rsfBerlin. - Die Zahl inhaftierter Medienschaffender bleibt weltweit auf sehr hohem Niveau. Zum Jahresende 2020 sitzen weltweit mindestens 387 Journalistinnen, Journalisten und andere Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis. Mehr als die Hälfte von ihnen verteilt sich auf nur fünf Länder: China, Saudi-Arabien, Ägypten, Vietnam und Syrien. 54 Journalistinnen und Journalisten gelten derzeit als entführt, vier sind 2020 verschwunden. Das zeigt die Jahresbilanz der Pressefreiheit, die Reporter ohne Grenzen (RSF) am Montag veröffentlicht hat.

Dutzende weitere Journalistinnen und Journalisten kamen seit dem Frühjahr zeitweise ins Gefängnis, weil Regierungen in allen Teilen der Welt versuchen, eine unabhängige Berichterstattung über die Corona-Krise und ihre Folgen zu unterdrücken. Mehr als 370 meist kürzere Verhaftungen von Reporterinnen und Reportern gab es allein in Belarus seit der umstrittenen Präsidentenwahl.

"Die sehr hohe Zahl inhaftierter Journalistinnen und Journalisten weltweit wirft ein grelles Schlaglicht auf die aktuellen Gefahren für die Pressefreiheit", sagte RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger. "Viel zu viele Regierungen reagieren auf Proteste, Missstände oder eine Krise wie die Covid-19-Pandemie mit Repressalien gegen die Überbringerinnen und Überbringer der schlechten Nachrichten. Hinter jedem einzelnen dieser Fälle steht das Schicksal eines Menschen, dem Strafprozesse, lange Haft und oft Misshandlung drohen, weil er sich Zensur und Repression nicht gebeugt hat."

Zum Stichtag 1. Dezember saßen in diesem Jahr nur zwei Medienschaffende weniger im Gefängnis als zum selben Zeitpunkt 2019, als diese Zahl zum dritten Mal in Folge deutlich gestiegen war und mit 389 einen Höchststand erreichte. Allein die Zahlen inhaftierter Journalistinnen und Journalisten in China (117 Inhaftierte), Saudi-Arabien (34), Ägypten (30), Vietnam (28) und Syrien (27) summieren sich auf 61 Prozent aller Fälle weltweit.

Mehr als 130 Medienschaffende in allen Teilen der Welt wurden seit dem Frühjahr wegen ihrer Berichterstattung zur Corona-Krise willkürlich verhaftet – viele nur für Stunden oder wenige Tage, andere für Wochen. Aktuell sind noch mindestens 14 von ihnen im Gefängnis, so RSF. Einige weitere sind auf Kaution frei, bis Gerichte über ihre Fälle urteilen. Hinzu kamen Hunderte weitere Verletzungen der Pressefreiheit im Zusammenhang mit der Corona-Krise, darunter viele Fälle von Gewalt gegen Reporterinnen und Reporter bei Demonstrationen.

Besonders gnadenlos ist laut RSF zuletzt die Regierung in Belarus gegen jede Berichterstattung vorgegangen. Seit der Wahl vom 9. August wurden dort mindestens 370 Journalistinnen und Journalisten festgenommen, die über die regelmäßigen Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko berichtet haben. In den meisten Fällen erhielten sie allenfalls kurze Arreststrafen. Doch inzwischen gibt es auch erste Strafprozesse gegen Medienschaffende, die mit jahrelangen Haftstrafen enden könnten.

42 der derzeit inhaftierten Medienschaffenden weltweit (11 Prozent) sind Frauen. Das sind 35 Prozent mehr als vor einem Jahr. Besonders viele Journalistinnen (jeweils 4) sitzen in Belarus und im Iran im Gefängnis.

Einige schwer kranke Häftlinge, zum Beispiel in China und Saudi-Arabien, werden so unzureichend ärztlich versorgt, dass ihr Leben in Gefahr ist. Dies gilt umso mehr angesichts der zusätzlichen Gesundheitsrisiken durch die Covid-19-Pandemie, die auch in vielen Gefängnissen grassiert – darunter in der Haftanstalt, in der Großbritannien Wikileaks-Gründer Julian Assange festhält. Fünf Journalisten drohte zum Stichtag 1. Dezember akut die Vollstreckung ihrer Todesstrafen. Vier von ihnen sind in der Gewalt von Rebellen im Jemen; den Blogger Ruhollah Sam ließ die Justiz im Iran am Samstag (12.12.) hinrichten.

54 Medienschaffende in drei Ländern – Syrien, Irak und Jemen – gelten derzeit als entführt. Von einigen davon gibt es seit Jahren kein Lebenszeichen. Drei Journalisten und eine Journalistin sind 2020 unter ungeklärten Umständen verschwunden: jeweils einer im Irak, in der Demokratischen Republik Kongo und in Mosambik sowie eine Reporterin in Peru.

Quelle: www.reporter-ohne-grenzen.de 


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