FIANKöln/Aachen (epo.de). - Die Bundesregierung hat am Montag in Berlin die internationale Konferenz "Politik gegen Hunger" unter dem Motto "Bioenergie und Ernährungssicherheit" eröffnet. Zum Auftakt der Konferenz forderten FIAN und Misereor, dass den Bekenntnissen zu den Menschenrechten und Umweltschutz auch Taten folgen. Die Bundesregierung habe auf Druck der Industrie und entgegen massiven Einwänden vieler Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen selbst minimale Sozialstandards aus der Nachhaltigkeitsverordnung für Agrartreibstoffe gestrichen.

Schon jetzt zeige sich, dass der Boom der Agrartreibstoffe im Süden zu schweren Verletzungen des Menschenrechts auf Nahrung und zur Zerstörung wertvoller Ökosysteme führe, so FIAN und Misereor. Kleinbauern würden in Kolumbien, Indonesien und Brasilien von ihrem Land verdrängt oder gewaltsam vertrieben, damit dort Energiepflanzen angebaut werden können. "Ein Hauptgrund für Armut und Hunger im ländlichen Brasilien ist die aggressive Ausweitung riesiger Soja- und Zuckerplantagen auf Kosten kleiner NahrungsmittelproduzentInnen", so Flavio Valente, Generalsekretär von FIAN International und ehemaliger Berichterstatter für das Recht auf Nahrung in Brasilien. "Mit Steuervergünstigungen steigern Deutschland und die EU künstlich die Nachfrage für Agrartreibstoffe und drohen Verletzungen des Rechts auf Nahrung zu subventionieren."

MisereorZwanzig Prozent der Treibstoffe sollen nach dem Willen der Bundesregierung  bis 2020 aus Agrartreibstoffen beigemischt werden. Eine so genannte "Nachhaltigkeitsverordnung" soll die Kriterien für eine Zertifizierung dieser Treibstoffe regeln. Entgegen ihren ursprünglichen Beteuerungen wolle die Bundesregierung dabei nun keine Einhaltung von Sozialstandards einfordern, geschweige denn kontrollieren. "Den von den Industriegesellschaften verursachten Klimawandel dürfen wir nicht auf Kosten der Ärmsten bekämpfen", forderte Ulrike Bickel, Energie-Referentin von Misereor.

Mit seinen konkreten Vorschlägen zur Achtung sozialer Menschenrechte beim Klimaschutz hatte das Hilfswerk sich nicht durchsetzen können. Zur Beratung über die 'Roadmap Biokraftstoffe' seien Umwelt- und Entwicklungsorganisationen gar nicht erst eingeladen worden, wohl aber der deutsche Bauernverband, die Automobil- und Mineralölindustrie. "Wir hoffen, dass die Bundesregierung die heute beginnende Konferenz als Chance wahrnimmt, die groben Mängel der Nachhaltigkeitsverordnung zu beheben", erklärte Bickel. Bedenken äußerte Bickel auch aus ökologischen Gründen. Viel effizienter als die Umwandlung in Treibstoffe sei der Einsatz von Biomasse in der kombinierten Wärme- und Stromerzeugung.

FIAN und Misereor fordern daher von der Bundesregierung, das Instrument des Beimischungszwangs zu überdenken. "Ohne wirksame Sozialstandards und strenge Kontrollmechanismen ist die 'Nachhaltigkeitsverordnung' ihren Namen nicht wert", erklärte Roman Herre von FIAN Deutschland. "Solange die Bundesregierung den Menschenrechtsschutz nicht gewährleisten kann, sind die überambitionierten Beimischungsziele von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel unverantwortlich."

www.fian.de
www.misereor.de


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