gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Beschluss der Bundesregierung, Marokko und andere Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, scharf kritisiert. "Einen Staat wie das Königreich Marokko, in dem die Organisation einer Demonstration mit 20 Jahren Gefängnis geahndet wird, zum sicheren Herkunftsland zu erklären, ist willkürlich und ignorant. Entweder kennt die Bundesregierung die reale Menschenrechtslage nicht oder sie interessiert sich nicht dafür. Beides spricht nicht für eine gute Vorbereitung dieses Gesetzesvorhabens, das der Bundesrat jetzt noch beschließen muss", erklärte GfbV- Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.

Nachdrücklich verwies die GfbV auf die Verfolgung der Protestbewegung Hirak im Rif-Gebirge im Norden Marokkos. Die vor allem von Masiren (Berbern) getragene soziale Bewegung beklagt, dass in den vergangenen anderthalb Jahren mehr als 400 ihrer Mitglieder und Unterstützer verhaftet und Dutzende in Gerichtsverfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Erst am 26. Juni 2018 waren ihr Sprecher Nasser Zefzafi und drei führende Vertreter Hiraks in einem vielbeachteten Gerichtsverfahren zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Weitere 49 Angeklagte erhielten oft langjährige Haft- oder Geldstrafen, unter ihnen Mohamed Haki, Zakaria Adechchour, Mahmoud Bouhenoud, die 15 Jahre Haft absitzen müssen. Sieben andere Verurteilte müssen wegen angeblicher "Gefährdung der Staatssicherheit" für zehn Jahre ins Gefängnis.  

Dies seien nicht die ersten Prozesse gegen Unterstützer dieser sozialen Bewegung, die mit ihren Protesten gegen Korruption, Machtmissbrauch und Vernachlässigung der verarmten Rif-Region seit Herbst 2016 weltweit für Schlagzeilen sorgte, berichtete Delius. "Das Schweigen der Bundesregierung zu der willkürlichen Verfolgung von Hirak hatte uns schon gewundert. Sollte dies darauf zurückzuführen sein, dass Marokko um jeden Preis zum sicheren Herkunftsland erklärt werden soll, so ist das skandalös und keine Werbung für deutsche Menschenrechtspolitik."

Brutal niedergeschlagen würden nicht nur die Proteste von Hirak. Auch die Medienberichterstattung über die Demonstrationen sei von den Behörden Marokkos massiv unterdrückt worden. So seien marokkanische Journalisten inhaftiert, ihre Webseiten willkürlich geschlossen und ausländische Berichterstatter gezielt am Zugang zu der Rif-Region gehindert worden. Der Journalist Hamid el Mahdaoui sei wegen seiner Berichterstattung über Hirak zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Rechtsanwälte der Inhaftierten warfen den marokkanischen Ermittlungsbehörden die Folterung ihrer Mandanten vor. Aufgrund der Repression würden immer mehr Menschen aus Marokko nach Spanien fliehen.

Quelle: www.gfbv.de 


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