Washington. - Die Weltbank versucht weiter, elementare Schutzstandards für Umwelt und Millionen betroffene Menschen zu verwässern. Das hat die Umwelt-und Menschenrechtsorganisation urgewald und 18 weitere Organisationen am Mittwoch kritisiert. Am Dienstagabend hat die global einflussreichste Entwicklungsbank den zweiten Entwurf des "Environmental & Social Safeguards Framework" veröffentlicht. Statt wie bisher verbindliche Regeln vorzuschreiben, sollen die Standards in Zukunft weitgehend in das Ermessen der Nehmerländer fallen.
"Die Bank versucht, über 30 Jahre erkämpfte Schutzstandards für die ärmsten Menschen der Welt über Bord zu werfen", kommentierte Korinna Horta, Weltbank-Expertin bei urgewald.
An vielen Stellen zeige der Text Schwächen. Beispiel Menschenrechte: Weiterhin weigert sich die Weltbank, bei Großstaudämmen und anderen hochriskanten Projekten zu prüfen, ob diese zu Menschenrechtsverletzungen beitragen oder sie verschärfen. Das gleicht gilt in Bezug auf Sicherheitskräfte: Die Bank schlägt, laut urgewald vor, die Anwendung von "präventiver" Gewalt durch staatliche oder private Sicherheitskräfte in Nehmerländern zu erlauben. Beispiel Konsultation: Die bisherige Praxis, betroffene Gemeinden bei riskanten Projekten vorab über mögliche Auswirkungen zu informieren und zu konsultieren, soll wegfallen.
Der Entwurf sieht vor, dass der Aufsichtsrat der Weltbank Projekte absegnen darf, die Menschen von ihrem Land vertreiben, auch wenn kein Umsiedlungsplan und kein Budget für Ausgleichszahlungen vorliegen. Damit drohe Millionen Menschen ein Leben in Armut, wenn ihre Lebensgrundlagen ersatzlos zerstört werden, warnte Oxfam. "Die Weltbank steht bereits heute schlecht da, wenn es um den Schutz von Landrechten von Gemeinden geht, wie selbst interne Prüfungen der Weltbank belegen. Statt dies zu ändern, treibt sie Millionen Menschen weiterhin in die Armut und verschärft Ungleichheit. Das ist skandalös“, kritisierte Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale.
Bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen etwa für indigene Gemeinden oder empfindliche Ökosysteme vertraue die Bank auf ein verantwortliches Verhalten und ein Monitoring der Regierungen der Nehmerländer. Dabei sind diese, laut urgewald immer wieder selbst Auslöser für die Probleme. "Wenn die Weltbank so komplexe Probleme wie Armut, Klimawandel, Entwaldung und Artenschwund ernsthaft angehen will, darf sie sich nicht so einfach aus der Verantwortung ziehen. Schwache Standards erhöhen vielleicht den Kapitalabfluss, aber tun nichts für den Schutz von Umwelt und Mensch, die im Zentrum ihrer Entwicklungsziele stehen sollten", sagte Horta. Der Entwurf stehe zudem in scharfem Widerspruch zum Versprechen von Weltbank-Präsident Jim Yong Kim, keine Verwässerung bestehender Standards zuzulassen.
Den ersten Entwurf für die Überarbeitung der "Safeguards" gab die Bank im Juli 2014 heraus. Schon dieser Text enthielt eine massive Verwässerung von Schutzstandards. Die neuen Standards sollen bis zum Jahresende verabschiedet werden.
=> World Bank Safeguards Entwurf vom 4. August 2015
=> Reaktionen der Zivilgesellschaft
Quelle: urgewald.org | oxfam.de