infografic mexicoMexiko-Stadt. - Für große Empörung sorgen in Mexiko derzeit die Enthüllungen über Auseinandersetzungen zwischen Bürgerwehren und Bundespolizei am 6. Januar in Apatzingán im mexikanischen Bundesstaat Michoacán, bei denen insgesamt 16 Menschen ums Leben kamen. Laut den Recherchen der unabhängigen Journalistin Laura Castellanos sollen Bundespolizisten sie hingerichtet haben.

Der damalige Zuständige für die Sicherheit in Michoacán, Alfredo Castillo, behauptete nach den Vorfällen, die Bürgerwehrgruppe G-250 sei bewaffnet gewesen und habe sich gegen die Räumung des Rathauses zur Wehr gesetzt, das sie seit einigen Wochen besetzt hatte. Dabei seien zehn Bürgerwehrmitglieder verletzt und weitere 44 festgenommen worden. Etwa drei Stunden später habe die Gruppe mehrere Wagen der Bundespolizei attackiert. Es habe einen Schusswechsel gegeben, bei dem acht Bürgerwehrangehörige von eigenen Mitkämpfern getötet worden seien.

Die Mitglieder der Bürgerwehr G-250 hatten das Rathaus drei Wochen zuvor aus Protest gegen die von Castillo angeordnete Auflösung ihrer Gruppe besetzt. Sie befürchteten, dass sie und ihre Familien dadurch leichte Opfer der Drogenbande Tempelritter werden könnten.

Castellanos ist anhand von 39 Zeugenaussagen, Gesprächen mit Angehörigen der Opfer, mit Mitarbeitern des Krankenhauses, in dem die Verletzten behandelt wurden, mit dem Gerichtsmediziner sowie durch eine Videoaufnahme zu neuen Ergebnissen gekommen.

Demnach seien bei der Besetzung des Rathauses auch Verwandte der Bürgerwehrmitglieder anwesend gewesen. Viele von ihnen seien in der Nacht des Angriffs mit einfachen Stöcken bewaffnet gewesen. Nur sechs Mitglieder der G-250 hätten registrierte Pistolen bei sich gehabt, die sie auf Anordnung ihres Anführers aber nicht eingesetzt hätten. Sie hätten sich den Sicherheitskräften sofort ergeben. Dennoch hätten diese das Feuer auf die Demonstrierenden eröffnet. Der zweite Angriff habe sich ereignet, als die Festgenommenen abtransportiert werden sollten. Weitere Mitglieder der Bürgerwehr und Familienangehörige seien der Polizei in einem Autokonvoi gefolgt, seien jedoch nur mit Stöcken bewaffnet gewesen. Die Bundespolizei habe mehrere Personen gezwungen auszusteigen und habe sie erschossen, wie Augenzeugen bestätigten.

Die Schusswunden seien laut Aussagen des Krankenhauspersonals aus kurzer Distanz zugefügt worden. Gegen die offizielle Version spreche auch der Zustand der Verletzen: Man habe sie stundenlang auf der Straße liegen lassen, anstatt medizinische Hilfe anzufordern. Ein Krankenhaus befinde sich in der Nähe des Tatorts. Ein Chefarzt berichtete, wie Bundespolizisten später den Weitertransport von zwei Schwerverletzten in Spezialkrankenhäuser verhindert hätten, die dann ihren Verletzungen erlagen.

Wie die "Neue Zürcher Zeitung" am Montag berichtete, habe die Nationale Sicherheitskommission, der die Bundespolizei unterstellt ist, eingestanden, dass es in Apatzingán "zu einem übertriebenen Einsatz von Gewalt und zu Machtmissbrauch" seitens der Polizei gekommen sei.

Infografik: educaoaxaca.org

(Dieser Artikel ist zuerst auf amerika21.de erschienen. Er wird im Rahmen einer Content-Partnerschaft auf epo.de publiziert.)


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