Berlin (epo). - Das Hilfswerk Caritas international hat an die öffentlichen Geldgeber für Nothilfe appelliert, ihr Engagement wesentlich stärker auf die von den Medien wenig beachteten Katastrophen zu konzentrieren. Während das Hilfswerk der Deutschen Caritas für die Opfer des Tsunami in Süd- und Südostasien im Jahr 2005 54 Millionen Euro einnehmen konnte, gingen für die Bürgerkriegsflüchtlinge im Kongo trotz vergleichbarer Not nur 43.000 Euro ein. "Wir alle wissen, dass die Versuchung groß ist, auf jede öffentliche Katastrophe einzugehen", sagte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, bei der Vorstellung des Jahresberichtes in Berlin. "Den Hilfsbedürftigen der Welt wäre jedoch aus unserer Sicht mit einer Aufstockung staatlicher Gelder beispielsweise für die Katastrophenvorsorge oder den Strukturaufbau mehr gedient."
Caritas international erzielte im Jahr 2005 das beste Ergebnis seiner Geschichte. Mit 106 Millionen Euro konnte das Hilfswerk seine Einnahmen aus privaten und öffentlichen Mitteln gegenüber dem Vorjahr (52 Millionen Euro) mehr als verdoppeln. Die Spenden stiegen im Jahr 2005 auf 76 Millionen Euro, die Zuschüsse auf 26,4 Millionen Euro. Die Verwaltungskosten lagen bei 7,87 Prozent.
Als Reaktion auf den ungleichen Spendeneingang holte Caritas international die Zustimmung von mehr als 13.500 Tsunami-Spendern ein, ihr Geld - rund acht Millionen Euro - für "vergessene Katastrophen" zu verwenden. "Wir appellieren aber auch an die Bundesregierung, ihre Gelder stärker auf die von den Medien nicht beachteten Katastrophen zu konzentrieren", sagte Caritas-Präsident Neher.
KAMPF DER KULTUREN
Mit Sorge beobachtete Caritas international im vergangenen Jahr, "dass Religion und Glauben in immer mehr Ländern als Keil benutzt werden, um die Bevölkerung zu spalten". "Wo religiöse und ethnische Konflikte bestehen, kann es keine nachhaltige Entwicklung geben", mahnte Martin Salm, Leiter von Caritas international. Gerade als christliche Hilfsorganisation wolle man deshalb, trotz schwieriger werdenden Rahmenbedingungen, künftig noch stärker seine Kompetenz auf dem Gebiet der interreligiösen Zusammenarbeit nutzen, um zur Verständigung über Religionsgrenzen hinweg beizutragen.
"Unsere Hilfsprojekte in Ländern wie dem Irak und Afghanistan, wo Caritas-Mitarbeiter unter Einsatz ihres Lebens Menschen aller Religionen unterstützen, tragen wesentlich zur Stabilisierung der Länder bei. Sie sind ein wichtiges Zeichen der Verständigung angesichts der Versuche radikaler Kräfte, die Kluft zwischen Ost und West, zwischen Religionen und Kulturen zu vergrößern", sagte Salm.
44 MIO. EURO NOCH NICHT ABGERUFEN
In mehr als tausend laufenden Hilfsprojekten gab Caritas international dem Jahresbericht 2005 zufolge rund 55 Millionen Euro für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau, soziale Vorhaben für Kinder und Jugendliche, Alte, Kranke und Behinderte aus. Der Personalaufwand sank trotz der Umsatzverdoppelung leicht auf 3,16 Millionen Euro, der Sachaufwand stieg von 1,6 Mio. auf 2,54 Mio. Euro.
44,26 Millionen Euro konnten im Jahr 2005 nicht in Projekte umgesetzt werden. Dabei handelt es sich nach Auskunft der Geschäftsleitung vorwiegend um zweckgebundene Spenden, die nach den Vorgaben des Gesetzgebers innerhalb von zwei Jahren ausgegeben werden müssten. In Verhandlungen mit den Behörden werde derzeit geklärt, wie schnell diese Gelder abfliessen müssen. Caritas international möchte sie z.B. in längerfristige Bauprojekte einfliessen lassen, die im Rahmen einer dreijährigen Planungsperspektive umgesetzt werden sollen.
Caritas international gehört zum weltweiten Netzwerk der Caritas mit 162 nationalen Mitgliedsverbänden.
[Foto: Erdbeben in Pakistan ? IRIN]
Caritas international: www.caritas-international.de