Köln/Berlin/München (epo). - Massive Vorwürfe gegen den Vorstand der Siemens AG haben der Dachverband der Kritischen Aktionäre und die entwicklungspolitische Organisation WEED für die Hauptversammlung des Unternehmens am Donnerstag in München angekündigt. Die NGOs werfen der Konzernspitze vor, sie habe Angehörige des Betriebsrats bespitzelt, engagiere sich bei umweltzerstörenden Großstaudamm-Projekten und setze nach wie vor auf gefährliche Technologien im Bereich der Atomindustrie.
"Nach jahrelangen Arbeitsrechtskonflikten um 2.500 Entlassungen im Siemens-Betrieb München Hofmannstraße wurde Ende 2005 bekannt, dass der Sicherheitsdienst der Firma 70.000 Computerdateien des Betriebsrats illegal ausgewertet hat", erklärte der Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionäre, Henry Mathews. "Ein Vorstand, der die Bespitzelung von Arbeitnehmervertretern verantwortet, darf von den Aktionären nicht entlastet werden", fordert Mathews.
"Seit Februar 2005 errichten Siemens und die französische Framatome in Finnland einen Europäischen Druckwasserreaktor", sagte Mathews weiter. "Dieser erste Neubau eines Atomkraftwerks in Europa seit der Tschernobyl-Katastrophe setzt Leben und Gesundheit von Millionen Menschen aufs Spiel. Die Siemens-Aktionäre sollten den Vorstand wegen des Festhaltens an diesem Geschäftsfeld abstrafen."
Auch im Jahre 2005 habe Siemens überdies eine "aggressive Staudammpolitik" betrieben und bemühe sich um Aufträge, die massive ökologische und soziale Auswirkungen haben werden, kritisierte WEED-Sprecherin Heike Drillisch. Die österreichische Siemens-Tochter VA Tech Hydro bzw. Voith Hydro wolle sich an zwei umstrittenen Projekten beteiligen. "Der Ilisu-Staudamm am Tigris im Südosten der Türkei würde nicht nur die derzeitige Lebensgrundlage zehntausender Menschen zerstören, sondern auch unschätzbare Kulturgüter überfluten und zur Verschärfung des Wasserkonflikts in Nahost beitragen. Der 73 Meter hohe Omkareshwar-Damm am indischen Fluss Narmada würde zur Vertreibung von 50.000 Kleinbauern führen und eines der wenigen intakten Waldgebiete Zentralindiens überfluten."
Zudem wenden sich die Kritischen Aktionäre gegen eine geplante Satzungsänderung. "Die Aktionäre sollten keinesfalls ihre eigene Entrechtung beschließen", forderte Mathews. Geplant sei von der Konzernspitze, den Versammlungsleiter bei Hauptversammlungen zu ermächtigen, künftig das Fragerecht der Aktionäre beschneiden zu dürfen.