Roland Peltzer Juergen ZattlerDie Entwicklungszusammenarbeit (EZ) ist in der Kritik. Viele Leute fragen sich, warum Deutschland Geld für den Bau von Fahrradwegen in Peru ausgeben soll, wenn bei uns die Brücken zusammenbrechen, Kindergärten wegen Personalmangel schließen und das deutsche Mobilfunknetz weniger leistungsfähig ist als in vielen unserer Partnerländer im Globalen Süden. Es wird auch wieder verstärkt infrage gestellt, ob Entwicklungspolitik überhaupt hilft. China und viele asiatischen Tigerstaaten haben sich entwickelt und Armut weitgehend abgeschafft, ohne dass die Entwicklungszusammenarbeit dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet hätte. Auf der anderen Seite verharren stark geförderte afrikanische Staaten auf einem niedrigen Entwicklungsstand.

Skepsis gegenüber der Entwicklungszusammenarbeit und Haushaltskürzungen

Die weit verbreitete Skepsis in der deutschen Öffentlichkeit gegenüber der Entwicklungszusammenarbeit trägt dazu bei, dass die Mittel für Entwicklungspolitik ganz oben auf der Liste stehen, wenn es um Einsparungen geht. Der Haushaltstitel des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist in den letzten drei Jahren (einschließlich Haushalt von 2025) um 25 % gekürzt worden.

Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit in Afrika

Nun kann Entwicklungszusammenarbeit nicht alle Probleme der Welt lösen. Allerdings ist die Kindersterblichkeit in Afrika in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen ist. Dort erhalten heute fast alle Kinder eine Grundschul- und viele auch eine weiterführende Bildung erhalten. Krankheiten wie Malaria werden zunehmend wirksam bekämpft. All das ist auch das Ergebnis der Entwicklungszusammenarbeit. Unsere Hilfe war also durchaus wirksam.

Beitrag Deutschlands zur globalen Energiewende

Deutschland hat in den letzten Jahren über die Entwicklungszusammenarbeit auch einen signifikanten Beitrag dazu geleistet, die Energiewende in China, Indien und in vielen anderen Staaten der Welt voranzutreiben. Indem Deutschland die Reform der Multilateralen Entwicklungsbanken angestoßen hat, fließen nun mehr Mittel in den grünen Umbau der Weltwirtschaft. Wenn heute die Stromversorgung in Kenia, Marokko, oder Uganda weitgehend aus Erneuerbaren Energien erfolgt, dann ist dies nicht zuletzt Ergebnis unseres bilateralen, europäischen und multilateralen Engagements. Wenn immer gesagt wird, Deutschland könne mit einem Anteil von 2% am globalen Co2 Ausstoß nicht viel dazu beitragen, den Klimawandel aufzuhalten, dann stimmt das also nicht.

Effizienzsteigerung und Bürokratiereformen notwendig

Allerdings müssen sich auch die Akteure der Entwicklungspolitik angesichts massiver Bedarfe in fast allen Bereich den öffentlichen Daseinsvorsorge in Deutschland fragen lassen, welchen Beitrag sie dazu leisten können, dass knappe Geld der Steuerzahler effizienter und wirksamer eingesetzt werden. Über viele Jahre sind die Budgets für die Entwicklungszusammenarbeit kontinuierlich gewachsen, ebenso wie das Personal in den Institutionen, die diese abwickeln. Eine Vielzahl von immer detaillierteren Vorgaben und Auflagen hat dazu geführt, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in weiten Bereichen sehr schwerfällig und bürokratisch geworden ist. Nicht selten vergehen von der Anfrage einer Finanzierung bis zu ihrer Bewilligung anderthalb Jahre und mehr. Deshalb aber auch weil sich die deutsche und europäische Entwicklungszusammenarbeit im Globalen Süden zunehmend mit Akteuren wie China, Indien, Russland, Türkei oder arabischen Staaten konkurriert, brauchen wir grundlegende Reformen.

Zentral ist, dass die einzelnen Ministerien in der Bundesregierung ihr Agieren gegenüber dem globalen Süden besser koordinieren. Außen-, Wirtschafts- , Sicherheits-, Klimapolitik und Entwicklungszusammenarbeit müssen besser abgestimmt werden. Die politische Steuerung muss verstärkt werden, mit klaren, möglichst ressortabgestimmten Zielen und Strategien. Dadurch könnte die immer noch verbreitete Feinsteuerung der Durchführungsorganisationen überwunden werden.

Mobilisierung privater Investitionen für die Entwicklungsfinanzierung

Eine wichtige Baustelle ist die Mobilisierung zusätzlicher Mittel vom privaten Kapitalmarkt für die Entwicklungsfinanzierung. Notwendig sind massive private Investitionen in die Energie- und Transportsysteme sowie in die Landwirtschaft. Bisherige Anstrengungen waren wenig erfolgreich, auch weil wir uns zu sehr auf die Subventionierung einzelner Privatinvestitionen konzentriert haben und nicht systematisch vorgegangen sind. Dazu gehört vor allem auch, die Partner dabei zu unterstützen, grüne Investitionen attraktiver zu machen, z.B. durch eine Umwidmung von umweltschädlichen Subventionen. Daneben geht es Förderinstrumente intelligenter einzusetzen, z.B. für umfassende Garantieansätze für grüne Investitionen. Entsprechende Vorschläge der G20 liegen auf dem Tisch.

Schon jetzt werden mehr als 50 % der Entwicklungskredite der KfW – Entwicklungsbank in Höhe von ca. 10 Mrd. p.a. über den Kapitalmarkt refinanziert. Dieser Betrag könnte deutlich erhöht werden, wenn die Bundesregierung den entsprechenden Gewährleistungsrahmen für die KfW ausweiten würde. Diese Gewährleistungen sind nicht haushaltswirksam und außerdem ist das Ausfallrisiko für den Bund sehr gering. Dabei benötigen Kredite an gut strukturiere und rentable Unternehmen, wie z.B. Windkraftbetreiber in Marokko, auch nicht unbedingt einer Zinssubvention durch den BMZ-Haushalt.

Wichtig wäre es auch, private Pensionsfonds, wie z.B. die der Kirchen, die ethische Anlagen suchen, stärker in die Entwicklungsfinanzierung einzubeziehen. Bei der DEG-Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft gibt es dazu erste Ansätze. Aufgrund hoher regulatorischer Hürden war die DEG in den letzten Jahren trotz eines gestiegenen Bedarfs allerdings kaum in der Lage, ihre Finazierungen substantiell auszudehnen. Ein intelligente Anpassung von Regulierung könnte hier viele zusätzliche Finanzierungen freisetzen, ohne dass dafür Haushaltsmittel gebraucht würden.

Akzeptanz der Entwicklungszusammenarbeit durch Effizienz und neue Finanzierungsquellen

Wenn innerhalb der EZ-Community gefragt wird, wie man wieder mehr öffentliche Akzeptanz erreichen kann, dann ist eine Antwort: Besser und effizienter werden und neue private Quellen für die Entwicklungsfinanzierung erschliessen.

Roger Peltzer war in seiner aktiven Zeit zuletzt Abteilungsleiter bei der DEG-Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft.
Jürgen Zattler war bis 2023 Abteilungsleiter im BMZ und davor deutscher Exekutivdirektor bei der Weltbank.

 


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