Berlin. - Zwei Drittel aller Länder haben das von der letztjährigen UN-Generalversammlung gesetzte Ziel, 70 Prozent der Weltbevölkerung gegen COVID-19 zu impfen, nicht erreicht. Das belegen Berechnungen, die Oxfam und die People's Vaccine Alliance (PVA) am Donnerstag veröffentlicht haben.
Oxfam und die PVA erkennen ein klares Scheitern bei dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesetzten Ziel, welches US-Präsident Joe Biden der Staatengemeinschaft angetragen hatte.
Die COVID-19-Todesrate ist in Ländern mit niedrigem Einkommen deutlich höher als in Ländern mit hohem Einkommen. In ersteren hat weniger als die Hälfte der Bevölkerung eine Grundimmunisierung erhalten. Wenn sich die Situation nicht ändert, wird es fast noch zweieinhalb Jahre dauern, bis 70 Prozent der Bevölkerung in den ärmsten Ländern grundimmunisiert sind.
Gleichzeitig beginnen die wohlhabenden Länder gerade mit der zweiten oder sogar dritten Booster-Impfung mit Impfstoffen der neuen Generation, die schon jetzt größtenteils von den wohlhabenden Ländern aufgekauft wurden, so Oxfam. Pfizer/Biontech und Moderna verzeichnen erneut immense Gewinne und weigern sich weiterhin, ihre Technologie mit der WHO zu teilen, obwohl beide Konzerne öffentliche Förderungen erhalten haben.
Durch die geringe Impfquote ist der Bedarf an COVID-19 Medikamenten und Tests in Ländern mit niedrigem Einkommen deutlich größer als in wohlhabenden Ländern. Dennoch blockieren letztere momentan jeden Versuch, bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine vorübergehende Freigabe der geistigen Eigentumsrechte für Medikamente und Tests zu erreichen. Berichte der globalen Initiative zur Pandemiebekämpfung ACT-Accelerator, die von den G20 ins Leben gerufen wurde, legen nahe, dass in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen fast gar keine antiviralen Medikamente für die ambulante Behandlung verfügbar sind.
Oxfam und die PVA machen in diesem Missstand die massiven Versäumnisse der internationalen Pandemiebekämpfung aus. Diese habe völlig ignoriert, dass Länder mit niedrigem Einkommen eine eigene Produktion benötigen, um ihre Versorgung sicherzustellen und das weltweite Angebot an medizinischen Mitteln zu diversifizieren.
Der globale Pandemievertrag müsse sicherstellen, dass lebensrettende Impfstoffe, Tests und Medikamente als öffentliches Gut verfügbar sind, frei von Monopolen der Pharmakonzerne, fordern Oxfam und die PVA. Der mRNA-Hub der WHO in Südafrika müsse weiter unterstützt werden. Um ihn zu schützen, müsse Moderna aufgefordert werden, seine Patentanmeldungen in Südafrika zurückzuziehen.
"Wir müssen das bestehende System, in dem Pharmaprofite mehr zählen als Menschenleben, grundlegend umgestalten", erklärte Anna Marriott, Gesundheitsexpertin von Oxfam. "Wirtschaftlich benachteiligte Länder brauchen einen gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen, Tests und Medikamenten. Die gleiche tödliche Ungleichheit, die wir bei COVID-19 feststellen müssen, zeigt sich nun auch bei den Impfstoffen gegen Affenpocken. Die Regierungen müssen dem ein Ende setzen."
Quelle: www.oxfam.de