Neu Delhi. - Die meisten indischen Frauen überlegen sich ganz genau, ob sie in einer Polizeistation, eine Beschwerde einreichen. Die nur männlichen Offiziere, die Macho-Atmosphäre, und die entsprechende Angst vor sexueller Belästigung schrecken ab. Mit einer neuen Geldautomaten-ähnlichen Maschine soll sich das ändern, sogar für Analphabetinnen. Das hat die Zeitung Toronto Star am Donnerstagabend berichtet.
Wenn Frauen überhaupt zur Polizei gehen, dann möglichst mit einem männlichen Verwandten oder ihrem Ehemann. Im Fall von Manju Mitra, die in Bhubaneswar im Osten Indiens lebt, war dies keine Option, denn es war ihr Mann, den sie anzeigen wollte - weil er sie schlug und mehr Mitgift forderte: einen Pauschalbetrag von 200.000 Rupien (2.500 €), um genau zu sein. Nachdem sie den Mut aufbrachte zur Polizei zu gehen und sich auf den Weg machte, wurde sie von ihrem Mann und seinen Freunden aufgelauert. Sie drohten, sie umzubringen, wenn sie Anzeige erstatten würde.
"Eine Freundin hatte mir von dieser neuen Maschine für Beschwerden an die Polizei erzählt. Ich ging hin und tippte meine Beschwerde ein. In 10 Minuten war ich wieder raus. Es war so einfach, ich wünschte, mehr Frauen wüssten davon", sagte Mitra.
Acht bis zehn Frauen benutzen die Maschine täglich. Das Ganze war eine Idee von Polizeiinspektor Joydeep Nayak, der nach dem Vorfall im Dezember 2012 darüber nachdachte, wie Gewalt gegen Frauen bekämpft werden könnte. Er wusste, dass die meisten Frauen Angst haben alleine zu einer Polizeistation zu gehen, in denen ihnen statt Hilfe ebenfalls Gewalt droht. Dadurch wird Frauen das Recht ein Verbrechen zu melden verwehrt. Die Idee zu der Maschine kam Nayak, als er an einem Geldautomaten vorbeilief und dachte: Was wäre wenn Frauen mit Hilfe einer Geldautomat-ähnlichen Maschine Anzeige erstatten könnten? "Frauen wird durch Angst vor dem Gang zur Polizei ein Grundrecht verweigert." erklärte Nayak.
Im Rahmen eines sechsmonatigen Pilotprojekts wurde die Maschine, die wie ein Geldautomat aussieht, und "Instant Complaint Logging Internet Kiosk" (ICLIK) heisst, in einer Bank in Bhubaneswar installiert. Jede Frau, die sich nicht zur Polizei wagt, kann stattdessen iClik benutzen. Die Frauen können entweder eine Beschwerde eintippen oder, falls sie Analphabetinnen sind, ihre Beschwerde in der Maschine sprechen, um sie zu registrieren. Die Maschine gibt ihnen einen Zettel aus, den sie nutzen können, um den Vorgang der Beschwerde zu verfolgen. Unterdessen wird die Beschwerde an die zuständige Polizeidienststelle geschickt.
"Mein Traum ist es, einen iCLIK neben den bestehenden Geldautomaten, in Schulen, Bahnhöfen und Bushaltestellen zu haben, im ganzen Land - so dass Frauen kurz hingegen, sich beschweren können und das ohne Begleitung und Ärger", sagte Nayak.
Indische Polizisten sind auch Teil des patriarchalischen System, das Gewalt gegen Frauen verursacht und viele Frauen werden in einer Polizeistation sexueller Gewalt und demütigenden Fragen ausgesetzt. Nach Angaben der Commonwealth Human Rights Initiative wird in Indien alle 30 Minuten eine Frau vergewaltigt. Frauenrechtsaktivistinnen begrüßen die Idee der Beschwerde Maschine, da sie von immer mehr Frauen genutzt werde.
"Die Tatsache, dass Frauen davon abgehalten werden zu einer Polizeistation zu gehen, um eine Beschwerde einzureichen, zeigt das wirkliche Ausmaß des Problems der Gewalt gegen Frauen. Wir haben keine realen Zahlen über Gewalt gegen Frauen. Aber wenn wir diese ganzen Maschinen, überall aufbauen, hätten wir das wahre Bild", sagte Mamta Sharma, Vorsitzende der Nationalen Kommission für Frauen in Neu Delhi.
Mitra, die mittlerweile bei ihrem Vater lebt, war überrascht über die Schnelligkeit mit der ihr Fall bearbeitet wurde. "Ich habe gehört, mein Mann ist auf der Flucht, weil die Polizei versucht, ihn zu verhaften - und das nur zwei Tage, nachdem ich die Beschwerde eingereicht hatte", sagte sie.
Die Zeitung The Telegraph India berichtete zuvor, dass die Maschine nicht bekannt genug sei und bessere Kampagnen zur Aufklärung gestartet werden müssten und das die Maschinen gut zugänglich an öffentlichen Plätzen angebracht werden müssten.
Quellen: thestar.com | telegraphindia.com
© Bild von Awazz
Lea Gölnitz, epo.de Mitarbeiterin schreibt über Indien und Gender. Bisherige Beiträge sind: Geschlechterselektion: Was Indien von Südkorea lernen kann, Indien: Bevorzugte Söhne und der Status der Frauen, und Situation der Dalit Frauen in Indien.