whhVon Bernd Dreesmann

Aller guten Dinge sind 3. So könnte ein Motto der Deutschen Welthungerhilfe lauten. Ähnlich dem bewährten Spendenkonto 1113 der Organisation. Alles verlief "wie am Schnürchen": Am Abend des 26. November wurde die bisherige Vorsitzende, Ingeborg Schäuble, in Berliner Französischen Dom im Rahmen einer beeindruckenden Veranstaltung verabschiedet. Nach 12 Jahren im Amt, der längsten Zeit im Vorsitz seit der Gründung der Deutschen Welthungerhilfe im Jahre 1962.

Es war ein Event, das die scheidende Vorsitzende und die von ihr geleitete NRO facettenreich vorführte. Wolf-Dieter Poschmann moderierte, abwechselnde Panels mit Partnern und Sponsoren lieferten Frau Schäuble nützliche Stichworte für gute Statements, hübsche Models und Dressmen führten exotische "Weltgewänder" vor und auch die afrikanischen Trommler fehlten nicht. Dazwischen wurden auf Grossleinwänden Fotos eingeblendet, die Frau Schäuble in der vollen Skala ihrer langjährigen Tätigkeit zeigten. Rund um den Globus. Mit den Partnern und den Zielgruppen der Deutschen Welthungerhilfe, mit den Mächtigen und den Medienmachern, den Schönen und Reichen. Also alle denjenigen, die zu ihrem Erfolg beigetragen haben.

Das Bundeskabinett war durch die zuständige Ressortministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie den Innenminister vertreten. Wer sich ausführlich über das Leben, die Motive und die Arbeit von Ingeborg Schäuble informieren möchte, dem sei ein Interview in der taz vom 15. November empfohlen.

Als die Sonne wieder über Berlin aufging, traf sich die Mitgliederversammlung und wählte eine Nachfolgerin. Bärbel Diekmann, gegenwärtig noch die sehr populäre Oberbürgermeisterin der Bundesstadt Bonn. Sie wird dieses Amt demnächst aufgeben und ist dann ab Mitte 2009 frei für das Präsidentenamt bei der Deutschen Welthungerhilfe. Zu ihrem Stellvertreter wurde Klaus Töpfer gewählt. Zusammen mit 5 weiteren Persönlichkeiten bildet sie ein ehrenamtliches Präsidium, das Mitte Dezember einen dreiköpfigen hauptamtlichen Vorstand einsetzen wird, der für alle Entscheidungen der täglichen Arbeit zuständig ist.

Darin liegt eine tiefgreifende Strukturreform, die dem Generalsekretär und seinen beiden Vorstandskollegen weitreichende Vollmachten einräumen wird. Die Rolle des ehrenamtlichen Präsidiums konzentriert sich auf die Leitlinien der Projektförderung, die Bewilligung des Budgets und die allgemeine Kontrolle.

Diese Strukturreform hat sich angesichts eine Jahresbudgets von 135 Mio € und nahezu 300 laufenden Projekten in 46 Ländern als notwendig erwiesen. Es hat ziemlich lange gedauert bis sie Wirklichkeit wurde.

VON LÜBKE BIS DIEKMANN

Anlässlich der Verabschiedung von Ingeborg Schäuble tauchte häufig die Frage auf, wer die Deutsche Welthungerhilfe während der 34 Jahre zuvor geleitet hat. Sie ist schnell beantwortet: Als Bundespräsident Heinrich Lübke 1962 darauf drängte, ein deutsches Komitee für die Freedom from Hunger Campaign der FAO zu schaffen, bildete das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einen "Deutschen Ausschuss für den Kampf gegen den Hunger", der den damaligen Präsidenten des Bundesverbandes des Deutschen Gross- und Aussenhandels, Fritz Diez, zum Vorsitzenden wählte. Als das BML nicht die versprochenen finanziellen Mittel zur Verfügung stellte, trat Fritz Diez schon bald zurück.

Nach einigem Hin und Her gelang es, den Bundesminister a.D. Hans-Joachim von Merkatz zum Vorsitzenden zu wählen. Sein Stellvertreter Gerhard Fritz, damals Kurator der Deutschen Stiftung für Entwicklungsländer, erlaubte Mitarbeitern seines Bonner Büros, in einem sehr bescheidenen Rahmen für den Deutschen Ausschuss tätig zu werden. Dadurch kamen erste Spenden herein und das BML versprach erneut, ein Startkapital bereitzustellen.

1968 übernahm Professor Dr. Heinrich Kraut, der lange Jahre das Max-Planck-Institut für Ernährungsphysiologie in Dortmund geleitet hatte, den Vorsitz. Trotz seiner 75 Jahre erwies er sich als ein sehr energischer und zielstrebiger Vorsitzender. Der Deutsche Ausschuss wurde in Deutsche Welthungerhilfe umbenannt und im April eine Geschäftstelle in Bonn eröffnet.

Im Jahre 1974 ging der Vorsitz an den ehemaligen Staatssekretär im Mainzer Landwirtschaftsministerium Dr. Klaus W. Broicher über, der zuvor auch eine leitende Stellung bei der FAO in Rom innegehabt hatte. Während seiner  Vorsitz-Dekade setzte sich das Wachstum der Deutschen Welthungerhilfe schnell fort. Nachfolgerin wurde im Jahre 1984 Dr. Helga Henselder-Barzel, die Frau des damaligen Bundestagspräsidenten, dessen Rücktritt im Zusammenhang mit der sog. "Flick-Affäre" auch die Deutsche Welthungerhilfe nicht ganz unbeschädigt liess.

Es gelang jedoch der neuen Vorsitzenden, die Deutsche Welthungerhilfe im Bereich der Spendenwerbung weiter voran zu bringen, wozu besonders die jährliche Fernsehgala mit Dieter-Thomas Heck beitrug. Andererseits verhinderte sie, dass die Deutsche Welthungerhilfe in den Bereichen Nothilfe und Nahrungsmittelhilfe tätig wurde, die später zu Arbeitsschwerpunkten wurden. Im Dezember 1995 kam Dr. Henselder-Barzel bei einem Autounfall ums Leben. Nach einer kurzen Sedisvakanz folgte ihr für 12 Jahre Ingeborg Schäuble.

Bernd Dreesmann war von 1966-1991 Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe und 1991-2001 Chief-Executive von EuronAid. Heute leitet der als Geschäftsführender Vorsitzender die NGO AHA / Alle Helfen den Alten e.V.