fianKöln. - Am 18. August jährt sich zum fünfzehnten Mal die gewaltsame Vertreibung von 4.000 Menschen durch die ugandische Armee zugunsten der Kaweri Coffee Plantation Ltd. in Uganda. FIAN Deutschland hat die Bundesregierung aufgefordert, sich gegenüber der Regierung Ugandas für eine umfassende Entschädigung und Wiederherstellung der Rechte der Vertriebenen einzusetzen, wie dies der Sozialausschuss der Vereinten Nationen im Juni 2015 empfohlen hat.

Die Plantage gehöre zur Hamburger Neumann Kaffee Gruppe, und die Vertriebenen kämpften bis heute um Entschädigung für den Verlust ihres Besitzes und um die Wiederherstellung ihrer Rechte, erklärte FIAN. Vom 18. bis zum 21. August 2001 habe die ugandische Staatsarmee die vier Dörfer Kitemba, Luwunga, Kijjunga und Kiryamakobe im Bezirk Mubende dem Erdboden gleich gemacht. Die Regierung habe das Land an die Kaweri Coffee Plantation Ltd. verpachtet, eine Tochterfirma der Hamburger Neumann Gruppe GmbH.

Die Soldaten walzten FIAN zufolge mit Bulldozern Häuser nieder, zündeten Viehställe an und plünderten Lebensmittelvorräte. Die rund 4.000 Bewohner mussten während der Regenzeit schutzlos und ohne angemessenen Zugang zu Trinkwasser in den umliegenden Wäldern kampieren. Einige Vertriebene seien an den Folgen der gewaltsamen Vertreibung gestorben. Grundschüler hätten ein Jahr lang nicht zur Schule gehen können, da die Kaweri Coffee Plantation die Grundschule in Kitemba zu ihrem Verwaltungssitz umfunktioniert habe und eine neue Schule erst ein Jahr später gebaut worden sei. "Infolge der gewaltsamen Vertreibung werden die sozialen Menschenrechte der Vertriebenen bis heute vielfach verletzt", so FIAN-Referentin Gertrud Falk. FIAN unterstützt den Kampf der Betroffenen seit 2002.

Rund die Hälfte der Vertriebenen kämpft seit dem Gewaltakt mit friedlichen Mitteln für eine Wiedergutmachung. Unter anderem verklagten die Geschädigten die ugandische Regierung und die Kaweri Coffee Plantation. Das Verfahren werde jedoch verschleppt, so FIAN: Erst im März 2013 – elf Jahre nach Einreichung der Klage - habe das Hohe Gericht in Kampala ein erstes Urteil gefällt und den Vertriebenen Entschädigungszahlungen von umgerechnet elf Millionen Euro zugesprochen. Das Unternehmen habe hiergegen jedoch Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren werde weiter verzögert, weswegen die Kläger bis heute die Entschädigungssumme nicht erhalten hätten.

"Das Menschenrecht der Betroffenen auf Zugang zu juristischen Verfahren wird durch die unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer massiv verletzt", sagte Gertrud Falk. Dies habe im Juni 2015 auch der UN-Sozialausschuss in seinen abschließenden Bemerkungen zur Lage der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte in Uganda festgestellt. Der Ausschuss habe den ugandischen Staat aufgefordert, sicherzustellen, dass die Rechte der Vertriebenen wieder hergestellt werden.

Die Bundesregierung habe sich in dem Fall bisher einseitig auf die Seite der Neumann Kaffee Gruppe gestellt, so FIAN, zum Beispiel in der Abschlusserklärung der Nationalen Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und in einem Brief des ehemaligen Entwicklungsministers Dirk Niebel an FIAN Deutschland.

Der auf der Plantage gezahlte Tageslohn in Höhe von umgerechnet 0,95 Euro liegt laut FIAn unter der von der Weltbank definierten Armutsgrenze von 1,25 US-Dollar (1,12 Euro). Laut Aussagen von Vertriebenen zahlen Bauern in der Region ihren Landarbeitern eine Tagessatz von 1,31 €. "Unsere Recherchen haben ergeben, dass viele Vertriebene bis heute weder ausreichenden Zugang zu Land noch zu Arbeitseinkommen haben, um sich und ihre Familien selbst zu versorgen", so Falk. "Insbesondere ältere Frauen und Kinder leiden weiterhin unter Hunger und Mangelernährung."

Nach Ansicht von FIAN zeigt der Fall exemplarisch, dass die Bundesregierung dringend gesetzliche Möglichkeiten schaffen muss, deutsche Mutterkonzerne für die Beteiligung ihrer im Ausland registrierten Tochterfirmen an Menschenrechtsverletzungen zu verklagen. Diese Möglichkeit stehe den Vertriebenen der Kaweri Coffee Plantation bislang nicht offen. "Deutschland verletzt damit seine extraterritorialen Staatenpflichten", erklärte Falk.

Quelle: www.fian.de 


Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.