Viehherde in Kenia. Foto: KIT

Karlsruhe. - Die Land- und Forstwirtschaft einschließlich Landnutzungsänderungen trägt weltweit bis zu 30 Prozent zum Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bei. In Deutschland war die Landwirtschaft 2013 nach Angaben des Umweltbundesamtes für 6,7 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine Gruppe von Forschern, unter ihnen Professor Klaus Butterbach-Bahl vom Karlsruher Institut für Technologie, hat nun Möglichkeiten der Reduktion von Treibhausgasen aus der Viehhaltung untersucht.

Weltweit stellt die Viehhaltung einen großen und dynamisch wachsenden Sektor dar: Rund 20 Milliarden Tiere beanspruchen etwa 30 Prozent der Landfläche zum Grasen, ein Drittel des Ackerlands dient dem Anbau von Futterpflanzen, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO angibt. Die Viehhaltung stellt bis zu 50 Prozent des landwirtschaftlichen Bruttoinlandsprodukts weltweit.

In den vergangenen 40 Jahren hat sich der Pro-Kopf-Verbrauch von tierischen Produkten global mehr als verdoppelt. Die Produktion ist entsprechend gewachsen, wobei Intensivierung sowie Ausweitung der landwirtschaftlich genutzten Fläche entscheidende Rollen spielen. "Halten diese Entwicklungen an, sind schwerwiegende Umweltauswirkungen zu erwarten, wie fortschreitende Entwaldung und ein deutlicher Anstieg der Treibhausgasemissionen sowie ein Rückgang der biologischen Vielfalt", sagt Professor Klaus Butterbach-Bahl, Leiter der Abteilung Bio-Geo-Chemische Prozesse am Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des KIT und einer der Autoren des nun in Nature Climate Change veröffentlichten Papers.

Die Forscher schätzen, dass die weltweite Viehhaltung zwischen 1995 und 2005 verantwortlich für Treibhausgasemissionen von jährlich 5,6 bis 7,5 Gigatonnen CO2-Äquivalenten verantwortlich war. Mit CO2-Äquivalenten lässt sich das Treibhauspotenzial einer Substanz oder Aktivität angeben; als Vergleichswert dient Kohlenstoffdioxid (CO2), das bedeutendste Treibgas. Die wichtigsten Emissionen aus der Viehhaltung sind Methan (CH4), verursacht von Wiederkäuern durch Fermentation bei der Verdauung sowie Lachgas (N2O) durch Futtermittelproduktion und Nutzung von Land zum Futtermittelanbau oder als Weidefläche. In Deutschland stammten nach Angaben des Umweltbundesamtes 2013 rund 54 Prozent der gesamten Methan- Emissionen und über 77 Prozent der Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft.

"Um zu verstehen, wie sich die Emissionen aus der Viehhaltung entwickeln und künftig verringern lassen, müssen wir Möglichkeiten auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite einbeziehen", so Butterbach-Bahl. Die Forscher untersuchten daher das Emissionsminderungspotenzial technischer und betriebswirtschaftlicher Maßnahmen in der Landwirtschaft, der Intensivierung der Viehhaltung sowie der Senkung der Nachfrage nach tierischen Produkten. Klaus Butterbach-Bahl führte für das Paper eine Literaturstudie zu vorangegangen Arbeiten durch und evaluierte Möglichkeiten zur Verminderung der Treibhausgasemissionen bei Tierhaltung. Bei seinem Forschungsaufenthalt am Internationalen Livestock Research Institute (ILRI) in Nairobi/Kenia baute er ein Umweltlabor zur Quantifizierung des Treibhausgasfußabdrucks von Tierhaltungssystemen in Afrika auf.

Ein Ergebnis der Forscher: Maßnahmen wie Futterzusätze, besser verdauliche Futtermittel, eine effizientere Verwendung von Wirtschaftsdünger wie Dung sowie Kohlenstoffbindung in Böden von Graslandschaften durch nachhaltige Beweidung können nach Einschätzung der Autoren des Papers die Treibhausgasemissionen um 0,01 bis 0,5 Gigatonnen CO2-Äquivalente pro Jahr reduzieren. Die Steigerung der Produktivität von Tieren, Acker- und Weideland kann den Treibhausgasausstoß direkt verringern, sich aber auch indirekt positiv auswirken, indem sie landwirtschaftliche Flächen einsparen und Entwaldung vermeiden hilft.

Die Verringerung der Nachfrage nach Fleisch und Milch kann ebenfalls erheblich zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen. So erfordert die Produktion von Rinderprotein durchschnittlich 50-mal so viel Land und verursacht 100-mal so viel Treibhausgasemissionen wie die Produktion von Pflanzenprotein. Erreichen lässt sich eine geringere Nachfrage beispielsweise durch Änderung der Preise zugunsten von Nahrungsmitteln, deren Herstellung geringe Emissionen verursacht oder durch eine bewusste Änderung der Ernährung angesichts der mit Tierproduktion oft verbundenen Umweltbelastungen.

Insgesamt könnten Maßnahmen in der Viehhaltung die Treibhausgasemissionen aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Flächennutzung um bis zu 50 Prozent reduzieren, so die Forscher. Was die angebotsseitigen Maßnahmen betrifft, erkennen die Wissenschaftler ein aus technischer Perspektive hohes Potenzial, stellen aber fest, dass dieses sich nur zu rund zehn Prozent zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen verwirklichen lässt. Zurückzuführen ist das auf Einsatzbeschränkungen, Kosten und gegenläufige Abhängigkeiten. Maßnahmen auf der Nachfrageseite besitzen großes Potenzial, das sich aus ökonomischer Perspektive allerdings noch nicht quantifizieren lässt. "Um die Anwendbarkeit und Erschwinglichkeit der technischen und betriebswirtschaftlichen Maßnahmen zu verbessern und negative Auswirkungen auf Existenzgrundlagen, wirtschaftliche Aktivitäten und die Umwelt zu vermeiden, bedarf es dringend weiterer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten", sagt Klaus Butterbach-Bahl.

Foto: Wiederkäuer, wie diese Ziegen in Kenia, sind für den größten Teil der Methan-Emissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich. © Klaus Butterbach-Bahl/KIT

Quelle: www.kit.edu 


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