Berlin. - "Wenn Asylbegehren von Flüchtlingen schon in nordafrikanischen Ländern von staatlichen Stellen überprüft werden sollen, gibt es de facto kein Recht mehr auf Asyl für politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge aus Afrika", kritisierte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Ergebnisse des Pariser Flüchtlingsgipfels am Dienstag. PRO ASYL hält die Ergebnisse des gestrigen Flüchtlingsgipfels für eine Irreführung der Öffentlichkeit, der suggeriert werden soll, das System des Flüchtlingsschutzes müsse zerstört werden, damit Flüchtlinge gerettet werden.

Schon jetzt sei hier in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern die Überprüfung qualitativ so schlecht geworden, dass politisch Verfolgte aus Afrika dieses Recht fast nur noch vor Gericht erstreiten können. Dies könnten sie den Pariser Beschlüssen zufolge in Nordafrika nicht mehr: Die Abschaffung des Rechtsweges würde ihnen die letzte Möglichkeit nehmen, in Europa Schutz zu finden und ihr Leben zu retten.

"Aus unserer alltäglichen Praxis wissen wir, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die meisten Asylbegehren von Oromo aus Äthiopien, Darfuris und Nuba aus den Kriegsgebieten des Sudan und von Biafranern aus Nigeria zurückweist, obwohl diese Menschen in ihrer Heimat akut politisch verfolgt werden", sagte der GfbV-Direktor Ulrich Delius. Die Qualität der Asylverfahren hier in Europa habe sich offenbar aufgrund politischen Drucks und mangelnder Landeskenntnis sowie unzureichender Ausbildung der Mitarbeiter immer mehr verschlechtert. So sei es aus Sicht einer Menschenrechtsorganisation nicht nachvollziehbar, dass die meisten Asylbegehren von Oromo aus Äthiopien abgelehnt werden, obwohl im Jahr 2016 in dem Land mehr als 2.000 Oromo bei politisch motivierter Gewalt von Armee und Polizei getötet wurden. In Nigeria leugne das BAMF eine politische Verfolgung von Biafranern, obwohl es hunderte politisch motivierte Festnahmen, willkürliche Erschießungen und Massengräber gebe.  

Nachdrücklich kritisierte der Menschenrechtler den mangelnden politischen Willen der europäischen Staatschefs, Fluchtursachen in Afrika tatsächlich zu bekämpfen und sich für eine nachhaltige Beilegung bewaffneter Konflikte sowie für mehr Demokratie einzusetzen. "Wer mit Afrikas Despoten zusammenarbeitet, um Flüchtlinge abzuwehren, schürt langfristig Flucht und Migration", warnte Delius. "In rechtsfreien Räumen wie in Libyen oder dem Tschad Asylbegehren prüfen zu wollen, ist abenteuerlich und stellt alle rechtsstaatlichen Grundsätze der Europäischen Union auf den Kopf. Dieser Populismus löst die Konflikte Afrikas nicht, sondern wird nur dafür sorgen, dass noch mehr Menschen als Flüchtlinge und Migranten ihre Heimat verlassen werden."

"Das individuelle Asylrecht im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention ist nicht ersetzbar. Nur dieses garantiert Asylsuchenden individuelle Rechte, notfalls auch gegen Staaten, die sich der Verantwortung im Rahmen des internationalen Flüchtlingsrechts und der EMRK entziehen wollen", erklärt PRO ASYL.

Quelle: gfbv.de  / proasyl.de


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