Sahara Staubsturm. Foto: Uni MainzMainz (epo.de). - Eine 40köpfige Gruppe von Atmosphären-Physikern, Meteorologen, Mineralogen und Umweltphysikern hat in einem mehrwöchigen Großexperiment Daten über Staubstüme am Rand der Sahara gesammelt. Die deutschen Forscher erhoffen sich von der Auswertung ihrer Expedition in den Süden Marokkos Aufschluss darüber, wie genau Modelle der globalen Klimaerwärmung sind. Bislang ist unbekannt, wie sich die eineinhalb Milliarden Tonnen von Staub und Sand auswirken, die jährlich von den Wüsten der Erde in die Atmosphäre gelangen - ob sie zum Temperaturanstieg auf unserem Planeten beitragen oder ihm entgegenwirken.

Die Forschergruppe hielt sich für sechs Wochen am Rande der Sahara in Südmarokko auf, um die Zusammensetzung und die Verteilung von Sand- und Staubteilchen in der Luft zu untersuchen. "Wir wollten meteorologische Situationen mit wenig Staub und solche mit Staubstürmen messtechnisch erfassen", erklärte Lothar Schütz vom Institut für Physik der Atmosphäre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Beides ist uns auch gelungen und wir haben hervorragende Daten erhalten."

Bei Temperaturen bis zu 42 Grad im Schatten stellten die Mainzer Atmosphärenphysiker zusammen mit ihren Kollegen nahe der "Porte au Sahara" - dem Tor zur Sahara - Messcontainer auf, die den Weg über den Hohen Atlas gekommen waren, und bauten Messvorrichtungen am Boden auf. Sie installierten Instrumente zum Einsammeln von Saharastaub an Flugzeugen und sammelten Daten von Messstationen im Atlas-Gebirge, teilweise auf 4.000 Meter Höhe und nur zu Fuß zu erreichen. "Jetzt brauchen wir ein Jahr Zeit, um die Daten und vor allem die gesammelten Proben komplett auszuwerten", sagte Konrad Kandler von der TU Darmstadt. "Dann können wir etwas über die Strahlungswirkung von Staub und Sand sagen und vielleicht auch etwas über ihren Einfluss auf unser Klima", stellt Schütz in Aussicht.

Staub aus der Sahara-Wüste wird regelmäßig vom Wind bis zu 5.000 Meter hoch in die Atmosphäre getragen und zieht dann über den Atlantik bis in die Karibik oder an die südamerikanische Küste und das Amazonas-Gebiet. Die "Staubwolken" können dabei enorme Ausmaße annehmen und in Einzelfällen mit 500.000 Quadratkilometern die Größe Spaniens erreichen.

Die Frage ist, welchen Einfluss dieser Transport von Staub auf die Strahlungsbilanz in der Atmosphäre hat: Laufen in vier bis fünf Kilometer Höhe vielleicht auch Prozesse ab, die dem Temperaturanstieg entgegenwirken? Staubpartikel tragen zur Wolkenbildung bei und sie können Sonnenstrahlung in den Weltraum rückstreuen oder aber die Energie speichern, je nachdem, ob es sich um helle oder dunkle Partikel handelt.

Insgesamt gelangen jährlich rund fünf Milliarden Tonnen Staubteilchen oder Aerosolpartikel durch im Wesentlichen natürliche, aber auch vom Menschen verursachte Prozesse in die Atmosphäre. Der Mineralstaub aus den Wüsten der Erde hat daran einen Anteil von 1,5 Milliarden Tonnen und wiederum 60 Prozent davon entstammen dem Wüstenkomplex der Sahara. "Während der anhaltenden Dürreperiode in der Sahelzone der letzten Jahrzehnte wurde die weltweite Staubproduktion möglicherweise um ein Drittel erhöht, ohne dass dies in den bisherigen Abschätzungen zur Klimaveränderung berücksichtigt wurde", rechnete Schütz vor.

Schütz gehört zu der Forschergruppe SAMUM, an der - außer dem Institut für Physik der Atmosphäre in Mainz - das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig, das Institut für Meteorologie der Universität München, das Institut für Mineralogie der Technischen Universität Darmstadt und das Institut für Umweltphysik und Fernerkundung der Universität Bremen beteiligt sind. SAMUM - der trockenheiße Sandsturm aus der Sahara hat dem Projekt seinen Namen gegeben - wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den ersten drei Jahren mit rund einer Million Euro unterstützt. Das Mainzer und Darmstädter Team um Lothar Schütz und Konrad Kandler haben dabei die Aufgabe, die Zusammensetzung und die räumliche Verteilung des Mineralstaubs in der Atmosphäre zu untersuchen.

Bei dem Großexperiment im Süden Marokkos kam dazu ein riesiger Instrumentenpark zum Einsatz. Die Messungen gehörten zu den umfangreichsten, die je in diesem Teil Afrikas vorgenommen wurden. An zwei Bodenstationen in Zagora und Ouarzazate, mit zwei Flugzeugen und bei Überflügen von Satelliten hat das Forscherteam Staub und Strahlung in der Atmosphäre vermessen. Zudem wurden Proben für spätere, aufwendige Laboruntersuchungen in Deutschland gewonnen. "Wir sind mit den Daten aus dem Feldexperiment sehr zufrieden", fasste Schütz die Ergebnisse zusammen. "Und wir werden auch für die Computersimulationen der Kollegen die Angaben liefern können, die zur Verbesserung der Modelle gebraucht werden."

Außerdem sind die Wissenschaftler einem bislang wenig beachteten Phänomen nachgegangen, von dem sie vermuten, dass es bei der Entstehung von Staub- und Sandstürmen eine wichtige Rolle spielt: "An den Rändern des Atlas-Gebirges kann es dazu kommen, dass durch Verdunstung von Regen abgekühlte Luft wie eine Lawine den Hang runterrutscht", berichtete Peter Knippertz, Expeditionsteilnehmer und Leiter einer Nachwuchsforschergruppe an der Uni Mainz. "Diese Luft-Rutschungen können Ausmaße von mehr als 200 Kilometern erreichen und tragen vermutlich maßgeblich zur Aufwirbelung von Staub in die Atmosphäre bei."

[Foto: Staubtromben sind neben den Sand- und Staubstürmen wichtige Quellen für luftgetragenen Mineralstaub. Foto Copyright ? by Universität Mainz]

Johannes Gutenberg-Universität Mainz
www.tropos.de/samum/


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