Nairobi. - Trotz zähen Verhandlungen ist es den Handelsministern der 164 WTO-Mitgliedsländer nach Einschätzung von Germanwatch gelungen, eine neue Krise der Organisation zu verhindern. Die entwicklungspolitische Organisation hat vor allem begrüßt, dass die Exportsubventionen für landwirtschaftliche Güter - mit Ausnahmen - mit sofortiger Wirkung verboten wurden. Uwe Kekeritz, der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen kritisierte die Ergebnisse des WTO-Treffens und schätzt die Zukunft der WTO als ungewiss ein.
"Die Ausnahmereglungen für Milch und vor allem Schweinefleisch sind ein Wermutstropfen in dieser guten und längst überfälligen Entscheidung", so Tobias Reichert von Germanwatch. "Vor allem dass die Ausnahme für Schweinefleisch noch in der letzten Nacht der Verhandlungen hinzugefügt wurde, gibt Anlass zur Besorgnis. Anscheinend will sich die EU hier in den nächsten fünf Jahren doch noch ein Hintertürchen offen halten."
Keine Einigung konnten die WTO-Mitglieder darüber erzielen, ob die Verhandlungen der Doha-Runde für die ausstehenden Themen wie allgemeine Agrarsubventionen und Marktzugang für Industriegüter der Doha-Agenda fortgesetzt werden sollen. Die große Mehrheit der Entwicklungsländer fordert dies, während die großen Industriestaaten die ausstehenden Themen in einem "neuen Ansatz" verhandeln und - noch wichtiger - die Verhandlungen auch für zusätzliche Themen öffnen wollen. In der Ministererklärung wird dieser Dissens offen dargestellt und die Verhandler damit beauftragt, Wege zu finden, wie die Verhandlungen fortgesetzt werden können.
Kekeritz kritisierte: “Hauptstreitpunkt sind nach wie vor die Agrarsubventionen, die sich auf jährlich mehrere Hundert Milliarden Dollar summieren. Aber anstatt die Subventionen der westlichen Agrarwirtschaft insgesamt auf die Tagesordnung zu nehmen, wurden nur die sogenannten Exportsubventionen zur Diskussion gestellt, die in Kairo auch zum Teil abgeschafft wurden. Hierbei geht es allerdings nur wenige Hundert Millionen - um "Peanuts" also."
Im Bereich des Baumwollmarktes können die die ärmsten Länder (LDCs) jetzt ihre Baumwolle ohne Zollbelastung in die Industrieländer liefern. Allerdings können die Industrieländer dies verweigern. Auch das sieht Kekeritz als eine Bankrotterklärung der WTO an.
"Die Entwicklungsländer haben dem Druck der USA, EU und Japans widerstanden, umstrittene Themen wie Investitionen und öffentliche Beschaffung wieder auf die WTO-Agenda zu nehmen, und damit der weiteren Deregulierung in der WTO erst einmal einen Riegel vorgeschoben", so Reichert von Germanwatch. "Ob es möglich sein wird, entwicklungspolitisch wichtige Probleme wie die indirekten Exportsubventionen für landwirtschaftliche Produkte oder besseren Schutz der großen Zahl von Kleinbauern gegen stark steigende und nicht nachhaltige Importe zu lösen, ist derzeit nicht abzusehen."
Als zynisch bezeichnet Kekeritz auch die Ergebnisse im Dienstleistungsbereich. Die WTO-Mitglieder dürfen bis 2030 auch den ärmsten Ländern den Marktzugang zu Dienstleistungen öffnen. Allerdings können die ärmsten Länder kaum Dienstleistungen anbieten und die dafür nötigen Visaerleichterung und Arbeitsgenehmigungen wurden nicht akzeptiert.
Die Ergebnisse der WTO zeigten deutlich, dass der Westen die Folgen eines unfairen Handels- und Investitionsregimes immer noch nicht ernst nimmt. "Wenn wir wirklich Fluchtursachen bekämpfen wollen, brauchen wir eine faire Beziehung im Handelsbereich. Handel und Investition müssen endlich als dienende Faktoren der globalen Entwicklung angesehen werden. Ein berechtigtes Gewinnstreben wird niemand ernsthaft anzweifeln, allerdings darf dieser Gewinn nicht durch Verzicht oder Abbau von sozialen, ökologischen, oder menschenrechtlichen Standards erzielt werden."
Quelle: germanwatch.org / uwe-kekeritz.de