch in der Entwicklungszusammenarbeit ein Paradigmenwechsel eingeläutet.

Ende Januar tagte in der Würzburger Zentrale der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V. das Internationale Konsortium für Behinderung und Entwicklung (IDDC): Vertreterinnen und Vertreter mit und ohne Behinderung von verschiedenen (Behinderten-) Organisationen aus Ländern Afrikas, Asiens und Europas diskutierten die Möglichkeiten und Anforderungen einer gemeindebasierten inklusiven Entwicklung (Community Based Inclusive Development, CBID). Dieser ganzheitliche Ansatz läutet einen Paradigmenwechsel ein, auch in der Entwicklungszusammenarbeit: Menschen mit Behinderung sollten sich nicht in eine sogenannte normale Gesellschaft eingliedern müssen (Integration), sondern die Gesellschaft sollte die Verschiedenheit von Menschen mit ihren jeweiligen Begabungen und Einschränkungen respektieren, bestehende Barrieren abbauen und gegen Vorurteile vorgehen (Inklusion).

"Eine inklusive Gesellschaft stellt die notwendigen Ressourcen zur Verfügung, um allen eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen", so Sahayarani Antony, Mitarbeiterin der DAHW im Fachbereich Soziales und Organisatorin des Workshops. "Dieser Anspruch bildet die Basis für unsere medizinischen und sozialen Projekte."

Ziel des CBID-Ansatzes ist es, dass Menschen mit Behinderungen und ihre Familien vollständig in alle Aspekte des Gemeinschaftslebens einbezogen und an Entscheidungsprozessen auf lokaler Ebene beteiligt werden. Sie sollen vollen Zugang zu allen Einrichtungen und Dienstleistungen erhalten, vor allem in den Bereichen Gesundheit, Bildung, soziale Teilhabe und Existenzsicherung.

Betroffene gilt es zu befähigen, ein autonomes und selbstbestimmtes Leben zu leben. Beispielsweise durch den Aufbau von Selbstvertretungsorganisationen und Maßnahmen zur Förderung von Aktivitäten zur Existenzsicherung. Ein besonders wichtiger Aspekt: Denn in Ländern des "Globalen Südens" leiden Menschen mit Behinderung zu über 80 Prozent unter Armut. Sie zu unterstützen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, ist entscheidend für ein Leben in Würde. Nicht zuletzt ist auch die Lobbyarbeit bei lokalen Regierungen und Institutionen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen wesentlicher Bestandteil des CBID-Ansatzes.

Der CBID-Ansatz, der heute in der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit immer mehr verankert ist, hat seine Wurzeln in der gemeindenahen Rehabilitation (Community Based Rehabilitation, CBR). Diese wurde in den 1980er Jahren von der Weltgesundheitsorganisation WHO, dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP, der Internationalen Arbeitsorganisation ILO und der UNESCO entwickelt. Auch hier werden Betroffene bei der Gründung von Selbsthilfegruppen und Organisationen von und für Menschen mit Behinderung unterstützt. Zudem werden in ihren Heimatgemeinden Sensibilisierungskampagnen für ihre Bedürfnisse durchgeführt und einkommensschaffende Aktivitäten sowie Spar- und Kreditprogramme umgesetzt.

"Am Anfang ihrer über 60-jährigen Geschichte konzentrierte sich die DAHW darauf, Menschen mit leprabedingten Behinderungen durch Rehabilitationsmaßnahmen, also beispielsweise durch die Ausstattung mit Gehilfen oder Rollstühlen, zu unterstützen", erklärte Sahayarani Antony, Fachbereich Soziales beim Würzburger Hilfswerk. "Doch schnell weiteten wir unsere Aktivitäten im Sinne der gemeindenahen Rehabilitation aus und setzten auf ganzheitlichere und damit nachhaltigere Projekte."

Nun findet der CBID-Ansatz Eingang in die Arbeit der DAHW: "Wir wollen alle Menschen mit Behinderungen – unabhängig von ihrer Ursache – bestärken, ihre Rechte wahrzunehmen und für sich selbst einzustehen", so Antony. "Denn eine inklusive Gemeinschaft kann nur mit einer behindertengerechten lokalen Entwicklung erreicht werden." Dabei gründe das Verständnis von Behinderung und Inklusion auf die im Jahr 2006 von den Vereinten Nationen (UN) verabschiedete "Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung".

Quelle: www.dahw.de 


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