Wien. - Soforthilfe: Ja. Entschädigung auf lange Sicht: immer noch nicht – das ist der Stand der Verhandlungen zwischen KiK und den Überlebenden und Hinterbliebenen des Brandes in der pakistanischen Textilfabrik Ali Enterprises vor zwei Jahren. Die Kampagne "Saubere Kleidung" hat dem deutschen Textildiscounter KiK am Mittwoch vorgeworfen, die Verhandlungen auf langfristige Entschädigung zu verzögern. Die Betroffenen bereiten jetzt eine Klage vor.
Bei der Brandkatastrophe am 11. September 2012 starben 254 Menschen, 55 wurden verletzt. Im Dezember 2012 hatte sich KiK aufgrund des hohen öffentlichen Drucks vertraglich u.a. zu Verhandlungen über langfristige Entschädigungen verpflichtet. Damit soll beispielsweise der dauerhafte Verdienstausfall des Haupternährers einer Familie kompensiert werden. Die Verhandlungen sollten, laut Clean Clothes Kampagne schon vor einem Jahr begonnen haben. Aber KiK verschleppe diese immer wieder. "Bleibt es dabei, müssen juristische Schritte zur Einhaltung des Vertrags folgen," so Michaela Königshofer.
Dabei geht es nicht nur um Geld. "Den Betroffenen geht es um Gerechtigkeit. Sie wollen, dass KiK sich endlich der Verantwortung für seine ausländischen Zulieferbetriebe stellt", sagte Miriam Saage-Maaß vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). "Sollten die Verhandlungen erneut scheitern, sind sie bereit, KiK vor einem deutschen Gericht zu verklagen." Das ECCHR und die Frankfurter Hilfsorganisation medico international unterstützen sechs Familien bei der juristischen Aufarbeitung des Brandes und bei der Vorbereitung einer Klage auf Schadensersatz in Deutschland. Sie trafen sich vergangene Woche in Pakistan mit den Betroffenen, die sich in der Baldia Factory Fire Affectees Association organisiert haben. "KiK wird seine Verpflichtungen nur erfüllen, wenn der öffentliche Druck in Europa nicht nachlässt", sagte Thomas Seibert, Südasien-Koordinator von medico international.
Uwe Keckeritz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, die Brandkatastrophe mache eines deutlich: "Unternehmen müssen Verantwortung für Ihre Lieferketten übernehmen. Notwendig sind verbindliche soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards für die gesamte Wertschöpfungskette. Hier muss die Bundesregierung endlich handeln. Statt sich in Debatten über ein Textilsiegel zu verlieren, muss sie endlich gesetzliche Maßnahmen ergreifen, um den Menschen in den Produktionsländern faire Arbeitsbedingungen zu ermöglichen."
Laut Niema Movassat von DIE LINKE "fährt Entwicklungsminister Müller in dieser Frage zwar verbal einen harten Kurs, doch sein geplantes Textilsiegel für fair gefertigte Bekleidung ist nur Augenwischerei. Es verschleiert, dass auch er nicht bereit ist, gegen die Interessen der deutschen Textillobby die nötigen gesetzlichen Regelungen auf den Weg zu bringen."
Die Tragödien der letzten Jahre haben gezeigt, dass das Gewinnstreben der Unternehmen stärker ist als ihr Verantwortungsbewusstsein. Faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen werden als Wettbewerbsnachteil begriffen. Schutz und Entlohnung der Näherinnen und Näher muss gesetzlich geregelt werden.
Quelle: cleanclothes.org saubere-kleidung.de