gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Mittwoch die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission in Nigeria gefordert. Hintergrund ist der gewaltsame Tod von mindestens 35 Biafranern im Südosten Nigerias, die bei der blutigen Niederschlagung von Protesten durch Polizei und Militär am Montag ums Leben gekommen waren.

"Es muss von unabhängiger Seite geklärt werden, wer die Verantwortung für den Einsatz von scharfer Munition trägt und aus welchem Grund auf die Demonstranten geschossen wurde", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen. "Sollte Nigerias Parlament nicht zur Untersuchung der Vorfälle bereit sein, dann werden wir das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen bitten, die Hintergründe der tödlichen Eskalation zu klären. Denn Straflosigkeit wird nur neue Gewalt in Biafra schüren. Eine unabhängige Untersuchung ist dringend erforderlich, um angesichts äußerst unterschiedlicher Darstellungen der Vorfälle die Fakten zu klären und Verantwortliche zu benennen."

Während das Militär seinen harten Einsatz mit der Selbstverteidigung seiner Soldaten rechtfertige und nur den Tod von zehn Personen einräume, so die GfbV, behaupteten Biafra-Aktivisten, bei einem unangemessenen Einsatz der Sicherheitskräfte habe es 35 Tote, 207 Verletzte und 403 Festnahmen gegeben. Die Katholische Bischofskonferenz Nigerias (CBCN) hat das Argument der angeblichen "Selbstverteidigung" der Sicherheitskräfte bereits zurückgewiesen und erklärt, die Tötungen könnten auch nicht durch eine noch so große Provokation gerechtfertigt werden.

Hintergrund der Proteste waren laut GfbV Feiern zum 49. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Biafras von Nigeria am 30. Mai 1967. Aktivisten hatten in ganz Biafra zu Gebetsveranstaltungen in Kirchen und zu öffentlichen Demonstrationen aufgerufen, an denen tausende christliche Biafraner teilnahmen. Sicherheitskräfte seien auch in Kirchen eingedrungen, um Proteste niederzuschlagen und Demonstranten festzunehmen, berichteten Augenzeugen. Die schlimmsten Vorfälle ereigneten sich in der Stadt Onitsha im Bundesstaat Anambra. Dort seien mindestens 30 Menschen zu Tode gekommen.

Zwischen Dezember 2015 und Mitte Mai 2016 waren mehr als 30 Demonstranten in Biafra bei massiven Einsätzen der Sicherheitskräfte getötet worden. "Nach dieser erneuten Gewalteskalation dürfen die Verantwortlichen nicht straflos bleiben" forderte Delius, "denn sonst droht der Südosten Nigerias im Jahr 2017, wenn sich der Beginn des Völkermords in Biafra zum 50. Mal jährt, in Gewalt zu versinken."

Quelle: www.gfbv.de