oxfamBerlin. - Die humanitäre Notlage im Jemen macht die Bevölkerung des Landes in besonderem Maß anfällig für schwere oder tödliche Corona-Krankheitsverläufe. Darauf hat die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam anlässlich des fünften Jahrestages der Eskalation des bewaffneten Konflikts hingewiesen. Im Jemen trifft die Corona-Pandemie auf eine von Krieg und Krankheit ohnehin geschwächte Bevölkerung. Die Grenzschließungen verhindern zudem, dass die Menschen notwendige Hilfe erhalten.

Die bevorstehende Regenzeit werde die Situation weiter verschärfen, befürchtet Oxfam. Die Hilfsorganisation fordert von den Kriegsparteien einen sofortigen Waffenstillstand und die Rückkehr zu Friedensverhandlungen.

Seit die von Saudi Arabien geführte Militärkoalition in den Krieg eingetreten und die Krise dadurch eskaliert ist, kam im Durchschnitt alle dreieinhalb Stunden eine Zivilperson durch Kampfhandlungen ums Leben. Viele weitere sind in dieser Zeit an Krankheiten und Hunger gestorben. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre

  • mussten jede Stunde mehr als 90 Menschen aus ihrer Heimat fliehen.
  • wurden pro Stunde mehr als 50 Verdachtsfälle von Cholera gemeldet, insgesamt über 2,3 Millionen. Da die Regenzeit im April beginnt, ist mit einem erneuten Anstieg der Fälle zu rechnen. Oxfam geht davon aus, dass es im Jahr 2020 etwas mehr als eine Million Fälle geben könnte – mehr als im vergangenen Jahr.
  • ist die Zahl der hungernden Menschen pro Stunde um mehr als 100 gestiegen, das ist insgesamt ein Anstieg um 4,7 Millionen seit der Eskalation der Krise. Mit 10 Millionen Menschen leidet derzeit rund ein Drittel der Bevölkerung Hunger, 3,2 Millionen Menschen sind akut mangelernährt.

Das Coronavirus stellt eine massive Bedrohung für die Menschen im Jemen dar, so Oxfam. Die Flüge ins und aus dem Land wurden gestoppt, was die Bewegungsfreiheit von Helfer*innen einschränkt. Nur 50 Prozent der Gesundheitszentren im Jemen sind funktionsfähig, und selbst in den geöffneten Zentren herrscht ein gravierender Mangel an Medikamenten, Ausrüstung und Personal. Rund 17 Millionen Menschen – mehr als die Hälfte der Bevölkerung – haben keinen Zugang zu sauberem Wasser.

"Während die internationale Gemeinschaft zu Recht um den Schutz ihrer eigenen Bürger vor dem Coronavirus besorgt ist, hat sie eine Verantwortung gegenüber dem jemenitischen Volk", erklärte Muhsin Siddiquey, der Jemen-Landesdirektor von Oxfam. "Nach fünf Jahren Tod, Krankheit und Vertreibung und angesichts der zunehmenden Bedrohung durch eine globale Pandemie brauchen die Menschen im Jemen dringend einen sofortigen landesweiten Waffenstillstand und die Rückkehr zu Verhandlungen, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen."

Die UNO schätzt, dass 35.000 Zivilist*innen infolge der Auseinandersetzungen aus ihren Häusern fliehen mussten. Sie kommen zu den mehr als vier Millionen Jemenit*innen hinzu, die bereits seit 2015 in behelfsmäßige Camps oder andere Gemeinschaften im ganzen Land umziehen mussten.

"Die Welt weiß, wie man Cholera und Hunger vorbeugen und behandeln kann - das sind keine neuen Probleme. Die humanitäre Krise im Jemen ist vollständig von Menschen verursacht, nicht nur von den Kriegsparteien, sondern auch von jenen, die durch Waffenlieferungen Öl ins Feuer gießen", betonte Muhsin Siddiquey.

Quelle: www.oxfam.de 


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