fianKöln. - Vier Jahre nach dem Massaker von Marina Kue (Paraguay), bei dem elf Bäuerinnen und Bauern sowie sechs Polizisten starben, hat noch immer keine unabhängige Untersuchung stattgefunden. Die Verbrechen gegen die BäuerInnen bleiben somit weiter ungesühnt. Die Menschenrechtsorganisation FIAN hat dies kritisiert und an die deutsche Bundesregierung appelliert, sich für eine umfassende Aufklärung des Verbrechens einzusetzen.

"Wir fordern die Bundesregierung auf, gegenüber der paraguayischen Regierung auf eine umfassende Untersuchung des Vorgangs zu insistieren", erklärte Almudena Abascal, Lateinamerikaexpertin von FIAN Deutschland. "Paraguay muss seine internationalen Verpflichtungen einhalten und eine angemessene Entschädigung der Opfer und ihrer Angehörigen gewährleisten!". FIAN Deutschland appellierte auch an den paraguayischen Staat, ein rechtsstaatliches Verfahren gegen die angeklagten BäuerInnen sicherzustellen.

Am 15. Juni 2012 hatte die Polizei in Paraguay versucht, eine Landbesetzung in Marina Kue in der nördlichen Provinz Curuguaty aufzulösen. Dabei starben elf Bauern und sechs Polizisten. Nach fragwürdigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die ausschließlich den Tod der Polizisten untersucht habe, so FIAN, seien 11 BäuerInnen am 27. Juli 2015 wegen versuchten Totschlags, Landfriedensbruchs und Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt worden. Die Umstände der übrigen Todesfälle seien ebenso wenig untersucht worden wie Folter und andere Misshandlungen während der Polizeihaft der BäuerInnen. Das Gerichtsverfahren gegen die BäuerInnen steht kurz vor dem Abschluss.

FIAN Deutschland hat in den vergangenen vier Jahren mehrfach Besorgnis bezüglich der Parteilichkeit der paraguayischen Justiz ausgedrückt. Derweil verschärfe sich die Lage von MenschenrechtsverteidigerInnen in Paraguay weiter, insbesondere im Rahmen von Landkonflikten. Der unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt seitens der Polizei, die Straflosigkeit staatlicher Übergriffe, die Nicht-Einhaltung von rechtsstaatlichen Standards bei der juristischen Verfolgung der Land-BesetzerInnen von Marina Kue und die Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern habe Signalwirkung für alle Menschen, die ihr Recht auf Land einfordern. Zugleich zeige der Fall exemplarisch die Macht von Großgrundbesitzern und Agrobusiness-Lobby in Paraguay.

Paraguay hat nach Angaben von FIAN die höchste Landkonzentration in Südamerika: 2,6% der Bevölkerung kontrollieren 85,5% des Landes, während 91,4% der Bevölkerung nur 6% des Landes zu Verfügung steht. Landkonflikte stellen das größte soziale Konfliktpotential in Paraguay dar. Obwohl das Recht auf Land in der Verfassung von 1992 verankert ist, seien kaum öffentliche Programme in die Wege geleitet worden, um dieses Recht umzusetzen, kritisierte FIAN. Landlose hätten nur in Ausnahmefällen und nur aufgrund politischen Drucks neue Ländereien zugestanden bekommen; Landbesetzungen seien hierbei die wirkungsvollste Strategie gewesen.

Quelle: www.fian.de 


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