Berlin. - Die Versorgung asylsuchender Menschen auf den griechischen Inseln und von unbegleiteten Kindern in ganz Griechenland soll Ende des Monats in die Hände der griechischen Regierung übergehen. Ein Zusammenschluss humanitärer Organisationen begrüßt das, warnt aber, dass die griechische Regierung noch immer keinen Fahrplan für die Übergangsphase vorgelegt hat. Unter den Organisationen, die bisher wesentlich die Geflüchteten-Versorgung übernommen haben, wachsen deshalb die Bedenken, dass sich die Lebensbedingungen und der Zugang zu Grundleistungen für die Menschen verschlimmern könnten.
"Obwohl die Verantwortungsübergabe unmittelbar bevorsteht, gibt es noch immer kaum Angaben darüber, wie sie vonstatten gehen soll", sagte Meike Riebau, Rechtsreferentin von Save the Children Deutschland. "Gleichzeitig reduziert die Europäische Kommission bereits ihre Unterstützung für humanitäre Hilfe von Nicht-Regierungsorganisationen. Dadurch kann es zu erheblichen Versorgungsschwierigkeiten der Geflüchteten kommen. Es ist aber europarechtlich vorgegeben, dass Personen im Asylverfahren Zugang zu medizinischer Notfallversorgung haben müssen und Unterkünfte bereitgestellt werden müssen."
"Das Wohl der Geflohenen muss an oberster Stelle stehen", erklärte Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland-Luxemburg. "Wir brauchen eine verantwortungsbewusste Übergabe der Versorgung asylsuchender Menschen. Die Einhaltung des abgestimmten Zeitplans darf nicht dazu führen, dass überlebenswichtige Hilfe wie etwa medizinische Versorgung oder die Verteilung von Lebensmittelgutscheinen schlechter wird oder gar ausfällt."
Ralph Achenbach, Geschäftsführer und Landesdirektor von IRC (International Rescue Committee) Deutschland, betonte: "Diese Übergabe kann ein positiver Schritt sein, wenn er transparent und in enger Zusammenarbeit mit den Organisationen vollzogen wird, die bisher die entsprechende Arbeit geleistet haben. Doch bis heute ist kein nationaler Implementierungsplan veröffentlicht worden, noch haben die Organisationen Informationen darüber erhalten, was die einzelnen Schritte sein werden. Ohne einen klar definierten Plan werden Männer, Frauen und Kinder großen Risiken ausgesetzt."
Auf den griechischen Inseln befinden sich seit der EU-Türkei-Erklärung im März 2016 mehr als 14.000 asylsuchende Menschen. Die NGOs haben dort fast den größten Teil dieser Menschen versorgt, gefördert von der Europäischen Kommission. In zwei Wochen, am 31. Juli, läuft diese Finanzierung aus. Auch innerhalb der Kommission findet eine Änderung statt: Bisher war die Abteilung zuständig, die die humanitäre Hilfe koordiniert (DG ECHO), ab jetzt ist die Abteilung für Inneres (DG Home) verantwortlich. Auch dieser Wechsel bringt aus Sicht der NGOs Unklarheiten mit sich.
Die Bedenken der NGOs gründen auf Erfahrungen mit bereits stattgefundenen Übergabeprozessen. So endete am 30. Mai 2017 der Vertrag mit der Organisation, die im Ankunfts- und Registrierungszentrum von Moria die medizinische Grundversorgung und die Gefährdungsbeurteilung im Rahmen des Asylprozesses durchführte. Die zehn Ärzte der Organisation, die sich in der Einrichtung um mehr als 2000 Menschen kümmerten und gleichzeitig die griechischen Asylbehörden unterstützten, wurden durch nur drei Ärzte mit denselben Befugnissen ersetzt. Nach NGO-Informationen herrschen seitdem sowohl auf Chios als auch auf Lesbos ein Rückstau bei der Beurteilung der Schutzbedürftigkeit und besonderen Bedürfnisse sowie ein fataler Mangel an medizinischer Grundversorgung. Außerdem gebe es einen fortdauernden Mangel an sicheren Unterkünften und alternativen Versorgungseinrichtungen für unbegleitete Kinder.
Quelle: www.savethechildren.de