oxfamBerlin. - Flüchtlinge, die auf ihrem Weg nach Europa durch Bulgarien gekommen sind, berichten von Misshandlungen durch bulgarische Polizeibeamten entlang der Grenzen und in Aufnahmeeinrichtungen. Dies belegt der mit Unterstützung von Oxfam veröffentlichte Bericht "Safe Passage" der serbischen Nichtregierungsorganisation "Belgrader Zentrum für Menschenrechte", der auf Interviews mit über 100 Geflüchteten im serbischen Dimitrovgrad basiert, wo täglich etwa 200 Flüchtlinge aus Bulgarien ankommen.

Die vor allem aus Afghanistan, Syrien und dem Irak stammenden Flüchtlinge berichten von Erpressung, Raub, Körperverletzung, Abschiebedrohungen und Attacken von Polizeihunden. Die Mehrzahl der Übergriffe ereignete sich nahe der türkischen Grenze. Alle Befragten sprachen von Misshandlungen durch die bulgarische Polizei - außer jenen, die überhaupt nicht in Berührung mit Sicherheitskräften gekommen sind.

Oxfam und das Belgrader Zentrum für Menschenrechte fordern die bulgarischen Behörden auf, den Vorwürfen nachzugehen und sicherzustellen, dass alle Sicherheitsbeamten die international gültigen Standards für die Behandlung von Flüchtlingen einhalten.

Der Bericht dokumentiert unter anderem folgende Vorfälle:

  • Eine Gruppe von ungefähr zehn Flüchtlingen beobachtete, wie ein bulgarischer Polizeibeamter eine Schusswaffe an die Stirn eines anderen Flüchtlings presste; andere Flüchtlinge hätten bewusstlos auf dem Boden gelegen. Die Gruppe bekam Angst und versuchte sich zu verstecken. Polizisten griffen sie auf, schlugen sie und nahmen ihnen ihre Wertsachen, Essen und Trinken ab. Später, an der Grenze zu Serbien, hetzten Polizisten Hunde auf sie und einige Flüchtlinge berichteten, dass sie Schüsse gehört hätten. Sieben Personen aus der Gruppe seien verschwunden und die anderen hätten seither nichts mehr von ihnen gehört.
  • Zwei afghanische Männer berichten, dass Polizeibeamte auf sie geschossen hätten, um sie an der Flucht zu hindern; zwei Personen aus der Gruppe seien dabei verletzt worden.
  • Eine Gruppe von sieben minderjährigen Flüchtlingen berichtet, dass sie von sechs bulgarischen Polizisten aufgegriffen und von ihnen mit Waffen und Hunden bedroht worden seien, damit sie wieder auf die türkische Seite der Grenze zurückgehen. Siebzehn Flüchtlinge aus der Gruppe, mit der sie unterwegs waren, konnten fliehen, während fünfzehn gefangen genommen wurden; einer Person wurde ins Bein geschossen.
  • Ein afghanischer Mann Mitte zwanzig wurde von Polizisten mit einer Pistole brutal geschlagen.

Nikolina Milic vom Belgrader Zentrum für Menschenrechte sagte dazu: "Die geschilderten Übergriffe haben sich während der vergangenen fünf Monate ereignet. Der Landweg über Bulgarien wird bisher im Gegensatz zu den Meeresrouten kaum von Medien und Öffentlichkeit beachtet. Der vorliegende Bericht will dies ändern und Licht auf die ungeheuerlichen Vorgänge in Bulgarien werfen. Die Schwere und Häufigkeit der dortigen Misshandlungen von Menschen, die auf der Flucht vor Krieg und Armut sind, ist schockierend und für einen EU-Mitgliedsstaat völlig inakzeptabel. Wir verlangen eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge in Bulgarien, und wir fordern die bulgarische Regierung auf, die Übergriffe uneingeschränkt zu verurteilen."

Stefano Baldini, Oxfams Länderdirektor in Bosnien fügte hinzu: "Flüchtlinge müssen menschenwürdig behandelt werden. Sie haben das Recht auf Schutz und Zuflucht und dürfen nicht Gewalt und Fremdenfeindlichkeit erfahren. Wenn sich die in dem Bericht gesammelten Anschuldigungen bestätigen, fordern wir die Europäischen Union auf, wirksame Maßnahmen zur Gewährleistung der Menschenrechte innerhalb ihrer Grenzen zu ergreifen."

=> Oxfam: "Safe Passage"

Quelle: oxfam.de


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