Real Aid IILondon (epo.de). - Von jedem Euro ötfentlicher Entwicklungshilfe dienen lediglich 53 Cent der Bekämpfung der Armut in Entwicklungsländern. Ein Viertel der Hilfe oder rund 20 Milliarden US-Dollar pro Jahr sei gar "Phantomhilfe" und werde für oft nicht armutsorientierte technische Hilfe, für Berater und deren Dienstleistungen ausgegeben oder beruhe auf unseriösen Berechnungen. Zu diesem Schluss kommt die internationale Entwicklungsorganisation ActionAid in ihrem zweiten  "Real Aid"-Bericht, der jetzt in London veröffentlicht wurde.

Wie schon in ihrem im Mai 2005 erschienenen ersten Bericht geht ActionAid von der These aus, Entwicklungstransfers müssten auf die Ausrottung der Armut ausgerichtet sein. In der Realität diene aber ein Großteil der Hilfe den Interessen der Geberländer oder sei den Bedürfnissen der Empfängerländer nicht angepasst, argumentiert ActionAid.

So bestehe ein beträchtlicher Teil der Ausgaben für Technische Hilfe in der Finanzierung westlicher Berater, die in vielen Fällen gar nicht gebraucht würden, wenn das lokal vorhandene Wissen genutzt würde. In Kambodscha werde ein ausländischer Consultant mit durchschnittlich 17.000 Dollar pro Monat honoriert, während ein Regierungsangestellter nicht mehr als 40 Dollar monatlich verdiene. In Ghana koste ein unerfahrener ausländischer Berater pro Tag soviel wie ein Regierungsbeamter im Monat.

Rund die Hälfte der Technischen Unterstützung, die Großbritannien gewähre, werde so von Beratern und anderen Experten aufgebraucht, die Mehrheit von ihnen Briten, kritisiert die NGO. "Hilfe muss den Ärmsten nützen, nicht die Taschen westlicher Consultants füllen", sagte "Real Aid"-Autorin Romilly Greenhill. "Zu viel Hilfe wird von den Gebern ausgemacht, konzipiert und gemanagt. Sie ist an die  Firmen im Geberland gebunden, schlecht koordiniert und basiert auf einer Reihe von Annahmen über ausländische Expertise und die Ignoranz der Empfänger."

PHANTOM-HILFE

Neben der Technischen Hilfe rügt ActionAid im neuen Bericht hohe Verwaltungskosten, die Mehrfachberechnung von Schuldenerlassen, sowie Hilfe, die an Aufträge für heimische Firmen gebunden ist, geopolitischen oder kommerziellen Zwecken dient oder lediglich darin besteht, Flüchtlinge in den Geberländern zu unterstützen. Diese "Phantomhilfe" sei "auf Kosten der armen Leute an die Ziele der Geber gebunden, während wirkliche Hilfe direkt und nachweisbar Armut reduziert", heißt es in dem Bericht.

Phantomhilfe
"Phantomhilfe" 2003 (blau) und 2004 (ActionAid)

Im Vergleich zum letzten Bericht hat sich der Anteil der "Phantomhilfe" an der gesamten öffentlichen Hilfe (Official Development Assistance, ODA) leicht verringert. so ActionAid. Im Jahr 2004 waren von der deutschen Entwicklungshilfe demnach 45% "Phantomhilfe" (2003: 58%). Am besten schneidet Irland ab, dessen Hilfe nur zu 13% aus "Phantomhilfe" besteht, am schlechtesten die USA (62%), Griechenland (66%) und Portugal (82%). Der Durschnittswert für alle westlichen Hilfegeber (DAC) beträgt für 2004 rund 47% (2003: 53%).

Nimmt man die "reale Hilfe" nach der Terminologie von ActionAid, ergibt sich eine neue Hierarchie der größten Entwicklungshilfe-Zahler unter den westlichen Industriestaaten. Am meisten "reale Entwicklungshilfe" pro Kopf der Bevölkerung stellen die Luxemburger zur Verfügung (441 Dollar pro Jahr), gefolgt von Norwegen (347), Dänemark (297) und Schweden (238). Deutschland liegt mit 50 Dollar pro Jahr leicht über dem DAC-Durchschnitt (48), weit hinter der Schweiz (135), aber vor Österreich (35) und Italien (28). Das Schlusslicht bilden die USA (25), Portugal (18) und Griechenland (14).

Entwicklungshilfe pro Kopf

ActionAid verfügt nach eigenen Angaben über mehr als 2.000 Partnerorganisationen weltweit. 89% der 1.787 Mitarbeiter entstammen Entwicklungsländern. In Europa wird die Organisation von rund 320.000 Menschen unterstützt.

? ActionAid Report 2006 (PDF)

[Foto/Grafik: Copyright ? by  ActionAid]

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