Brasilia/Hamburg (epo). - Der brasilianische Präsident Luiz Inácio ("Lula")da Silva hat in der vergangenen Nacht per Gesetz 6,4 Millionen Hektar Tropenwaldgebiete im brasilianischen Amazonas-Bundesstaat Pará unter Schutz gestellt. Die Schutzgebiete im Nordosten Brasiliens, die Umweltorganisationen wie Greenpeace immer wieder eingefordert hatten, sind dreimal so groß wie die Fläche Hessens.
Greenpeace begrüßte die Einrichtung weiterer Schutzgebiete im brasilianischen Amazonas-Urwald. Erst vorige Woche hatte Greenpeace den Schutz von 1,8 Millionen Hektar im "Regenwald des Großen Bären" an der kanadischen Westküste feiern können.
"Wir freuen uns riesig über die neuen Schutzgebiete", sagte Martin Kaiser, Waldexperte bei Greenpeace. "Doch der Amazonas-Urwald braucht eine richtige 'Green Wall', einen Wall aus Wald-Schutzgebieten, um langfristig erhalten zu bleiben. Neben den Holzfällern sind es immer mehr Agrarfirmen, die in den Amazonas-Urwald eindringen und ihn abbrennen. Dort bauen sie vor allem Soja an, das wir in Europa an Schweine verfüttern, damit wir mehr Fleisch essen können. Wir essen Amazonien auf. Das muss der Grüne Schutzwall verhindern."
Die Entscheidung von Lula beinhaltet drei verschiedene Arten von Schutzgebieten: 1,6 Millionen Hektar sollen laut Greenpeace dauerhaft geschützt werden. Dort dürfen keine Bäume abgesägt oder verbrannt werden. Auf weiteren 2,8 Millionen Hektar soll die Waldnutzung zwar erlaubt sein, aber nur mit ökologischen und sozialen Auflagen. Für zwei Millionen Hektar sollen klare Nutzungsvorgaben zum langfristigen Erhalt des Waldes beitragen.
Tropenwald-Zerstörung im Amazonas (Caraj?s). Foto ? epo Archiv
"Doch das reicht nicht aus, da jedes Jahr weltweit etwa 15 Millionen Hektar Urwald vernichtet werden", kommentierte Greenpeace. Um die letzten Urwälder der Erde zu retten, fordert die Organisation ein weltweites Netz von Schutzgebieten. Deren Einrichtung müsse die UN-Konvention über Biologische Vielfalt (CBD) beschleunigen, die vom 20.-31. März 2006 im brasilianischen Curitiba tagt.
Am vergangenen Sonntag hatte Greenpeace zusammen mit Tausenden Einwohnern in Anap? im Bundesstaat Pará des Todes der US-Nonne Sister Dorothy gedacht. Sie war am 12. Februar 2005 im brasilianischen Bundesstaat Pará im Alter von 73 Jahren ermordet worden, weil sie sich seit Jahrzehnten entschieden gegen Urwaldzerstörung und für die Menschenrechte eingesetzt hatte. Kurz nach ihrem Tod hatte Lula damals das Schutzgebiet "Verde para sempre" (Für immer grün) im Bundesstaat Par? ausgerufen. "Bis heute warten die Einwohner jedoch vergeblich darauf, dass es auch wirklich eingerichtet wird", so Greenpeace. "Lula muss dafür sorgen, dass Schutzgebiete mehr sind als 'Papierparks', damit die Urwälder und die Menschen davon profitieren", so Martin Kaiser.
"Traurig ist, dass das neue Schutzgebiet indirekt den illegal gebauten Hafen in Santarám stärkt", kritisierte Kaiser. "Denn im Rahmen der Einrchtung der neuen Schutzgebiete droht, dass die angrenzende Bundesstraße BR-163 geteert wird. Dadurch soll sie auch außerhalb der Regenzeit befahrbar werden. Die Folge: Soja-Produzenten können ganzjährig Soja nach Santarám transportieren und dort nach Asien oder Europa verschiffen. Seither hat die Anbaufläche von Soja im Amazonas massiv zugenommen."