oxfamBerlin. - Statt ausreichend in den Klimaschutz zu investieren, schütten 30 DAX-Konzerne insgesamt einen zunehmenden Teil ihrer Gewinne an Aktionäre aus oder bauen damit Finanzreserven auf. Dabei hätten viele den finanziellen Spielraum für die Investitionen, die laut EU erforderlich sind, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Das zeigt ein neuer Bericht von Oxfam Deutschland und Finanzwende. Die Organisationen fordern einen unternehmensrechtlichen Rahmen, der sicherstellt, dass Konzerne Aktionärsinteressen nicht länger über das Gemeinwohl stellen.

Der Bericht analysiert, wie 30 DAX-Konzerne in den vergangenen Jahren ihre Gewinne verwendet haben: Die Ausschüttungen legten zwischen 2009 und 2020 mit 85 Prozent fast doppelt so stark zu wie die Gewinne, die um 48 Prozent stiegen. Einzelne Unternehmen (RWE, E.On und ThyssenKrupp) überwiesen sogar in Verlustjahren ihren Anteilseigner*innen Geld. Zudem wuchsen die Finanzreserven von 122 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf fast 200 Milliarden Ende 2020. Hiervon profitieren ebenfalls in erster Linie Aktionär*innen, da größere Rücklagen den Unternehmenswert steigern.

Gleichzeitig hapert es beim Klimaschutz: Oxfam und Finanzwende haben pro Sektor berechnen lassen, welche Investitionen die Konzerne jährlich tätigen müssten, um ihre Geschäftsmodelle bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Das Ergebnis: Alle Unternehmen investieren zu wenig, dabei wären viele dazu problemlos in der Lage – und zwar ohne staatliche Subventionen oder Steuererleichterungen. Im Transportsektor etwa beläuft sich die Investitionslücke von BMW, Daimler, Volkswagen und Lufthansa auf 13,8 Milliarden Euro pro Jahr, ihre Gewinne betrugen zuletzt im Schnitt mehr als das Doppelte. Würden die Konzerne daraus die erforderlichen Klimainvestitionen tätigen, könnten sie im Schnitt immer noch auf dem Niveau der Jahre 2009 und 2010 ausschütten.

Doch in den Konzernetagen dominieren die Interessen der Aktionär*innen an steigenden Ausschüttungen, so Oxfam. Ein Grund hierfür ist die Vergütung der Top-Manager mittels Bonuszahlungen oder Aktienpaketen, was starke Anreize für Geschäftsentscheidungen setzt. "Die Fokussierung auf die Interessen der Anteilseigner führt zu Schäden an vielen Stellen. Immer wieder werden Gewinne privatisiert und Schäden an Mensch und Umwelt sozialisiert", erklärte Michael Peters, Finanzmarktexperte von Finanzwende. Dabei hat die Gemeinwohlverpflichtung von Eigentum in Deutschland Verfassungsrang: "Eigentum verpflichtet", heißt es in Artikel 14 des Grundgesetzes.

"Unsere Untersuchung zeigt deutlich: Gemeinwohl braucht Gestaltung. Die Unternehmen könnten andere Prioritäten setzen, wenn sie wollten. Doch die Politik lässt es zu, dass sie sich aus der Verantwortung stehlen. Das muss sich ändern", forderte Barbara Sennholz-Weinhardt, Wirtschaftsexpertin von Oxfam Deutschland. Der kommenden Bundesregierung schlagen Oxfam und Finanzwende gesetzliche Regeln vor, die Unternehmen dem Gemeinwohl konkreter verpflichten würden, unter anderem:

Das Unternehmensinteresse, dem Aufsichtsräte und Vorstände verpflichtet sind, muss die Einhaltung der Menschenrechte und der planetaren Grenzen einschließen – inklusive einer Klagemöglichkeit negativ Betroffener.
Unternehmen müssen verpflichtet werden, Strategien zur Umsetzung ihrer Gemeinwohlpflichten zu entwickeln und zu veröffentlichen. Ausschüttungen an Aktionär*innen sollten an Voraussetzungen gebunden und beim Überschuss eines Geschäftsjahres gedeckelt werden.
Unternehmen müssen sicherstellen, dass betroffene Interessengruppen wirksam auf die Geschäftspolitik von Unternehmen einwirken können, insbesondere Arbeiter*innen, Lieferanten und lokale Gemeinschaften in den Lieferketten.

Quelle: www.oxfam.de


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