brasilien graca fo renun carg 200Brasilia. - Im Zuge der anhaltenden Korruptionsermittlungen gegen ehemalige führende Angestellte des halbstaatlichen Erdölunternehmens Petrobras hat Präsidentin Dilma Rousseff vergangene Woche die gesamte Unternehmensspitze unter Vorsitz ihrer Vertrauten Maria das Graças Silva Foster ausgetauscht. Eine umgehende Neubesetzung des Vorstandspostens erwies sich zunächst als schwierig, weil keiner der Kandidaten für die Nachfolge das Unternehmen in der jetzigen Situation übernehmen wollte, wie Medien berichteten.

Noch zu Jahresbeginn hatte sich die im Oktober wiedergewählte Präsidentin vor Graças Foster gestellt und dieser ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen. Sie könne "keinerlei Anzeichen für Unregelmäßigkeiten im Vorstand von Petrobras erkennen", so Rousseff damals vor Journalisten. Doch scheint der anhaltende Druck auf den Konzern Rousseff zu einer sogenannten vertrauensbildenden Maßnahme getrieben zu haben, um den Markt zu beruhigen. Nun hat die Regierung einen Bankmanager in das Amt berufen. Der Vorsitzende der staatlich kontrollierten Banco do Brasil, Aldemir Bendine, übernimmt den Vorsitz des krisengeschüttelten Erdölunternehmens, wie ein Regierungssprecher am vergangenen Freitag bekannt gab.

Nach wenigen Stunden im Amt kündigte der neue Vorsitzende von Petrobras einen Drei-Punkte-Plan an, um den staatlichen Erdölkonzern gegen die negativen Auswirkungen des bisher "größten Korruptionsskandals des Landes abzuschirmen".

Angesichts sinkender Aktienwerte habe die Rückgewinnung von Vertrauen in die Finanzprozesse oberste Priorität. Zuletzt war von einem Unternehmensverlust durch die Korruptionsfälle in Höhe von 88 Milliarden Reais (rund 28 Milliarden Euro) gesprochen worden. Die Regierung hatte die Bilanzen des Wirtschaftsprüfungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC) jedoch eine "Stümperei" genannt und eine Neuberechnung des Verlustes gefordert. Aufgrund der Differenzen hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen zwischen Petrobras und PwC konnte der Bilanzbericht für das letzte Quartal 2014 offiziell nicht vorgelegt werden. Bendine, so berichten die Medien, habe sein Wochenende nun damit verbracht, den 800-Seiten-Bericht zu lesen und die Berechnungsmethoden zu prüfen.

An zweiter Stelle solle der Finanzsektor des Unternehmens gestärkt werden. Ziel sei, den Konzern mit einem "neuen Mix" von Geschäftsmöglichkeiten zu versehen. Das primär Erdöl fördernde Unternehmen solle nach Vorstellung des Bankers seine Investitions- und Kapitalanlagenoptionen erweitern.

An dritter Stelle wolle der neue Amtsinhaber das Unternehmen besser vor den Ermittlungen schützen. Nach Auffassung Bendines habe Petrobras viel Transparenz walten lassen und mit den Ermittlungsbehörden von Bundespolizei und Bundesstaatsanwaltschaft gut zusammengearbeitet.

Wie die Bundespolizei unlängst bekannt gab, werde aktuell gegen 150 Personen und 232 Unternehmen ermittelt. Bis November 2014 waren 60 Personen in Haft. Gegen 161 weitere sind Haftbefehle erlassen worden, wie die Nachrichtenagentur Agência Brasil berichtete. Die Beschuldigten müssten sich wegen Korruption, Drogenhandel, Veruntreuung, Angebotsverzerrung, der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie Verbrechen gegen das Finanzsystem verantworten. Petrobras soll ein Schaden in mehrfacher Milliardenhöhe entstanden sein, weil es bei Ausschreibungen zu Preisabsprachen der Untervertragsnehmer gekommen sei und Scheinfirmen Aufträge für überteuerte Preise übernahmen.

Vergangene Woche geriet auch die regierende Arbeiterpartei (PT) in den Fokus der Ermittlungen, nachdem der frühere Leiter der Abteilung Serviceleistungen von Petrobras, Pedro Barusco, die PT und insbesondere ihren Schatzmeister João Vaccari Neto der Korruption beschuldigt hatte. Bei insgesamt 90 Aufträgen, die der Erdölkonzern zwischen 2003 und 2013 vergeben hat, soll Schmiergeld auch an die PT geflossen sein. Rund 50 Millionen Reais sollen durch die Hände des Schatzmeisters gegangen sein, so Barusco, gegen den die Bundespolizei ermittelt. Bisher konnten die Anschuldigungen nicht bestätigt werden.

(Dieser Artikel ist zuerst auf amerika21.de erschienen. Er wird im Rahmen einer Content-Partnerschaft auf epo.de publiziert.)