EUBerlin/Hamm (epo.de). - Die EU-Agrarminister haben in Brüssel ihre jeweiligen Prioritäten für die Reform der Europäischen Agrarpolitik in diesem Jahr, den so genannten "Gesundheitscheck", vorgestellt. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Greenpeace Deutschland und Oxfam Deutschland kritisierten die Haltung der deutschen Bundesregierung, welche die derzeitige Verteilung der Direktzahlungen von EU-Subventionen, die Großempfänger stark bevorzugt, für weitere sechs Jahre beibehalten wolle.

Die deutsche Regierung habe die Umsetzung positiver Vorschläge der EU-Kommission und des EU-Parlaments bisher verhindert, erklärten AbL, Greenpeace und Oxfam. "Unsere Prioritäten für die Reform der Agrarzahlungen in 2008 sind: 1) Subventionen für Spitzenempfänger kürzen, 2) mehr Geld für Arbeitsplätze, Umwelt-, Klima-, und Artenschutz zur Verfügung stellen und 3) wirksame ökologische und soziale Mindestkriterien bei der Vergabe von Direktzahlungen einführen", sagten die Sprecher der drei Organisationen.

"Mit ihrem Beharren auf dem Status quo bei der Verteilung der Agrarsubventionen betreibt die Bundesregierung Klientelpolitik", kritisierte Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland. "Unter den Großempfängern sind Agrarbetriebe, Industriekonzerne und Lebensmittelhändler, die auf Zuwendungen in der bisherigen Höhe nicht angewiesen sind. Hier sind Änderungen dringend notwendig, um auch internationalen Handelsverzerrungen zulasten von Entwicklungsländern beizukommen", so Wiggerthale.

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hatte im Herbst 2007 vorgeschlagen, einen Teil der Subventionen umzuverteilen, indem bei Großempfängern Kürzungen vorgenommen werden. Die Bundesrepublik verhindere derzeit die Umsetzung der Vorschläge, so die nichtstaatlichen Organisationen.

"Bundesminister Horst Seehofer setzt die gesellschaftliche Akzeptanz der EU-Agrarpolitik aufs Spiel, wenn er sich vor den Karren der bisherigen Profiteure spannen lässt und notwendige Korrekturen ablehnt", warnte Ulrich Jasper, stellvertretender Geschäftsführer der AbL. Auch innerhalb der Landwirtschaft gebe es kein Verständnis dafür, dass stark rationalisierte Betriebe bis zu 120.000 Euro je Arbeitskraft vom Staat bekämen, während der Durchschnitt der Betriebe mit knapp 9.000 Euro je Arbeitskraft auf weniger als ein Zehntel davon komme. "So verzerrt der Staat den Wettbewerb zwischen den Betrieben", erklärte Jasper. Die AbL forderte Minister Seehofer auf, die Vorschläge des EU-Parlaments aufzugreifen und bei der Staffelung der Zahlungen die Lohnsummen der betroffenen Betriebe zu berücksichtigen.

"Eine Umverteilung der Direktzahlungen hat auch aus Umweltsicht höchste Priorität", bekräftigte Martin Hofstetter, Agrarexperte bei Greenpeace. "Wir stehen angesichts des Klimawandels vor riesigen neuen Aufgaben in der Landwirtschaft. Statt EU-Gelder mit der Gießkanne zu verteilen, müssten ab sofort gezielt Landwirtschaftsmethoden gefördert werden, mit denen der Ausstoß von schädlichen Klimagasen reduziert wird." Eine kürzlich veröffentlichte Greenpeace-Studie benenne hierzu zahlreiche Möglichkeiten, wie die Reduzierung des mineralischen Stickstoffeinsatzes und Bindung von CO2 im Ackerboden.

www.greenpeace.de
www.abl-ev.de
www.oxfam.de