Berlin. - Der Anteil erneuerbaren Stroms an der globalen Stromerzeugungskapazität lag im Jahr 2017 bei 70 Prozent. Dies sei der größte Zuwachs an erneuerbaren Energien in der modernen Geschichte, berichtete das Renewable Energy Policy Network (REN21) am Montag im Renewables 2018 Global Status Report (GSR). Der Wärme-, Kälte- und Transportsektor, die zusammen etwa vier Fünftel des weltweiten Endenergiebedarfs ausmachen, liegen allerdings weit hinter dem Stromsektor zurück.
Der am Montag veröffentlichte GSR ist der umfassendste jährliche Bericht zum Status der erneuerbaren Energien weltweit. Ihm zufolge erreichte die installierte Neukapazität an Photovoltaik (PV) ein Rekord-Hoch: Gegenüber 2016 stieg die zusätzlich installierte PV-Stromkapazität um 29 % auf 98 Gigawatt an. Die ans Stromnetz angeschlossene PV-Erzeugungskapazität übertraf die Netto-Neukapazität an Kohle, Erdgas und Atomkraft zusammen. Mit einem weltweiten Zuwachs an Windkapazität von 52 Gigawatt steuerte auch die Windkraft entschieden zur Verbreitung von erneuerbaren Energien bei.
In neue Stromkapazität aus erneuerbaren Energien wurde mehr als doppelt so viel investiert wie in neue fossile und nukleare Stromkapazität zusammen - trotz weiterhin bestehender hoher Subventionen für die Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen. Im Jahr 2017 entfielen mehr als zwei Drittel der Investitionen in die Stromerzeugungskapazität auf Strom aus erneuerbaren Energien, dank ihrer zunehmend steigenden Wettbewerbsfähigkeit.
Auf China, Europa und die Vereinigten Staaten entfielen dem Bericht zufolge 2017 fast 75 % der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien. Setzt man die Investitionen ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), investieren die Marshallinseln, Ruanda, die Salomonen, Guinea-Bissau und viele andere Entwicklungsländer jedoch genauso viel oder sogar mehr in erneuerbare Energien als Industrie- und Schwellenländer.
Sowohl der weltweite Energiebedarf als auch energiebedingte CO2-Emissionen sind erstmals seit vier Jahren wieder deutlich gestiegen. Die energiebedingten CO2 -Emissionen stiegen um 1,4 %. Der weltweite Energiebedarf stieg im Jahr 2017 aufgrund des Wirtschaftswachstums in Schwellenländern und des weltweiten Bevölkerungswachstums um schätzungsweise 2,1%. Daher kann der Zuwachs an erneuerbaren Energien nicht mit dem steigenden Energiebedarf und den anhaltenden Investitionen in fossile und nukleare Kapazitäten Schritt halten.
Die im Rahmen des Pariser Klimaabkommens von 2015 eingegangene Verpflichtung, den globalen Temperaturanstieg auf "deutlich unter" 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, verdeutlicht die Art der Herausforderung. Wenn die Welt das im Pariser Abkommen festgelegte Ziel erreichen will, müssen Wärme-, Kälte- und Transportsektor, ähnlich wie der Stromsektor, den Weg der Energiewende bestreiten - und zwar schnell, so der Bericht. Moderne erneuerbare Energien lieferten im Jahr 2015 aber nur rund 10 % der gesamten weltweiten Wärmerzeugung. Nationale Ziele für erneuerbare Energien im Wärme- une Kältesektor gibt es weltweit nur in 48 Ländern, während 146 Länder Ziele für erneuerbare Energien im Stromsektor haben.
Marginale Veränderungen sind im Gange: In Indien stiegen die Installationen solarthermischer Kollektoren im Jahr 2017 im Vergleich zu 2016 um rund 25 %. China strebt an, bis 2020 zwei Prozent der Kühllasten in Gebäuden mit Solarthermie zu decken.
Die zunehmende Elektrifizierung des Transportsektors bietet, trotz überragender Präsenz fossiler Energieträger in diesem Sektor, Chancen, die Nutzung erneuerbarer Energien auszubauen: Weltweit fahren jährlich über 30 Millionen zusätzliche zwei- und dreirädrige Elektrofahrzeuge auf den Straßen. Außerdem wurden 2017 1,2 Millionen Elektro-PKWs verkauft, rund 58 % mehr als in 2016. Allerdings deckt Strom nur 1,3 % des Energiebedarfs im Transportsektor ab, davon nur etwa ein Viertel aus erneuerbar Energiequellen. Biokraftstoffe decken etwa 2,9 % des Energiebedarfs im Transportsektor ab, wobei weiterhin jedoch 92 % des Energiebedarfs durch Erdöl gedeckt werden. Nur 42 Länder haben nationale Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien im Transportsektor.
"Strom mit Energie gleichzusetzen führt zu Selbstzufriedenheit", erklärte Rana Adib, Exekutivsekretärin von REN21. "Zwar rasen wir einer 100 % erneuerbaren Stromzukunft entgegen, wenn es aber um Wärme, Kälte und Transport geht, fahren wir im Leerlauf, als hätten wir alle Zeit der Welt. Leider ist dem nicht so!"
Arthouros Zervos, Vorsitzender von REN21, betonte: "Um die Energiewende zu vollziehen, brauchen wir politisches Leadership der Regierungen - zum Beispiel, um Subventionen für fossile Brennstoffe und Atomkraft abzuschaffen, Investitionen in die notwendige Infrastruktur zu tätigen, politische Ziele und Richtlinien für den Wärme-, Kälte- und Transportsektor festzulegen. Ohne diese Führung bleibt es für die Welt eine Herausforderung, die Klima- und nachhaltigen Entwicklungsziele zu erreichen."
Quelle: www.ren21.net