urgewald neuKarlsruhe. - Am Dienstag hat die Umwelt und Menschenrechtsorganisation urgewald anlässlich der Hauptversammlung des Energiekonzerns EnBW darauf aufmerksam gemacht, dass der Konzern noch immer umfangreiche Geschäfte mit Kohlelieferanten macht. Und denen werden schwerste Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

urgewald-Geschäftsführerin Heffa Schücking kommentierte: "Wir begrüßen es, dass die EnBW als erster Energieversorger konkrete Bezugsmengen für einzelne Kohlelieferanten offenlegt, doch genau diese Zahlen sind erschreckend. Ausgerechnet bei den umstrittenen Lieferanten Drummond (USA) und Prodeco/Glencore (Schweiz) hat die EnBW im Jahr 2015 über 1,5 Millionen Tonnen kolumbianische Steinkohle eingekauft. Dabei gibt es zahlreiche vereidigte Aussagen ehemaliger Paramilitärs, dass diese Unternehmen über viele Jahre paramilitärische Verbände finanziert und mit diesen zusammengearbeitet haben. In der kolumbianischen Kohleregion Cesar haben diese Paramilitärs Hunderte Menschen verschleppt, Tausende ermordet und Zehntausende vertrieben."

Die von EnBW veröffentlichten Zahlen sind für urgewald umso überraschender, als der Konzern die Vorwürfe seit Jahren kennt und im März 2015 sogar gemeinsam mit verschiedenen NGOs nach Kolumbien reiste, um sich genauer zu informieren. Weil dies nicht zu einem Sinneswandel geführt hat, möchte Maira Mendez, Tochter des 2001 von Paramilitärs ermordeten Kohle-Gewerkschafters Candido Mendez, die EnBW bei der Aktionärsversammlung zur Rede stellen: "Ich bin sehr enttäuscht, dass die EnBW weiterhin in großem Stil Kohle von diesen Unternehmen kauft, obwohl sie die Opfer der Menschenrechtsverletzungen und ihre Anliegen komplett ignorieren. Noch immer werden Gewerkschafter bedroht und entlassen, werden Opfer, die um ihr Land kämpfen, verklagt. Noch immer warten wir auf Anerkennung und Gerechtigkeit", so Mendez.

Andere Energieversorger handeln deutlich konsequenter. So strich der Energieversorger DONG Energy aus Dänemark Drummond schon vor zehn Jahren von der Lieferantenliste. Ende 2015 wurden auch die Geschäftsbeziehungen zu Prodeco/Glencore ausgesetzt. Intensive eigene Recherchen hatten ergeben, dass Prodeco/Glencore die Anforderungen an eine verantwortungsvolle Beschaffung nicht erfüllt. Das Unternehmen wurde aufgefordert, umfangreiche Maßnahmen zu ergreifen, bevor man wieder Geschäftsbeziehungen aufnehmen könne. Dabei hatte DONG Energy auch explizit die Situation der Opfer von Menschenrechtsverletzungen benannt.

"Von einem Energiekonzern in öffentlicher Hand wie der EnBW erwarten wir viel weitreichendere und konsequentere Schritte, wenn es um den Schutz von Menschenrechten in seiner Lieferkette geht. Die im letzten Jahr vom Konzern verabschiedeten ‚Leitsätze für eine verantwortungsvolle Beschaffung‘ sind aber offenbar nur ein Feigenblatt für ‚business as usual‘. EnBW sollte sich an DONG Energy ein Beispiel nehmen und Blutkohle konsequent ausschließen. Herr Mastiaux muss endlich handeln", so Schücking.