MSFAfgooye/Berlin (epo.de). - Die Zahl der Vertriebenen aus der somalischen Hauptstadt Mogadischu nimmt aufgrund anhaltender Kämpfe weiter zu. Hundertausende seien bereits seit Januar 2007 geflohen, berichtete Ärzte ohne Grenzen am Dienstag in Berlin. Westlich von Mogadischu, entlang der Straße nach Afgooye, habe sich die Zahl der Vertriebenen innerhalb weniger Wochen fast verdoppelt. Ihr Gesundheitszustand und die Sterblichkeitsraten seien dramatisch. Sie überlebten nur dank humanitärer Hilfe.

Mittlerweile leben in dem Gebiet, in dem Ärzte ohne Grenzen seit April medizinische Nothilfe leistet und Nahrungsmittel verteilt, rund 200.000 Menschen. Die meisten Geflohenen leben direkt an der Straße und in selbst gebauten provisorischen Unterkünften. Wenn die humanitäre Hilfe nicht umgehend verstärkt werde, drohe sich die Situation weiter zu verschlimmern, so die Ärzteorganisation.

Die Menschen leben unter völlig inakzeptablen sanitären Bedingungen und sind nach monatelanger Nahrungsmittelknappheit gesundheitlich geschwächt. Ärzte ohne Grenzen behandelt in Afgooye und in dem Lager Hawa Abdi, in dem 32.000 Vertriebene leben, wöchentlich rund 1.700 Patienten. Die meisten leiden an akuter Mangelernährung, Durchfall und schweren Atemwegserkrankungen. Kinder unter fünf Jahren sind besonders schwach.

In den vergangenen zwei Wochen wurden mehr als 250 schwer mangelernährte Kinder, darunter 80 schwer akut mangelernährte, in die Ernährungszentren der Organisation aufgenommen. Das Team in Afgooye hat die Kapazität von 20 auf 40 Betten erhöht. Die Mitarbeiter in Hawa Abdi richten eine Kinderstation mit 50 Betten ein. Die Zahl der Betten im dortigen Ernährungszentrum wurde seit September von 20 auf 80 aufgestockt - und der Bedarf steigt weiter.

Die von Ärzte ohne Grenzen ermittelte Sterblichkeitsrate ist besorgniserregend hoch, besonders bei Kindern unter fünf Jahren. In Hawa Abdi liegt sie mit 4,2 Sterbefällen je 10.000 Kindern pro Tag doppelt so hoch wie der Notfallgrenzwert. In der Gesamtbevölkerung Hawa Abdis liegt die Sterblichkeitsrate bei 2,3 Fällen je 10.000 Personen pro Tag. Haupttodesursache im Lager sind wegen der erbärmlichen Hygienebedingungen Durchfallerkrankungen. Sie sind der Grund für mehr als die Hälfte aller Todesfälle.

Der Bedarf an Wasser, Nahrung, Unterkünften und medizinischer Versorgung für die Vertriebenen nimmt rapide zu. Wegen des Konfliktes sei es jedoch äußerst schwierig, mehr humanitäre Hilfe bereitzustellen, klagt Ärzte ohne Grenzen. Trotz der internationalen Hilfe der vergangenen Wochen herrschet nach wie vor ein riesiger Bedarf. Die Lebensbedingungen in den rund 100 improvisierten Lagern auf der 20 Kilometer langen Achse zwischen Mogadischu und Afgooye seien extrem schlecht. Es bestehe ein hohes Risiko für Epidemien.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit 16 Jahren in Somalia. Die Teams leisten medizinische Hilfe in den Regionen Bakool, Bay, Galgadud, Hiraan, Lower Juba, Middle Juba, Mudug, Middle Shabelle und Lower Shabelle. Derzeit sind 60 internationale und 800 somalische Mitarbeiter vor Ort.

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