EUBrüssel/Bonn (epo.de). - Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat im Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel die Arbeitsschwerpunkte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Entwicklungspolitik vorgestellt. Der Nachbarkontinent Afrika und die Wirksamkeit der EU-Hilfe hätten Priorität, erklärte die Ministerin. Afrikanische und deutsche Nichtregierungsorganisationen befürchten indessen eine Verschärfung der Armut in Entwicklungsländern durch die Politik der Europäischen Union.

Wieczorek-Zeul unterstrich die Verantwortung Europas für eine faire globale Entwicklung: "Die Europäische Union muss ihre Wertvorstellungen einer gerechten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ordnung glaubwürdig verkörpern - in ihrer Gesamtpolitik und in der Entwicklungspolitik. Europa steht in der Pflicht, seinen großen Einfluss zum Nutzen unserer Partnerländer im Süden einzusetzen."

Die Ministerin erklärte weiter, das besondere Engagement des deutschen EU-Ratsvorsitzes wie auch des gleichzeitigen G8-Vorsitzes gelte Afrika. "Afrika formiert sich zunehmend als politische Interessen- und Handlungsgemeinschaft - und damit als starker Partner Europas im 21. Jahrhundert. Es liegt in unserem eigenen Interesse, dass Afrika sein riesiges wirtschaftliches und kulturelles Potenzial nutzt und die dort bestehende Dynamik weiter an Schwung gewinnt".

Konkret liegt während der deutschen EU-Präsidentschaft die entwicklungsförderliche Ausrichtung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und den 78 AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) an. Ziel Deutschlands sei es, mit den Abkommen eine gerechtere Teilhabe der Entwicklungsländer am globalen Handel zu eröffnen und sie nachhaltig in die Weltwirtschaft einzubeziehen, so die Ministerin.

Wieczorek-Zeul betonte die Entschlossenheit der Bundesregierung, unter ihrer Präsidentschaft die Wirksamkeit der EU-Hilfe weiter zu verbessern: "Um die weltweite Armut bis 2015 zu halbieren, müssen wir das Beste aus jedem Euro Entwicklungszusammenarbeit herausholen. Schlecht organisierte Hilfe ist eine Belastung für die Entwicklungsländer." Deutschland habe deshalb die bessere Arbeitsteilung zwischen EU-Kommission und Mitgliedsstaaten auf die Agenda gesetzt. Während des deutschen Ratsvorsitzes sollen konkrete Umsetzungsschritte unternommen und neue Handlungsprinzipien zur Steigerung der Effizienz auf EU-Ebene eingeführt werden.

Mit dem Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft kommt es zu einer europäischen Premiere: Erstmals gibt es mit den beiden in der Ratspräsidentschaft folgenden Ländern Portugal und Slowenien eine Trio-Präsidentschaft. Durch ein gemeinsames Arbeitsprogramm für 18 Monate (Januar 2007 bis Juni 2008) wird die Kontinuität europäischer Politik erhöht und das Zusammenwachsen in Europa gefördert.

VENRO KRITIISIERT EPAS

Bei den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) müsse die deutsche EU-Ratspräsidentschaft darauf drängen, dass die EU und die Entwicklungsländer auf gleicher Augenhöhe verhandeln und die Abkommen die Interessen der Entwicklungsländer berücksichtigen", sagte die stellvertretende VENRO-Vorsitzende, Christa Randzio-Plath, anlässlich der Vorstellung des entwicklungspolitischen Programms der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. "Auch die afrikanische und europäische Zivilgesellschaft muss ihre Interessen in die Verhandlungen einbringen können", forderte Randzio-Plath.

Die Bundesregierung hatte erklärt, dass die Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen. Randzio-Plath betonte, dass die EPAs als Entwicklungsinstrumente konzipiert worden seien. "Damit sie diesen Zweck erfüllen können, muss genügend Zeit bleiben, um Mechanismen zum Schutz der wirtschaftlichen und ländlichen Entwicklung der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten zu integrieren. Handel fördert nicht automatisch Wachstum und Entwicklung", erklärte die stellvertretende VENRO-Vorsitzende in Brüssel. VENRO verlange daher, die Frist für die Verhandlungen zu verlängern.

Mit Blick auf den angekündigten Arbeitsschwerpunkt "Energie und Entwicklung" erwartet VENRO, dass die EU ihre Mittel für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern deutlich erhöht. "Die Europäische Union muss bei der Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen dem Verursacherprinzip folgen", sagte Randzio-Plath. Sie forderte die Bundesregierung zugleich auf, ihren EU-Vorsitz zu nutzen, um die vereinbarte Verringerung der Emissionen in der EU umzusetzen. Dabei müsse die EU vor allem auf erneuerbare Energien setzen.

In einem gemeinsamen entwicklungspolitischen Manifest zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft riefen afrikanische und deutsche Nichtregierungsorganisationen dazu auf, die EU-Politik in den Bereichen Landwirtschaft, Handel, Sicherheit, Energie, Klima, Gender und zur Bekämpfung von HIV/Aids im Einklang mit den entwicklungspolitischen Zielen der Europäischen Union zu gestalten.

Das VENRO-Projekt "Afrikas Perspektive - Europas Politik" ist eine kritisch-konstruktive Begleitung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft durch entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen aus Afrika und Deutschland: www.afrikas-perspektive.de.

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