Berlin/Jerusalem. - Vergeltung für die Vergeltung für die Vergeltung … – um nur die letzten Ereignisse zu nennen: Israel tötet zwei Hamas-Führer in einem Akt klaren Völkerrechtsbruchs. Die Hisbollah im Libanon und der Iran, auf dessen Territorium eine der außergerichtlichen Hinrichtungen geschah, kündigen Vergeltung an. Israel »antwortet« mit einem »Präventivschlag«. Kampfjets bombardieren am Sonntagmorgen angeblich 270 mutmaßliche Stellungen von »Terroristen« im Libanon. Wieder ein völkerrechtswidriger kriegerischer Akt in einem neutralen Land, das zum Teil von der schiitischen Minderheit und ihrem militärischen Arm, der Hisbollah, dominiert wird. Die vom »Gottesstaat« Iran unterstützte Schiiten-Miliz feuert "nach eigenen Angaben" mehr als 300 Katjuscha-Raketen auf den Norden Israels ab. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Die Hamas in Gaza, die Hisbollah im Libanon und die gegenwärtige, von Extremisten dominierte Führung in Israel wollen kein Ende des Nahost-Konflikts: Die militärische Gewalt und die Furcht davor garantiert ihnen, dass sie an der Macht bleiben. Leidtragende sind die Bürger dieser Länder, die in den Kriegsberichten höchstens als »Kollateralschaden« auftauchen.
Um 06:42 Uhr am 25.08.2024 meldet der SPIEGEL: "Angeblich mehr als 320 Raketen: Hisbollah unternimmt Großangriff – Israel verhängt Ausnahmezustand". "Es ist eine lange erwartete Reaktion auf die Tötung ihres Militärchefs Fuad Shukr Ende Juli: Die Hisbollah-Miliz im Libanon habe nach eigenen Angaben Hunderte Raketen auf Israel abgefeuert. Dort wurde die höchste Bereitschaftsstufe ausgerufen." (Danach geht es beim SPIEGEL und anderen deutschen »Leitmedien« hauptsächlich um den Messerangriff von Solingen und den Tod von Fußballtrainer Christoph Daum.)
Laut CNN erklärt Israel, dass die Armee "‘preemptive’ strikes on Hezbollah targets in Lebanon" ausgeführt habe.
Um 10:00 Uhr fragt Frank Gardner im Rahmen der Live-Berichterstattung der BBC: "Is this the start of a wider war?" Er meint: "Not necessarily, but it is a serious and dangerous escalation."
Die BBC berichtet um 11:16 Uhr: "Israel and Hezbollah exchange heavy fire in major escalation". Die KollegInnen in UK äußern erneut die Befürchtung, dass das der Beginn eines Regionalkriegs sein kann. Das deutsche »Leitmedium« DER SPIEGEL schweigt zu den Ereignissen im Nahen Osten, die weiter eskaliert werden. Die ARD berichtet am Abend, Israel habe die Luftschläge auf Ziele im Libanon den ganzen Tag fortgesetzt. Die Hisbollah erklärt, die "erste Phase" der Angriffe auf Israel sei beendet und nach Plan verlaufen. Medienberichten zufolge gab es mindestens drei Tote im Libanon. Beide Seiten gehen buchstäblich über Leichen.
12:00 Uhr: Unserer Redaktion ist noch immer nicht ganz klar, wer den jüngsten Gewaltausbruch inszeniert hat: die Hisbollah oder Israel? Die CNN klärt auf, welche Ereignisse sich in welchem zeitlichen Ablauf ereignet haben: What you need to know about Sunday's exchange of fire between Israel and Hezbollah.
Um 15:27 Uhr zitiert CNN einen israelischen Militärsprecher: "We removed a wider threat, probably also a future threat in some areas, with an emphasis on rockets to the north of the country,” the spokesperson, Rear Adm. Daniel Hagari, said. He added that Israel had thwarted “most of the attack” that Hezbollah had planned to carry out by attacking 40 areas of southern Lebanon.«
Der Guardian meldet um 16:54 Uhr: "Early on Sunday, the Israel Defense Forces (IDF) said it had launched strikes inside Lebanon after assessing that Hezbollah was preparing to fire rockets and missiles towards Israel. Rear Admiral Daniel Hagari, the top Israeli military spokesperson, said 100 warplanes struck more than 40 Hezbollah launch areas, eliminating thousands of rocket launcher barrels aimed for immediate fire towards Israel."
In demselben Bericht heißt es: "Hezbollah has said it hit 11 Israeli military sites, fired more than 320 rockets and sent drones flying into northern Israel on Sunday as part of the “first phase” of its response to Israel’s killing of the movement’s top commander in a strike on Beirut last month. The Iran-backed group had vowed a significant response to the targeted killing of Fuad Shukr, raising fears that months of tit-for-tat strikes could escalate into an all-out war."
Um 19:46 Uhr schreiben Adam Fulton and Yohannes Lowe am Ende ihrer Live-Berichterstattung: "Hezbollah has said it hit 11 Israeli military sites, fired more than 320 rockets and sent drones flying into northern Israel on Sunday as part of the 'first phase' of its response to Israel’s killing of the movement’s top commander in a strike on Beirut last month."
21:22 Uhr: Der iranische Außenminister Seyed Abbas Araghchi (@araghchi) berichtet auf der Plattform X über ein Telefongespräch mit seinem italienischen Kollegen Antonio Tajani. "Pleased to receive congratulatory call from Italian FM @Antonio_Tajani. Lengthy discussion focused on region. Iran reaction to Israeli terrorist attack in Tehran is definitive, and will be measured & well calculated. We do not fear escalation, yet do not seek it—unlike Israel."
21:56 Uhr: ZDF.de berichtet im heute Journal, Israel habe seine Kampfjets bereits in der Luft gehabt, als die Hisbollah im Morgengrauen ihre Raketen losschickte. War es nun ein Präventivschlag oder Vergeltung vonseiten Israels?
US helped Israel track incoming Hezbollah attacks, defense official says". Er zitiert um 22:30 Uhr MESZ einen anonym bleibenden »Defense Official": “We continue to closely monitor the situation and remain well-postured and ready to support the defense of Israel from attacks by Iran and any of its proxies”.
CNN meldet zudem: "US Secretary of Defense Lloyd Austin has ordered two aircraft carrier strike groups to remain in the region. The USS Abraham Lincoln arrived in the Middle East last week, joining the USS Theodore Roosevelt. Austin notified Israeli Defense Minister Yoav Gallant of the decision to leave the carrier groups in place during a call Sunday where they discussed the overnight strikes.The USS Wasp amphibious ready group is already in the Mediterranean Sea. Advanced F-22 fighter jets have also arrived in US Central Command in recent weeks."
Von ihrer ARD-Webseite lächelt indessen Karen Miosga auf einem Foto zur Ankündigung ihrer Talk-Sendung, die um 22:00 Uhr beginnt. Der Text dazu: "Wie schützen wir uns vor islamistischer Gewalt? Aufgrund des Anschlags in Solingen wurde das Thema der Sendung heute Abend aktualisiert”. Die Plattform X (Twitter") vermeldet zur selben Zeit ihre Deutschlandtrends:
23:49 Uhr: Der diensthabende epo-Redakteur beendet seine Live-Berichterstattung und muss einräumen: Die Frage "Wer hat angefangen?" war naiv, denn den Anfang kennen wir. Epo.de hatte am 16. Dezember 2023 eine TomDispatch-Artikelserie von Andrew Bacevich über die US-Militärstrategie im Nahen Osten aufgegriffen, die im Wesentlichen darauf hinausläuft, den wachsenden Einfluss des Iran in der Region einzudämmen. Bacevich schreibt, im Gaza-Krieg hätten sich zwei "Meta-Konflikte" zu einem großen Konflikt vereint:
- Der Israelisch-Arabisch Konflikt, der seit 1948 andauert und auf die Vertreibung der Palästinenser als Folge der britischen Balfour-Deklaration zurückzuführen ist.
- Die auf die militärische Intervention der Sowjetunion in Afghanistan, die islamische Revolution im Iran und die zweite Ölkrise folgende Carter-Doktrin von 1980, mit der die US-Eliten den Nahen Osten ausdrücklich zu ihrer Einflusssphäre erklärten und drohten, diese auch militärisch zu verteidigen.
P.S.: 26.08.2024, 01:00 Uhr: Während dessen ging der Krieg in Gaza (und in anderen Teilen der Welt) weiter: Al Jazeera im Live-Blog:
"At least 40,334 people have been killed and 93,356 wounded in Israel’s war on Gaza. An estimated 1,139 people were killed in Israel during the Hamas-led attacks on October 7."