unhrcGenf. - Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es auf der Welt mehr als 50 Millionen Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene - sechs Millionen mehr als ein Jahr zuvor. Der am Freitag veröffentlichte statistische UNHCR-Jahresbericht "Global Trends" zeigt, dass Ende des Jahres 2013 rund 45,2 Millionen Menschen gewaltsam vertrieben (forcibly displaced) waren; zusammen mit den Asylsuchenden sind 51,2 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Die Angaben basieren auf Daten, die von Regierungen, nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) und dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) gesammelt worden sind.

"Der massive Anstieg wurde hauptsächlich durch den Krieg in Syrien verursacht", teilte UNHCR am Freitag in Genf mit. 2,5 Millionen Menschen seien durch ihn zu Flüchtlingen geworden, 6,5 Millionen zu Binnenvertriebenen. Flucht und Vertreibung hätten im letzten Jahr auch in Afrika erheblich zugenommen - vor allem in Zentralafrika und gegen Ende 2013 auch im Südsudan.

"Wir sehen hier die enormen Kosten nicht enden wollender Kriege sowie fehlgeschlagener Bemühungen, Konflikte zu lösen oder zu verhindern", sagte UN-Flüchtlingskommissar António Guterres. "Es gibt heute gefährliche Friedensdefizite. Humanitäre Hilfe kann lindernd wirken, aber politische Lösungen sind entscheidend. Ohne diese wird das alarmierende Ausmaß an Konflikten und das damit verbundene Leid von Millionen von Menschen fortdauern, das sich hinter der Statistik verbirgt."

Die "traurige Rekordmarke" von 51,2 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, bedeutet laut UNHCR auch eine gewaltige Zahl von Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Dies habe Auswirkungen sowohl für die entsprechenden Hilfsbudgets der Geberstaaten als auch für die Aufnahme- und Versorgungskapazitäten jener Staaten, die mit den Flüchtlingskrisen unmittelbar konfrontiert sind. 16,7 Millionen Menschen laut UNHCR Flüchtlinge, 33,3 Millionen sind Vertriebene im eigenen Land und 1,2 Millionen haben derzeit einen Asylantrag gestellt.

"Die internationale Staatengemeinschaft muss ihre Differenzen ausräumen und Lösungen finden für die Konflikte der Gegenwart - im Südsudan, in Syrien, der Zentralafrikanischen Republik und anderswo. Neue Finanziers müssen an die Seite der traditionellen Geberstaaten treten. Heute sind weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie es Einwohner gibt in mittelgroßen Staaten wie Kolumbien, Spanien, Südafrika oder Südkorea", betonte Guterres.

FLÜCHTLINGE

Die Angaben zu Flucht und Vertreibung im Bericht Global Trends beziehen sich auf drei Gruppen - Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene. Insgesamt wurden dem Bericht zufolge 16,7 Millionen Flüchtlinge gezählt, die höchste Zahl seit 2011. UNHCR kümmert sich um 11,7 Millionen von ihnen. Die Übrigen sind beim UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) registriert. Über die Hälfte der von UNHCR betreuten Flüchtlinge lebt bereits länger als fünf Jahre im Exil.

Die größten von UNHCR betreuten Flüchtlingsbevölkerungen stammen aus Afghanistan, Syrien und Somalia - zusammen stellen sie mehr als die Hälfte der globalen Flüchtlingszahl dar. Pakistan, Iran und der Libanon haben die meisten Flüchtlinge aufgenommen.

Nach Regionen aufgeteilt, gibt es die größten Flüchtlingsbevölkerungen in Asien und dem pazifischen Raum mit mehr als 3,5 Millionen betroffenen Menschen, in Sub-Sahara Afrika sind es 2,9 Millionen und im Mittleren Osten und Nordafrika sind es 2,6 Millionen.

ASYLSUCHENDE

Im letzten Jahr stellten weltweit 1,1 Millionen Menschen einen Asylantrag, die Mehrzahl von ihnen in Industriestaaten. In Deutschland wurden weltweit die meisten Asylanträge gezählt. 25.300 Asylanträge wurden von unbegleiteten Minderjährigen bzw. Kindern gestellt, die von ihren Eltern getrennt sind. "Dies bedeutet eine Rekordzahl", so der UNHCR-Bericht "Globale Trends". Im letzten Jahr stellten weltweit 64.300 Syrer Asylanträge. Aus keinem anderen Land kamen 2013 mehr Asylbewerber. Es folgten als Asylantragsteller Staatsangehörige aus der Demokratischen Republik Kongo (60.400) und Myanmar (57.400).

Großbritannien hat nach einem Bericht des "Independent" lediglich 24 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, obwohl die Regierung vor sechs Monaten angekündigt hatte, mehrere hundert Kriegsvertriebene aufzunehmen.


Aber auch in Ländern wie Israel suchen Menschen Zuflucht. Im Gefangenenlager Holot in der Negev-Wüste wollen am Montag rund 2.400 Asylsuchende aus dem Sudan und aus Eritrea gegen ihre Haftbedingungen protestieren. Nach dem israelischen Anti-Infiltrations-Gesetz können Asylbewerber ohne Anklage oder Prozess inhaftiert werden. Sie klagen über unzureichende medizinische Versorgung und ihre Behandlung als Kriminelle:

"Our protest is against government policy, against its plans to put people who aren’t criminals in jail for a period where no one knows how long it will last…. We will not stop the protest until there is a solution. We don’t want to stay in Holot anymore,” media outlets quoted one of the prisoners as saying."

BINNENVERTRIEBENE

Innerhalb ihres Heimatlandes waren im letzten Jahr mit 33,3 Millionen eine Rekordzahl von Menschen auf der Flucht. Diese Gruppe verzeichnet den höchsten Anstieg im Global Trends Report 2013. Für UNHCR und andere humanitäre Akteure ist es eine besondere Herausforderung, diesen Menschen zu helfen. Viele von ihnen leben in Konfliktzonen, wo es schwierig ist, den Betroffenen Hilfsgüter zu bringen und es zudem nicht jene internationale Schutznormen gibt, die für Flüchtlinge gelten.

DAUERHAFTE LÖSUNGEN FINDEN

Eine Aufgabe von UNHCR ist es, dauerhafte Lösungen für Menschen zu finden, die auf der Flucht sind. Wo dies möglich ist, soll eine freiwillige Rückkehr erfolgen, andere Alternativen sind die Integration im Erstasylland oder die Wiederansiedlung in einem Drittstaat, das sogenannte Resettlement, das aus einem Erstzufluchtsland erfolgt. Im letzten Jahr sind 414.600 Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückgekehrt. "Dies ist die viertniedrigste Zahl innerhalb von 25 Jahren", konstatiert UNHCR. Rund 98.400 Flüchtlinge wurden in 21 Drittstaaten wiederangesiedelt. Für die lokale Integration in einem Erstasylland und die Rückkehr von Binnenvertriebenen in ihre Heimatorte konnten keine vollständigen Daten erhoben werden. Gesichert ist, dass 1,4 Millionen Binnenvertriebene heimgekehrt sind, in Ländern, in denen UNHCR diese Gruppe unterstützt.

STAATENLOSE

Die Staatenlosen sind nicht in der Zahl von 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht enthalten (da staatenlos nicht zwangsläufig bedeutet, auf der Flucht zu sein). Es bleibe schwierig, so der Bericht, das globale Ausmaß an Staatenlosigkeit zu quantifizieren. Weiterhin gebe es Probleme bei der Datenerhebung und entsprechender Dokumentierung. Einige Staaten sammeln auch keine Daten zu Personen, die sie nicht als ihre Staatsangehörigen ansehen.

Fast 3,5 Millionen Staatenlose konnte UNHCR weltweit für das Jahr 2013 ermitteln. Es wird jedoch angenommen, dass hiermit nur rund ein Drittel der tatsächlich Staatenlosen weltweit erfasst worden sind.

UNHCR-Bericht "Globale Trends" 2013: http://unhcr.org/trends2013/

Quelle: www.unhcr.de


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