Rom. - Anlässlich der Bestandsaufnahme zwei Jahre nach dem "United Nations Food Systems Summit" (UNFSS) am Montag in Rom haben die größten Bewegungen für globale Ernährungsgerechtigkeit, Kleinbauernorganisationen sowie indigene Völker stellvertretend für Millionen Menschen auf der ganzen Welt eine neue Erklärung veröffentlicht. In dieser prangern sie den umstrittenen Ansatz der Vereinten Nationen im Kampf gegen Hunger und Unterernährung an.
Zuvor betonten Vertreterinnen und Vertreter der People's Autonomous Response to the UNFSS die Dringlichkeit koordinierter Maßnahmen zur Überwindung der globalen Hungerkrise. Dabei hoben sie die Notwendigkeit hervor, besonders die Rechte und Forderungen der am stärksten von der Hunger-, Klima- und Gesundheitskrise betroffenen Menschen zu erfüllen.
"Der UNFSS hat nicht nur unsere Rechte und die strukturellen Ursachen der Krisen ignoriert", sagte Saúl Vicente vom International Indian Treaty Council, "…die Absicht der Organisatoren des Gipfels ist es, uns das Projekt konzern- und industriegeleiteter Ernährungssysteme als Transformation zu verkaufen."
Die Bewegungen und Organisationen, die sich dem Gipfel entgegenstellen, darunter FIAN International, fordern eine dringende Abkehr von konzerngesteuerten Modellen der Ernährungsindustrie und eine Ausrichtung an agrarökologischen und gemeinschaftlich verwalteten Ernährungssystemen, die dem Gemeinwohl Vorrang vor dem Profit weniger einräumen.
Der UN-Gipfel von vor zwei Jahren löste eine beispiellose weltweite Gegenmobilisierung aus. Hauptanliegen der Gipfelkritiker war und ist der wachsende Einfluss von Konzernen und ihren Lobbyorganisationen innerhalb der Vereinten Nationen.
"Ernenne den Bock nicht zum Gärtner", warnte Patti Naylor von der US-amerikanischen Or-ganisation National Family Farm Coalition: "Die Agrar-, Lebensmittel- und Datengiganten scheren sich nicht um demokratische Entscheidungsstrukturen in den Vereinten Nationen – sie nutzen die UN ausschließlich für ihre Profite."
Ein echter Wandel der Ernährungssysteme für die Menschen und den Planeten ist dringend notwendig und möglich. Bei den derzeitigen Hungerzahlen werden die UN ihr Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG), den Hunger bis 2030 zu beseitigen, jedoch nicht erreichen. Diese anhaltende und systemische Krise ist das Ergebnis von politischem Versagen, so FIAN. Sie ist das Resultat der Verfolgung eines problematischen Weges, der zur Verschärfung von Ungleichheiten und Abhängigkeiten, zur Zerstörung der Umwelt und der Biodiversität sowie zu Folgewirkungen führt, welche die globale Schulden- und Klimakrise verschärfen.
"In den letzten zwei Jahrzehnten haben Menschen aus der ganzen Welt konkrete und wirk-same Strategien zur Bewältigung der Klima- und Ernährungskrise vorgestellt, die auf der Achtung der sozialen und ethnischen Vielfalt, Gerechtigkeit sowie der Menschen- und Kollektivrechte beruhen. Dazu gehören vor allem Ernährungssouveränität, Agrarökologie, Revitalisierung der biologischen Vielfalt, territoriale Märkte sowie eine solidarische Wirtschaft", so Shalmali Guttal von Focus on the Global South. "Die Beweise sind überwältigend - die Lösungen, die von Kleinbäuer*innen und indigenen Völkern entwickelt wurden, ernähren nicht nur die Welt. Sie fördern auch die Geschlechter-, soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit, die Stärkung der Jugend, Arbeiter*innenrechte und die tatsächliche Widerstandsfähigkeit gegen Krisen. Warum sehen die politischen Entscheidungsträger*innen das nicht und bieten keine angemessene Unterstützung?"
Ein neuer FIAN International Bericht, "Food Systems Transformation - In which direction?", der parallel zur Erklärung veröffentlicht wird, fordert eine Änderung der Welternährungsarchitektur, um Entscheidungsfindungen zu gewährleisten, die dem Gemeinwohl und dem Menschenrecht auf Nahrung Vorrang einräumen.
"In Zeiten wachsenden Hungers und zahlreicher Krisen ist es dringender denn je, dass die Regierungen und die Vereinten Nationen uns zuhören", forderte Perla Álvarez von La Vía Campesina. "Wir rufen Sie auf: Ändern Sie die Richtung und unterstützen Sie unsere Forderungen und Bemühungen für eine ernährungssouveräne Zukunft, die auf den Menschenrechten sowie den Prinzipien der Agrarökologie, Fürsorge, Gerechtigkeit, Vielfalt, Solidarität und Rechenschaftspflicht basiert."
Quelle: Food Systems 4 People / www.fian.de