Bogotá. - Das am 23. September von der Regierung Kolumbiens und der Gruppe Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc) geschlossene Abkommen wird vielfach als "historischer Moment" bezeichnet. Die Bewertungen fallen jedoch unterschiedlich aus. Das Lateinamerika-Portal amerika21 hat diese am Dienstag analysiert.
Die Delegationen der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos und derFarc hatten sich auf die Schaffung einer Übergangsjustiz geeinigt. Damit wurden Regelungen für eine Strafverfolgung und Amnestie für die Beteiligten am bewaffneten Konflikt vereinbart. Santos und der Oberkommandierende der Farc, Timoleón Jiménez, verabredeten zudem, dass die Friedensgespräche bis März 2016 zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden sollen.
Massive Kritik an dem Abkommen übte Kolumbiens Ex-Präsident Álvaro Uribe. Er warf Santos noch am Tag der Unterzeichnung vor, "neue Gewalt zu erzeugen", indem er den "Verbrechern der Farc" Straflosigeit gewähre, falls sie ihre Taten gestehen. Ähnlich reagierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Sie erklärte, das Abkommen lasse "tausende Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen das Humanitäre Völkerrecht rechtlos zurück", da "die Verbecher der Farc keine wirklichen Strafen" bekämen.
Die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) begrüßte die Einigung und sieht sie als "Grundlage für Friedensprozesse auf dem Kontinent unter Berücksichtigung der Erklärung Lateinamerikas und der Karibik zur Friedenszone von Januar 2014“. Die kolumbianische Botschafterin bei den Vereinten Nationen, María Emma Mejía, berichtete, das Abkommen sei in den UN "wohlwollend" aufgenommen und als ein "Mechanismus, der auch als Beispiel für andere Konflikte auf der Welt dienen könne" gelobt worden.
Auch deutsche Parlamentarier äußerten sich zu dem Abkommen. Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, wies darauf hin, dass eine Bedingung für den Frieden sei, "dass kolumbianischen Militärs sich zu einer vollständigen Aufklärung von Menschenrechtsverbrechen verpflichten muss".
Die Einrichtung einer Wahrheitskommission sei "oberstes Gebot". Tom Koenigs, Beauftragter des Bundesaußenministers zur Unterstützung des Friedensprozesses und Mitglied der Partei Die Grünen, hob hervor, dass "Deutschlands den Prozess der Aufarbeitung der gewalterfüllten Vergangenheit Kolumbiens mit seinen Erfahrungen unterstützen kann". Er warnt in einer Pressemitteilung vor Störmanövern, die den Weg zum Frieden beeinträchtigen könnten und lobt den Mut der Unterzeichner in Havanna.
Quelle: amerika21.de