Yams-Anbau in Indien. Foto: FAO

Berlin (epo.de). - Einen Tag nach dem mit vielen Hoffnungen verbundenen UN-Gipfel zur Ernährungssicherung in Rom haben viele Hilfsorganisationen ihrer Enttäuschung über die mageren Ergebnisse der Konferenz Luft gemacht. Die Welthungerhilfe vermisste "klare und mutige Entscheidungen für eine langfristige und nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft". Herausgekommen sei "nicht mehr als eine kurze Erklärung, die angesichts des ungelösten Hungerproblems in skandalöser Weise hinter den Erfordernissen zurück bleibt", kritisierten der EED, FIAN und Brot für die Welt. "Eintopf ohne Löffel" für die Hungernden, lautete der lakonische Kommentar von World Vision. Die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul stellt nüchtern fest: ""Es ist wichtig, dass der Welternährungsgipfel stattgefunden hat."

Die globale Nahrungsmittelkrise müsse dauerhaft auf der Agenda der internationalen Gemeinschaft verankert werden, forderte Wieczorek-Zeul. "Es ist ein Skandal, dass immer noch 850 Millionen Menschen jeden Tag unter Hunger und Unterernährung leiden."

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) begrüßte den Aktionsplan, den die von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eingesetzte Task Force on the Global Food Crisis in Rom vorglegte. "Dieses Papier richtet den Blick auf den Kern der aktuellen Nahrungsmittelkrise", sagte Wieczorek-Zeul. "Armut und Verteilung sind die ungelösten Kernprobleme. Mit dem Aktionsplan des UN-Generalsekretärs geht von Rom ein wichtiger programmatischer Impuls aus, auf den sich die Weltgemeinschaft verständigen sollte."

Die Konferenz von Rom hat für Wieczorek-Zeul aber auch gezeigt, dass es in einer Reihe von Fragen massive Auffassungsunterschiede gibt, etwas zu den Agrarkraftstoffen und den Agrarexportsubventionen. In der Doha Handelsrunde der Welthandelsorganisation WTO müssten endlich faire und entwicklungsfreundliche Handelsbedingungen geschaffen werden, forderte die Ministerin. "Agrarexportsubventionen sind eine besonders schädliche Subventionsform, durch die die Industrieländer mit ihrer Agrarpolitik die Entwicklung der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern behindern."

DEUTSCHE EZ WIRD UMSTRUKTURIERT

Die Bundesregierung werde die Anstrengungen der Weltgemeinschaft mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen, kündigte Wieczorek-Zeul an. "Durch eine Umstrukturierung der Programme der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit werden in diesem Jahr über verschiedene Instrumente insgesamt 500 Millionen Euro in die Ernährungssicherung investiert. Damit trägt die Bundesregierung dazu bei, die unmittelbare Versorgung der Familien, die sich heute in einer besonderen Krise befinden, sicherzustellen. Die Bereiche Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und soziale Sicherungssysteme werden noch stärker in den Fokus gerückt."

EINTOPF OHNE LÖFFEL

Die Hilfsorganisation World Vision kommentierte das Konferenzergebnis so: "Der Eintopf riecht vielversprechend und könnte viele satt machen, da die Köche neue Zutaten hineingetan haben – dummerweise wird den Hungernden aber nicht der Zeitpunkt des Essens mitgeteilt und die Löffel sind im Schrank eingeschlossen, damit nicht zu viele an den Tisch kommen."

Aus Sicht des Hilfswerks haben sich die Staaten "im Prinzip zur Notwendigkeit einer Agrarwende und zur langfristigen Ernährungssicherung bekannt, wollen sich aber nicht auf Zeitpläne oder konkrete Maßnahmen gegen Handelshemmnisse oder gegen die Umwidmung von Nahrungsmitteln in Bioenergie festlegen", bedauerte Helga Stamm-Berg, Ernährungsexpertin von World Vision Deutschland.

Aus der guten Analyse der jetzigen Nahrungskrise wurden nach Ansicht von World Vision nur teilweise die richtigen Schlüsse gezogen. Dem Appell der FAO zur stärkeren Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft hätten sich die meisten Regierungen angeschlossen. "Wir begrüßen es sehr, dass die Bundesregierung ebenfalls diese Richtung einschlägt und in der Entwicklungszusammenarbeit Mittel dafür umschichten will", so Stamm-Berg.

World Vision habe in eigenen Erhebungen bei ländlichen Haushalten allerdings festgestellt, dass deren Ernährungs- und Einkommensprobleme sehr vielschichtig sind. Helga Stamm-Berg: "Durch die stärkere Förderung von Kooperativen könnten Kleinbauern beispielsweise besseren Zugang zu den sich verändernden Märkten bekommen. Die ärmsten Bauern, die auf gepachtetem Land wirtschaften müssen oder in unfruchtbare Berg- oder Trockengebiete verdrängt wurden, brauchen staatliche Unterstützung, um Umweltschäden entgegen zu wirken und wirtschaftlich produzieren zu können. Der Import subventionierter Lebensmittel aus Europa muss eingeschränkt werden, weil es lokalen Bauern im jetzigen System nicht gelingen kann, ihre Produktionskosten zu decken. Wenn man wie World Vision direkt in den Dörfern arbeitet, sieht man, dass die Maßnahmen ineinander greifen müssen." Darüber hinaus müssten die Geldgeber so flexibel sein, Übergänge zwischen Nothilfe und langfristiger Wirtschaftsförderung zu finanzieren.

Zum Umgang mit Biotreibstoffen und Klima-Veränderungen, aber auch zu faireren Handelsbedingungen konnten sich die Teilnehmer der FAO-Konferenz nicht auf gemeinsame Positionen verständigen. "Hier wird kostbare Zeit verspielt, die wir bei 850 Millionen Hungernden alle nicht haben", so Stamm-Berg.

LOKALE MÄRKTE UNTERSTÜTZEN

"Statt wie bislang den Fokus auf den Ausbau exportorientierter Landwirtschaft zu legen, muss vor allem die Produktion für die lokalen Märkte unterstützt werden, damit dort die Abhängigkeit von Importen und damit auch die Anfälligkeit für Preisschwankungen auf dem Weltmarkt reduziert wird", erklärte die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Heike Hänsel. "Ernährungssouveränität muss das Ziel der Agrarpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit sein."

Die Konferenz sei lediglich mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Teilnehmerstaaten zu Ende gegangen, statt mit einer mutigen Vision einen Politikwechsel zugunsten der ländlichen Entwicklung zu beginnen, kritisierte die Welthungerhilfe.

10.000 MITARBEITER MOBILISIERT

"Wir haben unsere 10.000 Mitarbeiter mobilisiert und bieten jeden Dollar und jeden Euro auf, den wir erhalten haben, um in dieser kritischen Zeit so viele hungrige Menschen wie möglich zu erreichen", sagte Josette Sheeran, Exekutivdirektorin des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP). Für die 62 Länder, die von den hohen Nahrungsmittelpreisen besonders betroffen sind, hat das WFP jetzt zusätzliche Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar vorgesehen, um den Hunger zu bekämpfen.

Das WFP wird von einem Teil der Experten allerdings auch mit den Ursachen der Krise in Verbindung gebracht: Das größte Hilfswerk der Welt kann allein aufgrund seiner Kaufkraft die Ökonomie eines Entwicklungslandes dominieren. Die Nothilfe werde überdies zu schnell und zu massiv eingesetzt und ersticke dadurch jede Privatinitiative, so dass sich die Landwirtschaft nicht mehr lohne, argumentieren Kritiker.

www.bmz.de
www.worldvision.de
www.linksfraktion.de
www.wfp.org

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