Berlin (epo.de). - Der weltweite Kohleverbrauch bleibt ein zentrales Thema in der Diskussion um den Klimaschutz. Aktuelle Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) und Analysen verdeutlichen, dass der Einsatz von Kohle weiterhin auf hohem Niveau verharrt – und in einigen Regionen sogar noch steigt. Gleichzeitig gibt es ermutigende Entwicklungen im Bereich erneuerbarer Energien, die auf einen Wendepunkt ab 2025 hoffen lassen.
Kohleverbrauch erreicht neue Rekordhöhen
Nach Angaben der IEA wird der globale Kohleverbrauch im Jahr 2024 voraussichtlich auf 8,8 Milliarden Tonnen steigen – ein Zuwachs von einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr und das vierte Allzeithoch in Folge. Besonders China und Indien treiben diese Entwicklung voran. Allein China wird schätzungsweise 4,9 Milliarden Tonnen Kohle verbrauchen, während Indien mit einem Anstieg um fünf Prozent auf 1,3 Milliarden Tonnen einen weiteren Rekord verzeichnet. Gemeinsam sind diese beiden Länder für mehr als die Hälfte des weltweiten Kohleverbrauchs verantwortlich.
Im Gegensatz dazu sinkt der Kohleverbrauch in Europa und Nordamerika weiter. Während Europa mit einem Rückgang um acht Prozent auf 0,5 Milliarden Tonnen rechnet, liegt der Rückgang in Nordamerika bei fünf Prozent. Diese Entwicklungen reichen jedoch nicht aus, um die steigenden Verbrauchszahlen in Asien auszugleichen.
Trotz des beschlossenen Kohleausstiegs bis spätestens 2038 bleibt Kohlestrom in Deutschland weiterhin ein zentraler Bestandteil der Energieversorgung, insbesondere als Backup in Zeiten der sogenannten Dunkelflaute. Dunkelflauten – Phasen, in denen weder ausreichend Wind noch Solarenergie verfügbar sind – führen aktuell zu Debatten über Versorgungssicherheit und die Rolle fossiler Energieträger. Trotz dieser Herausforderungen ist es den Netzbetreibern in Deutschland bisher stets gelungen, das Stromnetz stabil zu halten und eine zuverlässige Versorgung zu gewährleisten. Dies geschieht durch vorausschauende Netzsteuerung, den Einsatz von Reservekapazitäten und die enge Zusammenarbeit zwischen Übertragungsnetzbetreibern. Auch wenn der Ausbau der Netzinfrastruktur und Reserveleistungen weiter und schnell auszubauen ist, zeigt sich, dass das deutsche Stromnetz bisher robust genug ist, um die Versorgungssicherheit auch in kritischen Situationen zu garantieren.
Erneuerbare Energien gewinnen an Dynamik
Trotz dieser ernüchternden Zahlen zeigen sich ermutigende Signale aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Laut dem Halbjahresbericht „Strom 2024“ der IEA wird die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2025 einen Anteil von 35 Prozent an der weltweiten Stromversorgung erreichen. Damit würden sie erstmals die Kohle als größte Quelle der Stromerzeugung ablösen. Besonders Solar-PV und Windenergie sind die Treiber dieses Wachstums. Allein die Solarenergie wird laut Prognosen bis zu 50 Prozent des Zuwachses der weltweiten Stromnachfrage in den Jahren 2024 und 2025 decken.
Während in China und Indien die Stromerzeugung aus Kohle noch dominierend bleibt, zeigen Fortschritte wie der Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen sowie der Wiederaufschwung der Wasserkraft, dass erneuerbare Energien zunehmend an Bedeutung gewinnen. „Die globale Kohlenachfrage wird bis 2027 ein Plateau erreichen“, prognostiziert die IEA. Dies könnte der Anfang einer langfristigen Abkehr von Kohle sein.
Herausforderungen und Unsicherheiten
Die IEA sieht jedoch erhebliche Unsicherheiten. Insbesondere in China könnte der Kohleverbrauch aufgrund wetterbedingter Schwankungen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2027 um bis zu 140 Millionen Tonnen variieren. Zudem bleibt die Nachfrage in anderen Regionen wie Südostasien hoch. Hier wird prognostiziert, dass der ASEAN-Staatenbund Europa als drittgrößte Verbrauchsregion ablösen wird.
Darüber hinaus stellt der wachsende Energiebedarf durch die Elektrifizierung, die Nutzung von Klimaanlagen und den zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Rechenzentren weitere Herausforderungen dar. Diese Entwicklungen könnten den Umstieg auf grünere Energien verlangsamen, falls nicht parallel Investitionen in Effizienzsteigerungen und Netzausbau getätigt werden.
Ein Blick in die Zukunft: Mehr grüner Strom ab 2025?
Die IEA betont, dass die Anstrengungen zur Erhöhung des Anteils sauberer Energien am Strommix beschleunigt werden müssen, um die internationalen Klimaziele zu erreichen. Ab 2025 könnte der Wendepunkt eintreten, an dem grüner Strom erstmals die Kohle überholt. „Die Auswirkungen schwerer Hitzewellen und der wachsende Kühlbedarf unterstreichen die zunehmende Bedeutung von Elektrizität in unseren Volkswirtschaften“, erklärte Keisuke Sadamori, Direktor für Energie, Märkte und Sicherheit bei der IEA. Dabei müssten Netze ausgebaut und Standards für Energieeffizienz verschärft werden.
Quellen
- IEA-Bericht „Electricity Mid-Year Update: July 2024“ – Halbjahresbericht der Internationalen Energieagentur zur Stromnachfrage und den Trends bis 2025.
- IEA-Bericht zum globalen Kohleverbrauch 2024 – Aktuelle Zahlen zum weltweiten Einsatz fossiler Energieträger.
- Global Carbon Budget 2024 – Das Global Carbon Project ist ein internationales Forschungsprojekt im Rahmen der Future Earth-Initiative für globale Nachhaltigkeit und ein Forschungspartner des Weltklimaforschungsprogramms (World Climate Research Programme).