gfbvGöttingen. - Als "beispielhaft" und "wegweisend" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die neue Regierung Äthiopiens bezeichnet. Die Menschenrechtsorganisation lobte am Mittwoch die Verkleinerung des Kabinetts und die Tatsache, dass künftig die Hälfte aller Regierungsämter mit Frauen besetzt sein werden. Auch die Friedenspolitik gegenüber dem früheren Erzfeind Eritrea zeige, dass ein Paradigmenwechsel stattgefunden habe.

"Nach Jahrzehnten von Krieg, Willkür, Machtmissbrauch und Korruption setzt Äthiopiens neue Staatsführung ein Zeichen der Hoffnung und Erneuerung. Statt die immer gleichen Machteliten mit einflussreichen Posten zu versorgen, setzt Äthiopien auf einen radikalen Neuanfang. Denn Frauen nehmen zukünftig die Hälfte aller Regierungsämter ein, das Kabinett wurde deutlich verkleinert und ein Ministerium für Frieden betont die neuen Prioritäten der Staatsführung", erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Auch werde Frauen nicht nur symbolisch Macht übertragen, sondern eine Frau werde zukünftig den einflussreichen Posten der Verteidigungsministerin übernehmen.

"Dieser Paradigmenwechsel dürfte in vielen Hauptstädten Afrikas mit Sorge verfolgt werden, weil er die überkommene Ordnung in Frage stellt", sagte Delius. "Schon mit der Grenzöffnung zu Eritrea und dem Friedensschluss mit dem lange verfeindeten Nachbarland hat Äthiopiens neuer Premierminister Abiy Ahmed dafür gesorgt, dass sich im Horn von Afrika alle Macht- und Einflusssphären der Anrainerstaaten radikal verändern. Nicht bei allen Regierungen in den Nachbarstaaten sorgt dies für Begeisterung. So fürchten Uganda und der Sudan um ihre traditionellen Einfluss-Zonen."

Während Länder wie das im Bürgerkrieg versinkende Kamerun über 60 Minister in hochbezahlten Stellungen verfügten, der bankrotte Südsudan immerhin noch 38 Minister zähle, habe Äthiopien die Zahl der Ministerien von 28 auf nur noch 20 Ämter verringert, so die GfbV. Während in der früheren Regierung nur fünf Frauen vertreten gewesen seien, würden sie zukünftig mit zehn Ministerinnen die Hälfte aller Regierungsämter besetzen. Ahmed sehe darin ein wichtiges Zeichen, um wirksam Korruption zu bekämpfen, weil Frauen nicht so korrupt seien. Auch das neue Ministerium für Frieden werde von einer Frau geleitet. Damit erkenne die Regierung die herausragende Rolle von Frauen bei der Suche nach Frieden in Ostafrika an.

"Die neue Ministerin für Frieden wird aber auch vor der größten Herausforderung stehen, weil sie zugleich auch für die Bundespolizei und die Geheimdienste zuständig ist. Da sind Interessenskonflikte vorprogrammiert und es wird abzuwarten sein, ob der Suche nach einem dauerhaften Frieden auch tatsächlich Vorrang gegeben wird", sagte Delius. Die Menschenrechtler wiesen darauf hin, dass Äthiopiens Geheimdienste in einer langen Tradition von Folter, Verschwindenlassen und anderen schwersten Menschenrechtsverletzungen stünden.

Quelle: www.gfbv.de 


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