Berlin. - Tuberkulose (TB) und HIV sind die weltweit tödlichsten Infektionskrankheiten mit je über einer Million Todesfälle jährlich. 2014 starben laut Weltgesundheitsorganisation 1,5 Millionen Menschen durch TB, wovon 0,4 Millionen Todesfälle aus einer Koinfektion mit HIV resultierten. Anlässlich des Welt-Tuberkulose-Tages (24. März) haben die zivilgesellschaftlichen Netzwerke von Stop-TB Forum, Aktionsbündnis gegen AIDS und DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe auf einen dramatischen Handlungsbedarf hingewiesen.

Nach Jahren der leichten Entspannung ist die Zahl der an Tuberkulose erkrankten Menschen wieder angestiegen, daher müsse die Bundesregierung den deutschen Beitrag zum Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) deutlich erhöhen, um Behandlungsprogramme international zu sichern und auszuweiten.

Auch solle Bundeskanzlerin Merkel sich bei der anstehenden Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation und beim kommenden G7-Gipfel dafür einsetzen,dass konkrete Beschlüsse für besser finanzierte Forschung zu resistenter Tuberkulose gefällt werden.

Die bisherigen Erfolge der Tuberkulosearbeit, dürfe nicht zu Euphorie führen, sagte DAHW-Geschäftsführer Burkard Kömm: "Insgesamt müssen wir leider mehr TB-Kranke verzeichnen. Dabei gilt unsere größte Sorge Menschen, die an resistenten Formen von TB erkrankt sind. Damit sind die meisten Gesundheitssysteme in armen Ländern überfordert."

Besonders dramatisch ist die Situation in den Slums indischer Großstädte: Viele Menschen auf engem Raum, schlechte hygienische Bedingungen sowie Unter- und Mangelernährung begünstigen die Erkrankung. Die Ansteckung wird gefördert durch die hohen, engen Bauten fast ohne Sonnenlicht: UV-Strahlung tötet die Bakterien ab, in dunklen Räumen hingegen verbreiten sie sich ungehindert über die Luft.

Indien ist mit fast 1,7 Mio. registrierten Patienten und geschätzt 2,2 Mio. Erkrankten (davon ca. 250.000 Todesopfern) das Land mit den meisten TB-Opfern weltweit, berichtete DAHW. Die größte Gefahr geht von Therapieabbrüchen aus: 12% aller Patienten beenden die Therapie nicht wie vorgesehen. Als Folge davon entwickeln Bakterien Resistenzen gegen die Medikamente. In Indien sind mehr 70.000 Menschen an multiresistenter TB (MDR-TB) erkrankt, weltweit fast 500.000, davon sind 190.000 gestorben.

Die DAHW geht jetzt in der indischen Millionenstadt Jaipur ganz neue Wege: Mit vernetzten Fingerabdruck-Scannern, angeschlossen über eine App für Smartphones und Tablets und gebündelt in einem zentralen Server, können die Patienten überall in der Stadt die speziell auf ihre Erkrankung abgestimmten Medikamente bekommen und kontrolliert einnehmen. Niemand muss mehr die schwierige Entscheidung zwischen Arbeit und Medikamentenausgabe treffen – eine Entscheidung, die bei Monatslöhnen von umgerechnet 30 Euro in den Slums der wichtigste Grund für den Abbruch einer Therapie ist. Ergänzende medizinische Befunde werden ebenfalls über die App von den Gesundheitskräften eingegeben und zentral gespeichert.

Auch in der WHO-Region Europa breiten sich zudem schwer behandelbare Antibiotikaresistenzen teils rasant aus. "Im globalen Engagement gegen antimikrobielle Resistenzen muss die Bekämpfung resistenter Tuberkuloseerreger eine Schlüsselrolle spielen", so Max Klein vom Stop-TB Forum.

"Bei resistenter Tuberkulose ist die Diagnose aufwendig, viele Antibiotika sind veraltet. Die qualvollen und langwierigen Therapien werden oft abgebrochen oder schlagen fehl. Daher benötigen wir dringend eine stärkere Forschungsförderung." Astrid Berner-Rodoreda vom Aktionsbündnis gegen Aids stellt zudem fest: "Neue Kombinations-Präparate, die sich für TB in Entwicklung befinden, müssen letztlich auch bezahlbar sein. Der Medicines Patent Pool ist hier ein wichtiges Instrument, um auch den Zugang zu TB-Medikamenten zu erleichtern. Die Bundesregierung sollte Pharmaunternehmen auffordern, ihre neuen Produkte an den Patentpool zu lizenzieren." Berner-Rodoreda und Klein sind sich zudem einig: "HIV- und TB-Gesundheitsdienste müssen vor Ort integriert arbeiten, um Koinfektionen zeitnah erkennen und behandeln zu können."

Das Stop-TB Forum und das Aktionsbündnis gegen AIDS fordern daher gemeinsam von der deutschen Politik:

1.    Forschung & Entwicklung zu Resistenzen und vernachlässigten Krankheiten stärken

Der Forschungsbedarf im Bereich antimikrobielle Resistenzen ist gewaltig. Für die pharmazeutische Privatwirtschaft erscheint ein Engagement jedoch nicht lukrativ genug. Erhöhte öffentliche Fördermittel und neue Forschungsanreize müssen diese Finanzierungslücken ausgleichen. Dabei geht es um neue Antibiotika aber auch bessere Diagnostik und Präventionsmöglichkeiten wie Impfungen. "Deutschland hat sich 2015 während seiner G7-Präsidentschaft aktiv zu verstärkten Anstrengungen im Bereich Forschung zu antimikrobiellen Resistenzen sowie vernachlässigten und armutsbedingten Infektionskrankheiten bekannt", so Max Klein, "es müssen jetzt konkrete Fortschritte von G7 und Weltgesundheitsorganisation erzielt werden, etwa durch einen internationalen Forschungsfonds zur Koordinierung und Finanzierung der globalen Vorhaben in diesen Forschungsfeldern."

2.    Koinfektionen von TB und HIV weltweit besser bekämpfen

"Damit die Ausbreitung von TB-HIV-Koinfektionen verhindert werden kann, müssen auch die in manchen Regionen stark von TB betroffenen Haftanstalten besser in die öffentliche Gesundheitsversorgung integriert werden", macht Sylvia Urban vom Aktionsbündnis gegen Aids deutlich, "Der Globale Fonds ist ein entscheidendes Instrument, um sozial diskriminierte und gefährdete Menschen mit lebensbewahrenden Gesundheitsdiensten zu erreichen. Seit seiner Gründung konnten über 13 Millionen Menschen eine Behandlung gegen TB erhalten. Die Bundesregierung bezeichnete den GFATM wiederholt als zentrales Finanzierungselement der internationalen Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. Wir erwarten, dass Deutschland diesen Worten nun auch Taten folgen lässt. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation, mindestens 0,1% des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit im Gesundheitsbereich aufzubringen, muss endlich umgesetzt werden! Wir erwarten eine deutliche Erhöhung des deutschen Beitrags für den GFATM bei der Wiederauffüllungskonferenz im Herbst."

Quelle: http://www.dahw.de / http://stop-tb.de


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