Planet DiversityBerlin (epo.de). - Die industrialisierte Landwirtschaft schadet der Umwelt, führt zu einem immensen Artensterben  und macht die arme Bevölkerung vor allem in Entwicklungsländern verletzlich für hohe Nahrungsmittelpreise. So lässt sich ein Bericht zusammenfassen, den die UNESCO am 15. April veröffentlicht. Der internationale Kongress "Planet Diversity" zur Zukunft von Lebensmitteln und Landwirtschaft im Mai in Bonn greift diese Themen auf und will damit dem UN-Gipfel über Biodiversität die nötigen Impulse geben.

Seit März 2007, innerhalb eines Jahres, ist der Preis für Soja um 87 Prozent und der für Weizen um 130 Prozent gestiegen. Revolten gegen hohe Nahrungsmittelpreise im mehr als 30 Ländern, von Ägypten bis Haiti, spiegeln die Folgen wider. Die gestiegene Nachfrage nach Getreide in Indien und China, aber auch der Flächenverbrauch für die Produktion von Bio-Treibstoffen sind Ursachen hierfür. "Weitermachen wie bisher ist keine Lösung mehr", konstatiert ein agrarwissenschaftlicher Zustandsbericht (International Assessment of Agricultural Science and Technology for Development, IAASTD), der von der UN-Wissenschaftsorganisation UNESCO am 15. April vorgestellt wird.

Gleichzeitig stellen der Klimawandel und der rapide Verlust der biologischen Vielfalt Landwirte, Verbraucher und Politiker vor große Herausforderungen. Aus unterschiedlichen Ansätzen entsteht weltweit eine Bewegung zur Verteidigung der Vielfalt, ihrer Traditionen und ihres Innovationspotentials, gegen zerstörerische und bedrohliche Tendenzen in der Landwirtschaft, Landnutzung und Lebensmittelproduktion. Dazu gehören Monokulturen, Gentechnik, die Globalisierung der Agrarmärkte und die Vernichtung bäuerlicher Existenzen, nicht zuletzt durch Spekulationen mit Biodiesel und anderen agrarischen Rohstoffen.

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Der Kongress "Planet Diversity" zur Zukunft von Lebensmitteln und Landwirtschaft vom 12. bis 16. Mai 2008 in Bonn - parallel zu den Verhandlungen der UN-Konvention über Biologischen Vielfalt und des Cartagena Protokolls zur Biologischen Sicherheit -, will diese Bewegungen in aller Welt stärken und dabei auch eine gemeinsame Botschaft an die Vertreter der Regierungen und Institutionen bei der Rio-Konvention formulieren: "Die Zukunft unserer Umwelt, Landwirtschaft und Ernährung liegt in ihrer biologischen wie kulturellen Vielfalt. Diese Vielfalt lässt sich nicht technisch konservieren, sondern kann nur von uns allen gemeinsam gelebt, genossen, respektiert und fortentwickelt werden."

LOKALE ARTENVIELFALT STATT GLOBALER MONOKULTUR

Alternativen Modellen nachhaltiger Landwirtschaft, dem Ökolandbau, dem freien Austausch von Saatgut und Wissen, fairem Handel und selbstbestimmten, gentechnikfreien Regionen gehören nach Überzeugung der Veranstalter die Zukunft. Zu den Trägern des Kongresses gehören die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Via Campesina, der Evangelische Entwicklungsdienst (EED), das Forum Umwelt und Entwicklung, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), das Europäische Gentechnik-Netzwerk, das Gen- ethische Netzwerk, Greenpeace, die Heinrich Böll Stiftung, der Weltverband Biologische Landwirtschaft (IFOAM), Save Our Seeds, die Zukunftsstiftung Landwirtschaft und die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler.

Auf einer internationalen Demonstration und einem bunten Festival für Groß und Klein wollen sich am Pfingstmontag (12. Mai) "Hüterinnen und Hüter der Vielfalt in Landwirtschaft, Gartenbau und Esskultur aus aller Welt" präsentieren. Vom 13. bis 15. Mai diskutieren rund 500 Menschen aus über 90 Ländern über die Zukunft von Landwirtschaft und Lebensmitteln: Vertreterinnen und Vertreter von Basis-Initiativen, Regionalregierungen, von Bauern-, Umweltschutz-, Entwicklungs- und Frauenorganisationen, Gärtnerinnen und Wissenschaftler, Indigene und Unternehmer. Sie wehren sich gemeinsam gegen Monokulturen, Gentechnik-Konzerne und globale Spekulation mit Boden, Wasser und Saatgut.

Zu den Rednerinnen und Rednern bei "Planet Diversity" gehören unter vielen anderen die alternativen Nobelpreisträger Vandana Shiva, Percy Schmeiser, Helena Norberg-Hodge, Ibrahim Abouleish, Ryoko Shimizu und Tewolde Egziabher. Außerdem kommen Jakob von Uexküll von dem World Future Council, der Träger des World Food Preises Hans Herren, Wissenschaftler wie der Präsident der lateinamerikanischen Gesellschaft für Agrarökologie Miguel Altieri, der Präsident der internationalen Gesellschaft für ökologische Agrarforschung Ulrich Köpke, der Theologe und Biologe Günter Altner, die Biologinnen und Aktivistinnen Christine von Weizsäcker und Florianne Koechlin.

Anschließend, vom 19. bis 30. Mai, verhandeln in Bonn Vertreter von 190 Staaten im Rahmen der UN-Konvention über Biologische Vielfalt (CBD) darüber wie das weltweite Artensterben gestoppt werden kann. Die Lage ist dramatisch: 30 Prozent aller Arten, so schätzt die CBD, werden in diesem Jahrhundert aussterben. Auch die landwirtschaftliche Vielfalt steht vor dem Abgrund: 75 Prozent der zur menschlichen Ernährung genutzten Kultursorten sind nach Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) in den letzten hundert Jahren verschwunden.

"Der rapide Verlust der Biodiversität und der Klimawandel sind die größten ökologischen Herausforderungen in der Geschichte der Menschheit", stellen die Träger des Kongresses "Planet Diversity" fest. "Die Auswirkungen dieser eng miteinander verbundenen Phänomene mögen uns als Naturkatastrophen erscheinen, die unsere Zivilisation gefährden. Doch sie sind das Ergebnis gegenwärtig vorherrschender Formen dieser Zivilisation. Können diese globalen Bedrohungen mit denselben Rezepten gemeistert werden, die uns an diesen kritischen Punkt der Menschheits- und Naturgeschichte geführt haben? Ernährung und Landwirtschaft stehen im Zentrum des Problems. Eine Beschleunigung der Industrialisierung, Vereinheitlichung und Globalisierung der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ist mit Sicherheit nicht die Lösung, sondern wird die Probleme mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter verschärfen."

» http://www.planet-diversity.org/
» http://www.cbd.int/
» http://www.agassessment.org/


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