Berlin. - Bei der Finanzierung ihrer Entwicklungsversprechen schneiden Geberländer und Entwicklungsländer gleichermaßen schlecht ab. Das zeigt der aktuelle DATA-Bericht der entwicklungspolitischen Lobby-Organisation ONE mit dem Titel "Extreme Armut bekämpfen – Afrikas Zukunft finanzieren", der am Dienstag veröffentlicht worden ist.

Dem Bericht zufolge halten nur wenige Staaten in Afrika südlich der Sahara ihre Investitionsversprechen für Gesundheit, Landwirtschaft und Bildung. Auf der Geberseite lahmt die Entwicklungshilfe: "Seit 2000 haben 250 Milliarden Euro niemals reiche Länder verlassen", konstatiert ONE. Zudem sei eine Reform der Anrechenbarkeitskriterien dringend nötig. "Um sicherzustellen, dass im Jahr 2015 die Armutsbekämpfung entscheidend beschleunigt wird, muss aber eine ausreichende Finanzierung gewährleistet sein, wenn die Vereinten Nationen im September 2015 einen neuen Katalog für nachhaltige Entwicklungsziele beschließen", betonte ONE.

Die Mehrheit der Geberländer hält ihre Zusage, 0,7% des Bruttonationaleinkommens in Entwicklungszusammenarbeit zu investieren, nicht ein, so der ONE DATA-Bericht 2014. Zudem komme nur ein Drittel der Entwicklungshilfe wirklich in den ärmsten Ländern an. Würde der Betrag für die ärmsten Länder verdoppelt, kämen den Ärmsten 22 Mrd. US-Dollar zusätzlich zugute.

Mit Blick auf die anstehende Verabschiedung der Nachhaltigen Entwicklungsziele sagte Andreas Hübers, politischer Referent von ONE: "Wir wollen, dass die Weltgemeinschaft sich nächstes Jahr auf ambitionierte Entwicklungsziele einigt, die den Ärmsten zugutekommen. Wir brauchen aber eine mindestens genauso ambitionierte Strategie, um sie zu finanzieren. Hier müssen Geberländer und afrikanische Staaten eine gleichwertige Rolle spielen und ihre eingegangenen Verpflichtungen einhalten."

Deutschlands Entwicklungsgelder an Afrika sind ONE zufolge im vergangenen Jahr 2013 um 13,9 Prozent gesunken, die Mittel für Subsahara-Afrika sogar um 17,4 Prozent. Insgesamt seien die Mittel für Entwicklungshilfe zwar um 6,6 Prozent gestiegen, trotzdem stagniere Deutschlands Entwicklungsbudget bei einem Anteil von 0,37 Prozent des Bruttonationaleinkommens.

ONE forderte die Bundesregierung erneut auf, die Entwicklungsgelder massiv aufzustocken. Andreas Hübers: "Die Bundesregierung fährt in ihrer Entwicklungspolitik seit Jahren mit angezogener Handbremse. Zurzeit sind für den Entwicklungsetat des Jahres 2015 Erhöhungen von mageren 1,8 Millionen Euro vorgesehen. Tritt die Bundesregierung nicht schnell aufs Gaspedal, wird es im kommenden Jahr höchst bedenklich, weil Deutschland als Gastgeber des G7-Gipfels eine Führungsrolle übernehmen muss."

Besonders unterstreicht Hübers die Bedeutung einer ausreichenden Finanzierung von nachweislich effizienten Gesundheitsprogrammen: "Die beiden erfolgreichsten Programme, um die Gesundheit der Menschen in Entwicklungsländern langfristig zu gewährleisten, die Impfallianz Gavi und der Globale Fonds, sind von Deutschland unterfinanziert. Dem Globalen Fonds werden für das kommende Jahr gerade Kürzungen in Höhe von über einem Fünftel beigebracht. Als Gastgeber der Finanzierungskonferenz der Impfallianz Gavi, die bis heute an die 6 Millionen Leben gerettet hat, muss Deutschland jetzt seinen gemessen an der Wirtschaftskraft fairen Anteil von 100 Millionen Euro aufrufen."

Der ONE-DATA-Bericht weist darüber hinaus auf das "Versagen vieler afrikanischer Staaten" hin, versprochene Investitionen in die Bereiche zu tätigen, die Leben retten und Armut reduzieren. Nur sechs von den 43 untersuchten Ländern südlich der Sahara hätten ihre Finanzierungsziele im Bereich Gesundheit eingehalten und nur acht im Bereich Landwirtschaft. Zwischen 2010 und 2012 hätten zusätzlich 54,8 Mrd. US-Dollar mobilisiert werden können, wenn die Länder ihre Gesundheitszusagen eingehalten hätten.

"Hauptziel der öffentlichen Ausgaben afrikanischer Staaten muss sein, extreme Armut abzubauen", sagte die Afrika-Direktorin von ONE, Sipho Moyo. "Dazu sind Investitionen in Landwirtschaft wichtig, um Wertschöpfungsketten als Grundlage für Beschäftigung und nachhaltige wirtschaftliche Geschäftsmodelle zu schaffen. Ebenso wichtig sind Gesundheitsinvestitionen, um widerstandsfähige Gesundheitssysteme aufzubauen, damit Krisen wie die gegenwärtige Ebola-Epidemie in Westafrika gar nicht erst entstehen können."

ZWEIFELHAFTE ANRECHNUNGSREGELN

Der Bericht analysiert außerdem, wie veraltete Anrechnungsregeln das Volumen der staatlichen Entwicklungshilfe künstlich aufblähen. ONE fordert deshalb eine Reform und Verbesserung der Regeln. Seit dem Jahr 2000 seien 250 Mrd. US-Dollar, ein Sechstel der gesamten Entwicklungshilfe, nicht in Entwicklungsländern gelandet, weil Schuldenerlasse und Geld, das die Geberländer im eigenen Land ausgeben, hinzugerechnet wurden. Strittig sei auch die Anrechenbarkeit von Darlehen an Entwicklungsländer.

ONE fordert striktere Anrechenbarkeitsregeln für Darlehen, die mindestens Schuldenbelastbarkeitskriterien und striktere Konzessionalitätskriterien umfassen müssten. Hätten solche Regeln im Jahr 2012 gegolten, wären 19 Mrd. US-Dollar nicht anrechenbar gewesen. In Deutschland hätten sich nur 21-33 der 96 Darlehen aus dem Jahr 2012 als ODA verbuchen lassen.

Quelle: www.one.org/databericht 


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