chinesische B?rgermeister-Delegation beim InWent. Foto: epo.deBerlin (epo). - Deutschland und China sollten ihre erfolgreiche Entwicklungs-Zusammenarbeit fortsetzen. Chinesische Kommunen könnten viel von der Erfahrung Deutschlands beim Umweltschutz, beim Einsatz erneuerbarere Energien und bei der Verankerung des Prinzips der Nachhaltigkeit in Kommunalverwaltungen lernen, sagte Xu Yun, stellvertretender Bürgermeister der südchinesischen Metropole Heikou, am Freitag bei einem Besuch in Berlin. Xu leitete eine Delegation von 16 chinesischen Bürgermeistern, die sich zwei Wochen lang in Deutschland informierte.

Die 16 Führungskräfte aus der Verwaltung chinesischer Kommunen nahmen an einem Fortbildungsprogramm von "Internationale Weiterbildung und Entwicklung" (InWEnt) teil, das seit fast 25 Jahren besteht und nach Aussagen der chinesischen Partner eine äußerst erfolgreiche Kooperation begründete. Das InWEnt-Bürgermeisterprogramm unter der Leitung von Eugen Kaiser schlägt sich in Handbüchern nieder, die die chinesischen Teilnehmer fleissig zusammenschreiben und Bürgermeister-Kollegen in ganz China zur Verfügung stellen. Die chinesischen Teilnehmer der Kurse der letzten 20 Jahre nehmen heute häufig leitende Positionen in Wirtschaft und Verwaltung ein.

Mittlerweile trägt auch die chinesischen Regierung finanziell zum Bürgermeisterprogramm bei, das Ende dieses Jahres ausläuft und nach Meinung aller Beteiligter unbedingt fortgesetzt werden sollte. Aus dem Programm ist ein Fachkräfteaustausch im Rahmen der mittlerweile 52 deutsch-chinesischen Städtepartnerschaften entstanden, und man diskutiert inzwischen mehr "in der gleichen Augenhöhe", so Eugen Kaiser, Abteilungsleiter Demokratieförderung und Verwaltungsreformen bei InWEnt. Denn der Riese China wird Deutschland bei der Wirtschaftsleistung in wenigen Jahren überholt haben und zur weltweit zweitstärksten Wirtschaftsmacht aufsteigen.

Dennoch ist China in vielen Bereichen noch ein Entwicklungsland, wie die chinesischen Delegationsteilnehmer versicherten:

  • 30 Millionen Chinesen leben nach wie vor unter der von der Zentralregierung definierten Armutsgrenze von umgerechnet einem halben Euro pro Tag - nach deutschen Maßstäben sind es sogar mehr als 100 Millionen
  • rund die Hälfte der 660 chinesischen Städte verfügen nach wie vor nicht über eine geregelte Abwasserbeseitigung
  • die chinesischen Kommunen müssen 140 Millionen Wanderarbeiter aufnehmen und versorgen, die auf der Suche nach Arbeit vom Land in die Städte abwandern

Sie seien deshalb besonders an den Lehren aus dem Transformationsprozess Ostdeutschlands interessiert, sagte der stellvertretende Bürgermeister des Pekinger Bezirks Haidian, Sun Baoqi. Haidian ist eine High-Tech-Großstadt inmitten Pekings mit drei Millionen Einwohnern. Der Agrar- und Umwelttechnik-Experte Sun hat in Frankreich studiert, lehrte früher an einer Pekinger Universität und ist bereits zum zweiten Mal in Deutschland. "Ich schätze die Eigenschaften der Deutschen", sagt er mit todernster Miene. Während die Franzosen "romantisch" und die Italiener sehr freizügig in ihrer Zeitplanung seien ("Sie kommen meistens eine Stunde zu spät zu Terminen"), seien die Deutschen "sehr gewissenhaft".

Chinesische B?rgermeister mit Eugen Kaiser von InWent. Foto: epo
v.l.: Sun Baoqi, Xu Yun, Dolmetscher, Eugen Kaiser
beim Deutschen Städtetag in Berlin. Foto ? epo.de


BEEINDRUCKT VOM UMWELTBEWUSSTSEIN DER DEUTSCHEN

Auch Delegationsleiter Xu zeigt sich beeindruckt von den Besuchen in fünf deutschen Bundesländern, in Verwaltungen, auf Biobauernhöfen, von den Gesprächen mit Dorfvorstehern, kommunalen Energieberatern, Abwasserexperten und Stadtsanierern. "Die Kommunen in Deutschland halten sich an das Prinzip der Nachhaltigkeit. Das Umweltbewußtsein ist bei den Deutschen tief verankert, nicht nur auf dem Papier", sagt Xu.

Auch sein Kollege Sun weiss, wovon er redet, wenn es um Umweltschutz geht. Die südchinesische Provinzhauptstadt Heikou, in der er lebt, gilt als vorbildlich, was Lebensqualität und Umweltschutz angeht. Er selbst hat in seinem Haus eine Solaranlage installiert und ist davon überzeugt, dass deutsche Solarunternehmen mehr in China investieren sollten, um sich den Markt zu erschliessen.

Nicht von ungefähr stand Freiburg im Breisgau auf dem Besuchsprogramm der Chinesen. Die Solarhauptstadt Deutschlands verfügt über weltweit äußerst erfolgreiche Unternehmen und führende Köpfe, wenn es um den Einsatz von Solaranlagen und Photovoltaik geht. Seit rund einem Jahr ist das "China Forum Freiburg" aktiv, das Freiburger Firmen und Institutionen vernetzen soll, die am Boom der Wirtschaft und des Tourismus in China teilhaben wollen. Immer mehr Firmen in Freiburg, darunter Micronas, die SAG Solarstrom AG und die GreenNovation finden Partner in China, mit denen sie arbeiten.

Das InWEnt-Programm "Förderung der Kommunalverwaltung Chinas im Bereich des städtischen Umwelt- und Ressourcenschutzes" mit einer Laufzeit von 2002 bis 2006 will die Herausbildung einer nachhaltigen Stadtentwicklung in der VR China durch die Fortbildung städtischer Entscheidungsträger zu den Fachthemen Wasser, Abfall, Luft sowie über die Vermittlung entsprechenden Management-Know-hows unterstützen. Oberziel des Programms ist es, die entwicklungspolitische Kooperation der Bundesrepublik Deutschland mit der VR China im Schwerpunktbereich Umwelt- und Ressourcenschutz zu flankieren und zu ergänzen. In der Regel werden pro Jahr ein Seminar in Deutschland und ein Workshop in China durchgeführt.

Die Einladung zu den Veranstaltungen erfolgt aufgrund einer Vorschlagsliste, die von der Partnerorganisation, der chinesischen Bürgermeistervereinigung CAM (Chinese Association of Mayors), erstellt wird. Die CAM ist sehr an einer Fortführung des Programms interessiert, wie ein CAM-Vertreter in Berlin versicherte.

Beijing, ChinaAngesichts eines jährlichen Wirtschaftswachstums von fast zehn Prozent ist Chinas Energiehunger kaum zu stillen. Kenntnisse bei der Nutzung Erneuerbare Energien sind deshalb unverzichtbar, und die führende Position deutscher Firmen in diesem wirtschaftlichen Zukunftsbereich verschaffe der deutschen Wirtschaft gute Marktaussichten, vor allem in den Bereichen Solarenergie und moderne Baumaterialien, so Xu.

Erneuerbare Energie und Energieeffizienz könnten denn auch die Schwerpunkte der kommenden drei Jahre beim InWEnt-Bürgermeisterprogramm sein, an dem seit 1982 mehr als 260 chinesische Bürgermeister teilgenommen haben - sofern das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und die chinesische Zentralregierung sich auf die Modalitäten einer Verlängerung der Zusammenarbeit einigen können. Bereits jetzt trägt die chinesische Seite nach InWEnt-Angaben rund 40 Prozent der Gesamtkosten des Programms. Der BMZ-Zuschuss beläuft sich auf rund 100.000 Euro pro Jahr - eine bescheidene Summe im Vergleich zu manchen Vorhaben der technischen und finanziellen Zusammenarbeit Deutschlands, die mit mehr Mitteleinsatz weniger Erfolge zeitigen.

InWEnt-Programm Förderung der Kommunalverwaltung Chinas
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