gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat vor neuen Unruhen und Menschenrechtsverletzungen im Südosten Nigerias am Biafra-Gedenktag (30. Mai) gewarnt. In der vergangenen Woche seien bereits mehr als 100 Biafra-Aktivisten in verschiedenen Bundesstaaten Südost-Nigerias festgenommen worden. Gegen mindestens 41 Inhaftierte seien Strafverfahren eingeleitet worden.

"Mit allen Mitteln wollen die nigerianischen Sicherheitskräfte öffentliche Proteste am 51. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Biafras verhindern. Sie schrecken dabei auch nicht vor Einschüchterungen und willkürlichen Verhaftungen zurück“, berichtete GfbV-Direktor Ulrich Delius in Göttingen. 

Am Mittwoch drohen laut GfbV Massenverhaftungen, da einige Biafra-Organisationen dazu aufgerufen hätten, die staatliche Unabhängigkeit mit öffentlichen Feiern zu bekräftigen. Die Polizei habe massive Kontrollen und eine Politik der Null-Toleranz gegenüber Protesten von Biafra-Aktivisten oder dem Hissen von Flaggen angekündigt.

14 Biafra-Organisationen haben nach Angaben der GfbV zu einem Generalstreik aufgerufen. Demonstrativ sollten die Menschen an dem Gedenktag ihre Wohnungen und Häuser nicht verlassen. Es werde damit gerechnet, dass sich zehntausende Biafranerinnen und Biafraner an diesem stillen Protest beteiligen werden. 

Auch die einflussreichsten Biafra-Organisationen, MASSOB und IPOB, unterstützen diesen Aufruf zum zivilen Ungehorsam. "Sie wissen, dass jeder öffentliche Protest rücksichtslos von Polizei und Militär niedergeschlagen wird", sagte Delius. "In den vergangenen fünf Jahren wurden mehrere hundert Biafra-Aktivisten bei Demonstrationen getötet. Sie haben in den Augen von Polizisten keine Rechte, sondern werden wie Terroristen behandelt."

Selbst Journalisten unabhängiger nigerianischer Medien bekommen die Brutalität der Sicherheitskräfte zu spüren, so die GfbV. So sei der Korrespondent der angesehenen Zeitung "Punch", Emeka Ihiegbulem, am vergangenen Dienstag bei einem Interview mit Biafra-Aktivisten von Polizisten krankenhausreif geschlagen, festgenommen und in der Haft unmenschlich behandelt worden.

"Nigerias Politiker versagen bei der Lösung der Biafra-Frage. Statt einen politischen Dialog mit Biafra-Aktivisten zu beginnen, schicken sie Polizei und Soldaten. Doch dies schafft nur neue Probleme, wie das Verschwinden von Nnamdi Kanu zeigt", kritisierte Delius. Der Gründer von IPOB und Radio Biafra sowie mehrere seiner Familienangehörigen gelten seit einem Angriff von Soldaten auf sein Haus im September 2017 als vermisst. Die Armee verweigere jede Transparenz, um den Verbleib der Verschwundenen zu klären.

Quelle: www.gfbv.de