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Jedes Jahr analysiert das International Rescue Committee (IRC) 190 Staaten und Gebiete, um die Länder zu ermitteln, in denen das Risiko einer neuen oder sich verschärfenden humanitären Krise im kommenden Jahr am größten ist. In seiner Emergency Watchlist werden die am stärksten gefährdeten Länder identifiziert und eingestuft.

 

10. Demokratische Republik Kongo

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) sind heftige Kämpfe im Jahr 2023 ausgebrochen, nachdem ein Waffenstillstand zwischen der Regierung und der bewaffneten Gruppierung M23 zusammengebrochen war. Dies verschärfte eine langwierige Krise, in der Millionen Kongoles*innen bereits Konflikten, politischen Spannungen, wirtschaftlichem Druck, Klimaschocks und anhaltenden Krankheitsausbrüchen ausgesetzt waren.

Vorhersagen für 2024

  • Eine Eskalation des Konflikts wird noch mehr Menschen dazu zwingen, aus ihren Häusern zu fliehen. Das führt zu mehr Vertreibung im Landesinneren.
  • Das Klimamuster El Niño kann das Risiko von Überschwemmungen erhöhen, durch Wasser übertragene Krankheiten verbreiten, landwirtschaftliche Erträge verringern und zu weiteren Vertreibungen beitragen.
  • Die humanitären Dienste werden durch fehlende Mittel und Zugangsbeschränkungen eingeschränkt.

 

9. Äthiopien

In ganz Äthiopien wurden die Lebensgrundlagen durch drei aufeinanderfolgende Dürrejahre und zahlreiche Konflikte vernichtet, und jetzt besteht die Gefahr von El-Niño-bedingten Überschwemmungen.

Vorhersagen für 2024

  • El-Niño-Überschwemmungen bedrohendie Lebensgrundlagen von Gemeinden, die bereits durch jahrelange Dürre geschwächt sind.
  • Die Inflation wird auch im Jahr 2024 hoch bleiben, so dass viele Äthiopier*innen sich grundlegende Güter nicht mehr leisten können.
  • Die eskalierende Gewalt und die Spannungen mit den Nachbarstaaten könnten eine Rückkehr zu einem größeren Konflikt bedeuten.

 

8. Niger

Nigers Putsch vom Juli 2023 hat politische Spannungen mit den Nachbarstaaten ausgelöst und zum Abzug der internationalen Sicherheitshilfe geführt. Neue Sanktionen und Grenzschließungen haben auch die Menge an Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern, die in das Land gelangen, stark eingeschränkt. Die öffentlichen Ausgaben sind um 40 Prozent gesunken und schwächen damit wichtige Dienstleistungen.

Vorhersagen für 2024

  • Wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen werden die ohnehin schon eingeschränkten öffentlichen Dienste weiter beeinträchtigen.
  • Bewaffnete Gruppen wollen das Machtvakuum nutzen, das durch den Abzug der ausländischen Militärhilfe entstanden ist.
  • 7,3 Millionen Menschen sind aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels, von Konflikten und den wirtschaftlichen Folgen von Grenzschließungen von akuter Ernährungsunsicherheit bedroht.

 

7. Somalia

Nach fünf gescheiterten Regenzeiten in Folge erlebt Somalia nun weit verbreitete Überschwemmungen. Diese wiederholten Klimaschocks haben landwirtschaftliche Flächen verwüstet, wichtige Infrastrukturen beschädigt und den Bedarf an humanitärer Hilfe erhöht.

Vorhersagen für 2024

  • Das Land muss sich von der längsten und schwersten Dürre seit vier Jahrzehnten erholen. Gleichzeitig könnten die Überschwemmungen zu weiteren Vertreibungen und einem höheren Risiko von Ernteausfällen und durch Wasser übertragenen Krankheiten führen.
  • Die laufende Regierungsoffensive gegen al-Shabaab wird wahrscheinlich weitere Schäden anrichten, während die anhaltenden politischen Spannungen in Gewalt umschlagen könnten.
  • Fehlende Mittel für humanitäre Hilfe und Sicherheitsrisiken schaffen Barrieren, die verhindern, dass humanitäre Helfer*innen die betroffenen Somalier*innen erreichen.

 

6. Mali

Aufgrund von Sicherheits- und Wirtschaftskrisen sind 6,2 Millionen Menschen in Mali auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der kürzliche Abzug der UN-Friedenstruppe hat Sicherheitsbedenken geweckt, vor allem wegen erneuter Kämpfe zwischen der Regierung und bewaffneten Tuareg-Gruppen im Norden. Schon jetzt belagern bewaffnete Gruppen Städte und schneiden den Zugang für humanitäre Hilfe ab, während die Hälfte des Landes in Armut lebt.

Vorhersagen für 2024

  • Die Ernährungsunsicherheit wird weiter zunehmen, da immer mehr Städte belagert oder blockiert werden. 200.000 Kinder sind bereits vom Tod bedroht, wenn die humanitäre Hilfe sie nicht erreicht.
  • Der Abzug der internationalen Friedenstruppen und die zunehmende Gewalt werden wahrscheinlich die Bereitstellung von Hilfsgütern und lebenswichtigen Diensten behindern, vor allem im Norden und im Zentrum Malis.
  • Eine Eskalation des Konflikts zwischen der Regierung, bewaffneten Gruppierungen und Tuareg-Oppositionsgruppen im Jahr 2024 könnte den Schaden für die Zivilbevölkerung stark erhöhen.

 

5. Myanmar (Birma)

Der Konflikt in Myanmar (Birma) hat sich erheblich ausgeweitet, seit das Militär 2021 die politische Macht wieder übernommen hat. Im Oktober 2023 haben drei große bewaffnete Gruppierungen ihre Auseinandersetzungen mit der Regierung wieder aufgenommen. 17.6 Millionen Menschen in Myanmar benötigen jetzt humanitäre Hilfe – fast 19 Mal mehr als vor der Machtübernahme durch das Militär.

Vorhersagen für 2024

  • Die Zivilbevölkerung wird den Preis dafür zahlen, dass sich der Konflikt verschärft und das Militär zunehmend unter Druck gerät.
  • Wirtschaftliche Herausforderungen, Klimaschocks und beeinträchtigte öffentliche Dienstleistungen werden den Bedarf an humanitärer Hilfe erhöhen.
  • Starke Einschränkungen beim Zugang zu Hilfsgütern werden weiterhin verhindern, dass die Hilfe die gefährdeten Gemeinden erreicht.

 

4. Burkina Faso

Während das Militär in Burkina Faso versucht, bewaffnete Gruppierungen einzudämmen, nimmt die Gewalt im ganzen Land rapide zu und breitet sich aus. Etwa die Hälfte des Landes befindet sich außerhalb der Kontrolle der Regierung. Bewaffnete Gruppen wie der Islamische Staat in der Großsahara (ISGS) und die Jama'at Nusrat al-Islam wal-Muslimin (JNIM) blockieren Städte und Dörfer und verhindern, dass die Bewohner*innen Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen haben.

Vorhersagen für 2024

  • Die zunehmende Belagerung von Städten durch bewaffnete Gruppen wird den Bedarf an humanitärer Hilfe weiter erhöhen.
  • Angesichts der zunehmenden Gewalt zwischen der Regierung und bewaffneten Gruppen werden die Menschen immer stärker gefährdet sein.
  • Nach den schlechten Regenfällen im Jahr 2023 werden die Ernten im Jahr 2024 wahrscheinlich schwach ausfallen, was die Auswirkungen des Konflikts verschärft und die Ernährungsunsicherheit weiter vergrößert.

 

3. Südsudan

Südsudan sieht sich seit seiner Unabhängigkeit von Khartum im Jahr 2011 mit Unsicherheiten konfrontiert. Zum Jahresanfang 2024 droht der Krieg jenseits der Grenze im Sudan die schwache Wirtschaft Südsudans und verschärft politische Spannungen. Die Wirtschaftskrise und die zunehmenden Überschwemmungen erschweren es Familien, sich zu ernähren.

Vorhersagen für 2024

  • Spannungen im Zusammenhang mit der ersten Präsidentschaftswahl in Südsudan, die für Dezember 2024 angesetzt ist, könnten den sozialen und politischen Zusammenhalt gefährden. Im Norden des Landes ist es bereits zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen bewaffneten Gruppierungen gekommen.
  • Ein fünftes Jahr in Folge mit Überschwemmungen könnte die Nahrungsmittelproduktion beeinträchtigen und weitere 450.000 Menschen vertreiben.
  • Der Konflikt im benachbarten Sudan in Verbindung mit einer schweren Wirtschaftskrise wird die extreme Armut und die Ernährungsunsicherheit in Südsudan weiter verschärfen.

 

2. Besetztes palästinensisches Gebiet

Zum Jahreswechsel gilt Gaza als der gefährlichste Ort für Zivilist*innen weltweit. Die Bewohner*innen erleben die grausamen Folgen des jüngsten Konflikts zwischen Israel und der Hamas, der ohne ausreichende Rücksicht auf die internationalen Gesetze und Normen ausgetragen wird, die zum Schutz der Zivilbevölkerung selbst unter den schlimmsten Umständen geschaffen wurden.

Die israelischen Streitkräfte begannen mit Luftangriffen und Bodenoperationen, nachdem die Hamas am 7. Oktober 2023 einen tödlichen Bodenangriff und Raketenbeschuss auf den Süden Israels gestartet hatte, bei dem 1.200 Menschen getötet und über 200 Geiseln genommen wurden. Seitdem haben die israelischen Operationen in Gaza, vor allem im Norden, schwere Zerstörungen, zahlreiche Tote und Vertriebene verursacht und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung über 18.000 Menschen getötet.

Diplomatisches Engagement führte Ende November 2023 zu einem vorübergehenden Waffenstillstand und der Freilassung einiger Geiseln, aber die Kämpfe werden wahrscheinlich mindestens bis Anfang 2024 andauern. Das palästinensische besetzte Gebiet steht auf der IRC Emergency Watchlist ganz oben, weil die humanitäre Notlage noch lange nach dem Ende der Kämpfe andauern wird.

Vorhersagen für 2024

  • Die Luftangriffe und Kämpfe in Gaza haben direkte und verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, die mit den anhaltenden Feindseligkeiten bis mindestens 2024 noch zunehmen werden.
  • Durch die Zerstörung der Gesundheits-, Wasser- und Sanitärinfrastruktur steht das Gesundheitssystem in Gaza vor dem Zusammenbruch.
  • Die Menschen in Gaza werden noch lange nach dem Ende der Kämpfe Schwierigkeiten haben, sich zu erholen und ihr Leben wieder aufzubauen.
  • Die Eskalation der Gewalt im besetzten Westjordanland wird den Bedarf an humanitärer Hilfe erhöhen. Der Konflikt in Gaza hat auch Spannungen an der israelischen Grenze zu Libanon ausgelöst.

 

1. Sudan

Der anhaltende Krieg zwischen den sudanesischen Streitkräften und den Rapid Support Forces hat Sudan an die Spitze der Emergency Watchlist 2024 katapultiert und das Land an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Nach weniger als einem Jahr Kampfhandlungen hat sich die Zahl der Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, bereits mehr als verdoppelt.

In Darfur haben Menschenrechtsgruppen von Massentötungen und Zwangsvertreibungen entlang ethnischer Grenzen berichtet. Es wird erwartet, dass sich die Krise bis 2024 dramatisch verschärfen wird, so dass Millionen von Menschen nicht genug zu essen haben und keinen Zugang zu wichtigen Gesundheits- und anderen Dienstleistungen erhalten.

Vorhersagen für 2024

  • Während sich die Kämpfe vor allem auf Khartum und Darfur konzentrieren, breiten sie sich zunehmend auf andere Teile des Landes aus und ziehen immer mehr bewaffnete Gruppen an. Die Aussichten auf ein Ende des Konflikts sind begrenzt.
  • Masern- und Choleraausbrüche könnten Sudan weiterhin heimsuchen, da das lahmgelegte Gesundheitssystem nicht in der Lage ist, auf die wachsende Gesundheitskrise im Land zu reagieren.
  • Ein Ende der Wirtschaftskrise in Sudan ist nicht in Sicht. Fast die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung ist arbeitslos und kämpft gleichzeitig mit Hyperinflation und Mangel an lebenswichtigen Gütern.
  • Das extreme Ausmaß an internen und externen Vertreibungen wird anhalten und die Auswirkungen auf die gesamte Region verstärken. Bereits 6,6 Millionen Menschen sind aufgrund des Konflikts innerhalb und außerhalb des Sudans vertrieben worden.

Quelle: www.rescue.org

Emergency Watch List