Kaffeebauer in ?thiopienBerlin (epo.de). - Die katholische Entwicklungsorganisation Misereor und die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung haben Vorschläge für eine Reform des weltweiten Agrarhandels vorgelegt. Vertreter von Bauern- und Umweltverbänden, Wissenschaft und Politik aus der ganzen Welt waren an der inhaltlichen Diskussion und der Erarbeitung des Berichts "Handelsregeln für eine global zukunftsfähige Landwirtschaft" beteiligt. Der Report orientiert sich am Leitbild einer sozial gerechten und ökologischen Landwirtschaft. Entsprechend müssten in Zukunft weltweite Agrarhandelsregeln an diesem Ziel ausgerichtet sein.

Der Vorstand der Böll-Stiftung, Barbara Unmüßig, unterstrich: "Eine rein ökonomische Perspektive verkennt die sozial- und umweltpolitische Bedeutung des Agrarhandels. Ein Paradigmenwechsel ist notwendig: Der weltweite Handel muss endlich so  gestaltet werden, dass er den Anforderungen der Armutsbekämpfung und des Klimawandels gerecht wird. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Die Verhandlungen zu einer weiteren Liberalisierung des Agrarhandels in Rahmen der WTO drohen derzeit zu scheitern. Wir wollen diese Chance nutzen, um einen breiten Dialog über die Reformen anzustoßen, die notwendig sind, damit der Agrarhandel eine nachhaltige Landwirtschaft in vitalen ländlichen Räumen befördert. Der Bericht 'Slow Trade - Sound Farming' ist ein zentraler Beitrag dazu."

Die bisherigen Erfahrungen mit der Liberalisierung des Weltagrarhandels und mit regionalen Freihandelsabkommen verdeutlichen nach Ansicht der NRO die negativen Folgen der Marköffnung sowohl für die Hunger- und Armutsbekämpfung als auch für die Umwelt weltweit. "Aus allen Regionen der Welt berichten uns unsere Projektpartner über die verheerenden Auswirkungen von Freihandelsabkommen", sagte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Josef Sayer. "Dazu gehört z.B. die Zunahme an Importen billiger Nahrungsmittel in einer Vielzahl von Ländern und deren katastrophalen Folgen für den Marktzugang von Kleinbauern auf ihren lokalen Märkten. Dazu gehören aber auch z.B. die dramatisch gesunkenen Baumwollpreise in Westafrika oder die Ausweitung von Ölpalmplantagen in Indonesien. Sie verdrängen Kleinbauern und lokale Gemeinschaften, gehen auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion, vermehren die Elendsviertel in den Ballungsräumen und ziehen einen Raubbau an der Natur nach sich, mit langfristigen Kosten für die kommenden Generationen."

Das Papier empfiehlt daher sowohl aus entwicklungs- als auch aus umweltpolitischer Perspektive eine starke Konzentration auf die lokale und regionale Agrarproduktion. Dazu, so die Autoren des Berichts, müssten die Handlungsspielräume nationaler Politik erweitert werden: Maßnahmen, die den Handel mitgestalten, wie Nachhaltigkeitsstandards, aber auch Einfuhrzölle und Quoten, werden als Steuerungsinstrumente für sinnvoll erachtet, solange sie einer sozial gerechten und nachhaltigen Entwicklung dienen.

Eine undifferenzierte Deregulierung des Agrarhandels, wie sie im Rahmen der WTO seit 1995 verhandelt werde, erscheine gerade im Hinblick auf die große Bedeutung des Agrarsektors für Ernährungssicherheit, Armut und Umweltschutz kontraproduktiv. "Während gegenwärtig der unbeschränkte Marktzugang oberstes Ziel in Welthandelsverträgen ist, wäre das wichtigste Ziel einer Welthandelsinstitution der Zukunft, den Agrarhandel zu managen und nicht zu deregulieren", so Wolfgang Sachs vom Wuppertal-Institut, einer der Hauptautoren der Studie.

Der Bericht soll eine breite und intensive Debatte über neue und innovative Lösungsansätze für einen sozial und ökologisch gerechteren Weltagrarhandel anregen. Die Reformvorschläge von MISEREOR und Heinrich-Böll-Stiftung tragen den Titel "Slow Trade - Sound Farming. Handelsregeln für eine global zukunftsfähige Landwirtschaft".

www.ecofair-trade.de


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